Eine dicke Hummel kurvt in weiten Bögen im Garten herum, macht einen Abstecher zum Huflattich, brummt gemütlich der Hauswand entlang. Eine Katze könnte sie bequem herunterangeln, denn sie fliegt tief und ist nicht auf der Hut. Aber die Hummel hat Glück, sie wird nicht von einem Raubtier beobachtet, sondern von Silvia Meister. Und die will ihr nur Gutes. Die Gartenfachfrau unterrichtet am LZ Liebegg und gibt Kurse, auch über die Förderung von Wildbienen, zu deren Gattung die Hummel gehört. Sie weiss: «Das ist eine Hummelkönigin auf der Suche nach einem Brutplatz.»
Wildbienen sind effizient
Auf der Suche nach Pollen und Nektar bestäuben Bienen die Pflanzen; von dieser Gratis-Dienstleistung profitiert der Mensch. Dabei bestreitet niemand die tolle Arbeit der Honigbienen – aber tatsächlich übernehmen ihre wilden Kolleginnen einen Grossteil der Bestäubungsleistung in der Natur. Studien zeigen, dass Honigbienen die Bestäubung durch Wildbienen nicht ersetzen können, nur ergänzen. In Versuchen bei Kirschbäumen und Rapspflanzen waren Wildbienen sogar deutlich bessere Pollenüberträgerinnen als Honigbienen.
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Furchenbiene auf Wegwarte. (Foto Silvia Meister)
Die Förderung von Wildbienen ist also für die Landwirtin ebenso sinnvoll wie für den Naturschützer. Und die kleinen Insekten haben Unterstützung nötig, denn ihre Häufigkeit und Vielfalt hat in den vergangenen Jahrzehnten stark abgenommen. Am meisten zu schaffen macht ihnen der Rückgang der Blütenvielfalt und der Blütenmenge, dazu fehlen besonnte Kleinstrukturen. Diesem Manko kann jede Gärtnerin abhelfen, immerhin im kleinen Rahmen – und sich dabei selber etwas Gutes tun. Denn viele einheimische Nahrungspflanzen für Wildbienen sind wunderschön fürs Auge, pflegeleicht und oft auch in der Küche einsetzbar. Salbei, Wildrosen, Mädesüss, Kornblume und Thymian sind nur einige Beispiele. Auch Beerensträucher und Obstbäume sind reiche Nahrungsquellen.
Angebot saisonal verteilen
Silvia Meister empfiehlt, auf verschiedene Blütenzeitpunkte zu achten, damit die Wildbienen möglichst lange Nahrung vorfinden: Für frühe Pollen sorgen beispielsweise Huflattich und Nieswurz. Nektar in den heissen Sommermonaten bieten Dost und Goldmelisse. Bis weit in den Herbst hinein blühen Efeu und Astern. Wenn im Gemüsegarten jeweils einige Pflanzen aufschiessen und ausblühen dürfen, freut das die Insekten ebenfalls. Im Gartencenter hilft das Label «Floretia» bei der Orientierung: Damit werden heimische, winterharte Wildstauden ausgezeichnet, die wertvoll für die Biodiversität und die Wildbienen sind. Das beste Blütenmeer für Wildbienen ist gemäss Silvia Meister die Blumenwiese. Die muss allerdings korrekt angelegt und gepflegt werden, sonst dauert die Freude nicht lange. Es ist sinnvoll, sich vorgängig genau darüber zu informieren.
Nahrung beim Brutplatz
Ein wichtiger Tipp von Silvia Meister an die Förderer von Wildbienen lautet: «Sorgt dafür, dass das Nahrungsmittelangebot und Brutplätze nahe beieinander sind.» Das hilft den Tierchen, wenn sie sich für ihren Nachwuchs abrackern. Um ihn mit Blütenpollen zu versorgen, fliegen sie unermüdlich zwischen Nahrungspflanzen und Nest hin und her, die maximale Distanz liegt dabei in der Regel zwischen 150 bis 300 Metern. Je kürzer die Distanz, desto besser der Bruterfolg.
Unter dem Fensterrahmen, in einem alten Gartenschlauch, hinter einer selten genutzten Türklinke – Silvia Meister hat schon an überraschenden Orten Brutstellen von Wildbienengefunden. Menschengemachte Wildbienenhotels werden bewohnt, wenn sie am richtigen Ort stehen: Trocken, also gegen Süden oder Südosten ausgerichtet, gerne mit Morgensonne, aber geschützt vor praller Mittags- und Abendsonne.
Wohnung im Markstängel
Etliche Bienenarten nisten in verholzten, aufrecht stehenden Markstängeln, etwa im Holz von Rosen, Brombeeren, Königskerze und Eselsdistel. Solche finden sie in Gärten, die im Herbst nicht leergeräumt werden. Oder der Mensch legt diese Hochhäuser künstlich an, indem er Stängel von abgestorbenen Pflanzen schneidet und zum Beispiel an einen Zaun anbindet. Immer einzeln, aufrecht stehend und so, dass beide Enden trocken und zugänglich sind, also nicht in den Boden gesteckt.
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Wildbienen nutzen gerne aufrecht aufgebundene Markstängel als Brutplatz. (Bild Ruth Aerni)
Weitere Möglichkeiten für Brutplätze:
- Dickere Äste aus dem Obstbaumschnitt waagrecht an der Sonne aufgestapelt.
- Sandgefüllte Fugen zwischen Steinplatten oder in Mauern.
- Spärlich bewachsene Borde oder mit dem Spaten geschaffene Abbruchkanten an sonnigen Böschungen,zirka 30 cm hoch und 2 bis3 Meter lang.
- Leere Schneckenhäuser und ehemalige Mauslöcher.
- Trockene Höhlungen in Steinhaufen.
Liste und Bestellmöglichkeit mit einheimischen Wildpflanzen für Wildbienen: www.wildstauden.ch