Lässt man den Blick über die drei nahe beieinander liegenden Zuckerrübenfelder nahe des Schlatthofs in Rheinklingen TG schweifen, so kommt man kaum darauf, dass hier ein Roboter gesät und gejätet hat. Die Reihen sind geschlossen, die Blätter in sattem Grün. Hie und da fallen allerdings lückige Stellen im Feld auf. Sie zeugen von der Ungenauigkeit in der Spurhaltung, mit denen der Feldroboter des dänischen Herstellers Farmdroid bei der Saat zu kämpfen hatte. «Über das Ganze  betrachtet sind wir eigentlich zufrieden», sagt David Vetterli. Er hat den Roboter im Auftrag des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) betreut und gewartet.

Roboter jätet nach dem Auschlussprinzip

Am 27. März säte «Helga», wie der Roboter in Rheinklingen genannt wird, auf dem Feld von Daniel Vetterli 2 ha Bio-Zuckerrüben der Sorte Tesla. Dabei erfasste der Roboter die GPS-Koordinaten jeder einzelnen Rübe, was später ein präzises mechanisches Hacken innerhalb  der Reihe ermöglichen sollte.

Am 23. April, vier Wochen nach der Saat, begannen die Jätarbeiten. Für das Umrüsten von Säen auf Hacken wurden die sechs Säkörper durch Hackkörper ausgetauscht. Nach dem ersten Jäteinsatz meinte David Vetterli, Sohn von Daniel und Käthi: «Grundsätzlich funktioniert das Prinzip. Die Maschine erkennt die GPS-Koordinaten und ist in der Lage, zwischen den einzelnen Rüben zu hacken.»

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Hoher Materialverschleiss führte zu mehr Handarbeit

Nun sind die Arbeiten abgeschlossen, der Feldroboter ist auf einem eigens dafür gebauten Wagen auf dem Betrieb von Daniel Vetterli stationiert. Er wird im Juli nochmals zum Einsatz kommen, wenn  Bio-Winterzwiebeln gesät werden.

Auf dem Zuckerrübenacker führt David Vetterli aus: «Wir haben dreimal innerhalb der Reihe gehackt und einmal zwischen den Reihen.» Zusätzlich waren um die 40 Handarbeitsstunden pro ha fürs Jäten nötig. Das Hauptproblem war der hohe Materialverschleiss. «Wegen der Bodenbeschaffenheit – wir haben hier schwere Böden – und der Hangneigung ist der Roboter an seine Grenzen gekommen», erklärt David Vetterli. Zwei Radantriebs- und drei Hackmotoren gingen kaputt. Weil das Ersatzmaterial aus Dänemark auf sich warten liess, waren die Arbeiten blockiert und konnten nicht rechtzeitig ausgeführt werden, was zu einem Mehraufwand beim Handjäten führte.

Jätstunden gering reduziert

Im Vergleich zum betriebsüblichen Verfahren, Hacken mit Geräteträger und Striegeln, konnte Daniel Vetterli mit Helga zehn bis zwölf Jätstunden einsparen. Das ist noch nicht zufriedenstellend, denn das Hauptziel des autonomen Rotors ist, die Jätstunden in den Biozuckerrüben zu reduzieren. «Wenn wir die Handarbeitsstunden in den Zuckerrüben von 100 auf ca. 50 Stunden pro Hektare senken könnten, wäre ich zufrieden», sagt Daniel Vetterli. «Es wäre illusorisch zu glauben, dass man mit dem Roboter die Handarbeitsstunden auf null bringt.»

David Vetterli merkt an, dass dies erst die zweite Generation des Roboters in Serienreife ist. Er stand im ständigen Austausch mit dem Team in Dänemark. «Allein in diesen zwei Monaten, in denen Helga im Einsatz war, ist sehr viel bei der Software gegangen.» David und Daniel Vetterli sind zuversichtlich, dass nächstes Jahr mehr Handarbeitsstunden eingespart werden können.

Das FiBL zieht eine positive Bilanz

Sehr zufrieden mit den Leistungen des Farmdroid-Roboters ist man beim FiBL. Hansueli Dierauer,  Leiter Anbautechnik Ackerkulturen, sagt: «Im Gegensatz zu den existierenden Robotern bringt er wirklich einen Fortschritt für den Biolandbau, denn er greift in die Reihe ein, wo das Hauptproblem bei den Rüben liegt.» Bei Robotern mit Bilderkennung sei es zwar möglich, selektiv und gezielt Sprühstösse abzugeben und damit den Herbizideinsatz zu reduzieren. «Für uns ist das aber keine Lösung», stellt Dierauer klar. «Es braucht eine teure Software. Die Unkräuter müssen in allen Farben und Formen erkennbar sein. Die Kamera muss zwischen Unkraut und Kulturpflanze unterscheiden können, was ziemlich schwierig ist.»

Natürlich habe der Roboter noch Verbesserungspotenzial, räumt Dierauer ein: «Er schwächelt etwas an Hanglagen, auch das Material ist teilweise nicht sehr stabil.» Sobald der Antrieb aber stärker gemacht werde und die Teile robuster sind, nehme auch das Gesamtgewicht zu, was wiederum grössere Batterien benötige und schlussendlich mehr koste.

Dierauer ist vollen Lobes für die dänischen Erfinder, ein Konstrukteur und ein Landwirt. Diese hätten ein Gerät konzipiert, das auf die dänischen Verhältnisse ideal abgestimmt ist und einen vernünftigen Preis hat. «Die Basis ist da. Es gibt sicher noch Updates und Verbesserungen und auch Anpassungen an die Schweizer Verhältnisse.» Das momentane Modell Farmdroid FD20 sieht er als Prototyp, aber noch nicht als verkaufsfertigen Roboter.

 

Pilotprojekt mit zwei Robotern

«Helga» war auf den Betrieben von Daniel Vetterli, Marcel Brechbühl, Konrad Langhart (alle Bio) und Karl Vetterli im Einsatz. Ein zweiter Roboter der Firma Farmdroid wird im Kanton Genf getestet. Bei den Versuchen handelt es sich um ein gemeinsames Projekt der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL), wobei der Versuch in Rheinklingen vom FiBL begleitet wird. Den technischen Support leisten Marius Frei von der Firma Lenzberg Precision Farming und die Firma Farmdroid aus Dänemark. Das dreijährige Projekt wird finanziell vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und in Genf auch von der Zuckerindustrie unterstützt.

 

Für konventionellen Rübenanbau teuer

Der Farmdroid-Roboter kostet in der Anschaffung 75'000 Franken, je nach Eurokurs. Geht man von einer für Schweizer Verhältnisse realistischen Auslastung von 12 bis 15 ha aus, ergibt das jährliche Kosten von 800 bis 1000 Franken pro ha. «Für den konventionellen Anbau bei dem deutlich tieferen Rübenpreis sind diese Kosten sehr hoch», sagt Daniel Vetterli. 

Einer, der den Roboter trotzdem ausprobierte, ist Karl Vetterli aus Rheinklingen. Sein Interesse an der ­modernen Landtechnik im Zusammenspiel mit neuen, innovativen Möglichkeiten sowie die kritischen Diskussionen um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln seien für ihn ausschlaggebend gewesen, begründet er seine Motivation.  

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Eine interessante Alternative

Karl Vetterli liess 1 ha mit dem Roboter säen und jäten. 4 ha wurden wie gewöhnlich mit Mulchsaat gesät, bei denen es drei Herbizidbehandlungen gab. Parallel fand eine Randbehandlung der Blattläuse statt und eine mit einem  Gräserherbizid gegen Quecken. Im Versuchsfeld hatte er 35 Stunden Handarbeit, weitere zehn bis 15  Stunden kamen für eine Nachbehandlung dazu. Im Vergleich dazu stehen etwa zehn Stunden pro Hektare auf der konventionellen Fläche. «Ganz ohne Handarbeit geht es auch im konventionellen Anbau nicht», merkt er an. Finanziell wirkt sich der Robotereinsatz für ihn wie folgt aus:

  • Kosteneinsparungen: 700 Franken für Saatkosten und Pflanzenschutzmittel.
  • Zusätzliche Beiträge: 800 Franken für herbizidlose Bewirtschaftung.
  • Mehrkosten: Ca. 300 Franken Mehraufwand für die Saatbeetvorbereitung (im Vergleich mit Mulchsaat).

Hohe Ansprüche an das Saatbeet

Das Saatbeet muss für den Roboter sehr fein und krümelig sein, eine Winterfurche ist Pflicht. Im Gegenzug gibt es bei Starkregen kaum Krustenbildung und Bodenverdichtung ist für das leichte Gefährt kein Thema. Karl Vetterli zieht ein positives Fazit: «Dank dem Handling durch David Vetterli hat das alles sehr gut geklappt.» Er wird auch nächstes Jahr einen Teil seiner Zuckerrüben mit dem Roboter säen und jäten lassen. «Fünf Hektaren sind jedoch kaum zu bewältigen, wenn man dem Faktor Zeit, der Wirtschaftlichkeit und dem Risiko einer Schlechtwetterperiode Rechnung trägt.»