Anfangs Mai wurde in Deutschland von und für Frauen das Netzwerk «AgTechWomen» gegründet. Es will den Anteil Frauen in der Agrartechnikbranche erhöhen. Kathrin Schmidt, AGCO Fendt, ist eines der Gründungsmitglieder. Die BauernZeitung hat sich mit ihr über Frauen und Landtechnik unterhalten.
BauernZeitung: Tun sich Frauen wirklich schwerer mit Technik?
Kathrin Schmidt: Teilweise ist das so. Kolleginnen sind zurückhaltender, wenn es um technische Themen geht. Männer sind da risikobereiter und trauen sich eher etwas zu.
Uns Frauen fehlen in männerdominierten Branchen Vorbilder, an denen wir uns orientieren könnten. Ich erzähle deshalb gerne von meiner Tätigkeit, wenn Studentinnen und Studenten in der Firma vorbeikommen.
Zur Person
Kathrin Schmidt (29) ist Produktmarketing-Spezialistin für digitale Produkte bei AGCO Fendt. Sie studierte an der Uni Hohenheim (D) Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt Pflanzenproduktionssysteme und ist eines der fünf Gründungsmitglieder vom Netzwerk AgTechWomen.
Was ist Ihr persönlicher Bezug zum Thema Landtechnik?
Ich bin auf einem Hof in der Region Hessen (D) gross geworden, und mein Vater ist auch in der Branche tätig. Bis 18-jährig fand ich das Thema Landwirtschaft nicht so cool. Ich habe mich ein bisschen geschämt, als ich mit 16 Jahren die Traktorfahrprüfung machen und durch die Stadt fahren musste.
Später, im Rahmen des Studiums, begann ich mich vor allem für die Themen Bodenbearbeitung und Verfahrenstechniken zu interessieren.
Haben Sie ein Gerät, das Sie besonders fasziniert?
Der Mähdrescher: Vorne geht ein Grossteil der Pflanze rein und hinten kommt sauberes Getreide raus. Mich fasziniert, dass eine komplexe Maschine wirklich das macht, was sie soll.
Muss ich als Frau im Bereich Landtechnik besser sein?
Ich denke schon. Früher bin ich Maschinenvorführungen bei Landwirten und Händlern gefahren. Am Anfang wirst du weniger respektiert. Zeigst du dann aber dein Wissen, bist du schnell akzeptiert.
Wieso braucht es das Netzwerk AgTechWomen?
In Meetings bin ich oft die einzige Frau. Das ist zwar nicht schlimm, denn das Produkt steht ja im Mittelpunkt. In diversen Teams sind jedoch die Gedankengänge anders, und Frauen sind kommunikativer oder fragen eher mal nach. Das tut der Branche gut. Es liegt da ein riesiges Potenzial brach.
Wie kam es zur Netzwerk-Gründung?
Eigentlich war die treibende Kraft ein Mann (lacht). In einem Gespräch mit Peter Bräuning, er ist Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), unterhielten wir uns darüber, dass es nur wenige Frauen in der Branche gibt und man doch etwas dagegen machen müsste. Etwas später kam Peter auf mich zu und wollte Nägel mit Köpfen machen.
Wer steckt hinter dem Netzwerk?
Zurzeit sind wir zu fünft: meine Kollegin bei AGCO, Sabine Pagel, Marlene Lang von CNH Industrial, Nora Sieber von Schmotzer/Amazone, Susanne Köhler von der HSWT und ich. Peter Bräuning sieht sich als männlicher Unterstützer.[IMG 2]
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Wir wollten neutral bleiben und haben uns bewusst keinem Unternehmen oder Verband angeschlossen. Die HSWT übernimmt die unabhängige Koordination.
Was genau möchten Sie mit dem Netzwerk erreichen?
Momentan haben wir zwei Schwerpunkte: Erstens möchten wir Frauen, die bereits im Bereich tätig sind, bestärken und sichtbar machen. Und zweitens wollen wie die Branche für Quereinsteigerinnen attraktiver machen.
Wen sprechen Sie an?
Wir möchten Berufsfrauen, auch solche vom Hof, und Studentinnen aus dem Bereich Agrartechnik ansprechen. Aber auch Männer, die sich für unsere Sache interessieren. Mein Vater findet den Ansatz des Netzwerks, dass wir die Männer nicht ausschliessen, erfrischend.
Wieso soll Frau dem Netzwerk beitreten?
Die Branche ist vielseitig, und sie hat Zukunft, denn gegessen wird immer. Hier geht man mit dem Fortschritt. Was da an Hightech drinsteckt. Also Frauen: Traut euch, es lohnt sich!
Lust auf AgTechWomen?
AgTechWomen ist ein Netzwerk im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz), das Frauen in Agrartechnikberufen fördert. Angesprochen sind Berufsfrauen, Studentinnen sowie Männer, die dem Thema Landtechnik zugetan sind. Es finden regelmässig digitale und lokale Events statt. Zurzeit jeweils am letzten Mittwoch im Monat ein virtueller Stammtisch geplant.
Wer dem Netzwerk beitreten möchte, Ideen und Anregungen hat oder Informationen zu den Events sucht, kann dies via der Linkedin-Gruppe AgTechWomen oder per E-Mail: info(at)agtechwomen.com tun.
Welche Aktivitäten haben Sie geplant?
Wir bieten eine Plattform für Austausch und Vernetzung an, und werden regelmässig Events anbieten. Der erste fand in digitaler Form am 23. Juni statt. Mit dabei war Nicola Lemken, Gesellschafterin des gleichnamigen Landtechnikunternehmens.
Sind auch Personen aus der Schweiz involviert?
Bis jetzt noch nicht, aber wir sind offen dafür.
Welches berufliche Zielverfolgen Sie als Frau in der Agrartechnikbranche?
Zurzeit gefällt mir meine Rolle als Spezialistin. Für später strebe ich eine leitende Position an. Es ist sicher spannend, mit einem eigenen Team vorwärtszugehen.