An den «Open Farming Hackdays» im Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg versammelten sich zahlreiche kreative Köpfe aus verschiedenen Arbeitsfeldern, um zusammen innovative digitale Lösungen für die Landwirtschaft zu entwickeln. Diese sollen den Landwirtinnen und Landwirten in Zukunft bei der Arbeit helfen und die vom Bund angestrebte Intensivierung der Landwirtschaft unterstützen.

Breite Partnerschaften

Der Event wurde vom Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg, Opendata.ch und dem Hightech Zentrum Aargau organisiert. Zusätzlich unterstützt wurde das Projekt vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), dem Bauernverband Aargau, dem Forschungsinstitut für Biologischen Landbau und der Aargauischen Kantonalbank.

Neue Applikationen

Die Teilnehmer konnten zu Beginn der Veranstaltung aus 18 verschiedenen «Challenges» auswählen und sich dann in Teams mit den jeweiligen Themen auseinandersetzen. Die interdisziplinären Teams entwickelten Ideen und Prototypenfür datenbasierte Applikationen und Tools. Diese sollten es den Bauern ermöglichen, effizienter und nachhaltiger zu wirtschaften, schreibt Opendata.ch auf ihrer Website.

Schlussendlich wurden am Samstag elf verschiedene Projekte vorgestellt:

Smarte Bewässerung – eine Entscheidungshilfe. Ziel: Eine Applikation, die bereits verfügbare Daten von unterschiedlichen Quellen zusammenführt und so ein Frühwarnsystem zur Trockenstresserkennung für einzelne Kulturen und Parzellen bietet. Damit könnte der optimale Bewässerungszeitpunkt bestimmt werden.

Elektronisches Auslaufjournal. Ziel: Mithilfe von GPS-Trackern in den Ohrmarken der Tiere soll ihr Aufenthaltsort automatisch erkannt und in einer App erfasst werden. So können die Einträge im Auslaufjournal automatisiert werden.

Früherkennung Milchkuh. Ziel: Ein System, das mithilfe von bestehenden Gesundheitsdatensätzen (von Melkrobotern, Milchleistungsprüfungen, Umweltdaten usw.) Krankheiten möglichst früh erkennt und dadurch den Einsatz von Medikamenten minimiert.

Decision Support Besamung. Ziel: Ein Entscheidungs-Tool, das die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen ersten Besamung nach der Abkalbung vorhersagt. Dafür sollen Daten aus der Milchleistungsprüfung, der Linearen Beschreibung, BCS, Gesundheitsdaten, Abkalbedaten, Zuchtwerte und Besamungsdaten genutzt werden.

From land we cultivate to food we love to eat. Ziel: Eine Blockchain-basierte Vermarktungsplattform, die den Produzenten effizient mit dem Kunden verknüpft. Der Kunde erhält dadurch transparente Informationen über Produzent und Produkt.

TRIVAtünder. Ziel: Ein digitaler Marktplatz für Hof- und Recyclingdünger, auf dem Angebot und Nachfrage sichtbar gemacht werden und dank dem Transporte optimiert werden können.

Cow Value. Ziel: Eine Entscheidungshilfe, durch die der aktuelle und zukünftige wirtschaftliche Wert einer Kuh berechnet werden soll. Dies soll mithilfe des Milchpreises, Kälberpreises, der Aufzuchtkosten, Besamungskosten, des Schlachtpreises und der Daten der Kuh berechnet werden.

Mehr Biodiversität im Ackerbaugebiet. Ziel: Eine Motivationskampagne für Landwirtinnen und Landwirte, mehr Biodiversitätsförderflächen im Ackerbaugebiet anzulegen.

Erosionsvermeidung. Ziel: Eine App soll den Landwirtinnen und Landwirten das Erosions-
risiko auf einer Ackerparzelle mitteilen. Die Berechnungen beruhen auf einer Erosionsrisikokarte, den Kulturflächen, lokalen Standortfaktoren und Niederschlagsdaten.

Plattform für die Weiterentwicklung Aargauer Landwirtschaftsbetriebe. Ziel: Eine Plattform, die Aargauer Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen in der Weiterentwicklung der Betriebe unterstützt. Dabei sollen Unternehmertum und Innovation gefördert werden.

Open-Source-Felddaten. Ziel: Eine App, mit der Daten über den Zustand, die Wachstums- und Einflussfaktoren sowie die Eigenschaften der Felder georeferenziert erfasst werden und auf einem Server zur Auswertung abgelegt werden. Diese Daten sollen öffentlich zugänglich sein, damit die Felder naturschonend bewirtschaftet werden können. 

Weitere Informationen zu den Projekten finden Sie hier. 

 

«Die Kreativität und der Spirit beeindruckten» 

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Urs Podzorski vom LZ Liebegg war Mitorganisator der erstmals in der Schweiz durchgeführten Hackdays. Im Interview erzählt er, wie der Event verlief und was dabei herauskam. (Bild Liebegg)

Wer war bei diesen Hackdays mit dabei?

Urs Podzorski: Es machten rund 90 Leute mit, allerdings war es teils ein Kommen und Gehen, einige loggten sich auch von zu Hause ein. Im Schnitt waren aber immer rund 70 Personen anwesend. Darunter waren auch Bauern und Vertreter vom Bauernverband, zahlreich waren junge Studierende mit agronomischem Hintergrund. Dazu kamen aber auch Interessierte ohne landwirtschaftlichen Kenntnisse, so Programmierer, Datenanalysten, Designer aber auch einige absolute Querdenker. Anwesend waren aber auch Vertreter von der Verwaltung, von der Liebegg, von Bundesstellen wie BLW und Bafu und auch von landwirtschaftsnahen Unternehmen.

Und wie lief das Ganze ab?

Nach der Vorstellung der 18 ausgewählten Challenges am Freitagnachmittag bildeten sich gemischte Gruppen, die elf Challenges bearbeiteten. Die zogen sich dann in Arbeits-zimmer zurück und arbeiteten intensiv während 32 Stunden bis Samstag um 15 Uhr. Dann wurden die Ergebnisse präsentiert. Es war unglaublich, wie kreativ, offen und ergebnisorientiert da mit allen möglichen Hilfsmitteln gearbeitet wurde. Es herrschte eine super Grundstimmung, wie in einem Klassenlager. Alles wurde laufend aufgezeichnet und online gestellt.

Dann können sich auch die Resultate sehen lassen?

Unsere Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Wir hätten nicht gedacht, dass gleich elf Projekte mit so spannenden Ergebnissen erarbeitet werden. Die Prototypen und Konzepte werden nun mit unseren Partnern ausgewertet und das Potenzial für die weitere Bearbeitung eruiert. Wir wissen jetzt schon, dass einige Partner interessiert sind, Projekte zu unterstützen.

Mich persönlich hat die App für smarte Bewässerung beeindruckt, dass da innert Kürze ein Konzept vorlag und eine Oberfläche für das Smartphone entworfen wurde. Einige Teilnehmergruppen haben auch schon selber beschlossen, ihre Ideen weiterzubringen. Da gibt es vielleicht das eine und andere neue Start-up.

Also wird man noch weiter von diesem Anlass hören?

Das ist sicher. Die Gemeinschaft hat sich gefunden, und die meisten wollen nächstes Jahr wieder kommen. So wird es 2021 hoffentlich wieder Hackdays an der Liebegg geben.