Höchstens fünf Prozent Kraftfutter, also um die 300 kg, darf ein Biobetrieb ab 2022 pro Kuh noch einsetzen. Zudem muss ab dem gleichen Zeitpunkt alles Futter aus Schweizer Knospe-Produktion stammen, was die Milchproduktionskosten verteuern kann. Doch mit qualitativem Weidegras steht den Biobauern eine kostengünstige Alternative zu teurem Grund- und Ergänzungsfutter zur Verfügung.
Günstiges Weidegras
«Pro Dezitonne Trockensubstanz kostet Weidegras um die 15 Franken, nur ein Drittel von Belüftungsheu», erklärte Remo Petermann an der Provieh-Stallvisite in Küssnacht. Und dabei habe Weidegras im 2,5-Blatt-Stadium im Frühjahr einen Gehalt von fast 7 MJ NEL. Wichtig sei aber, dass im Frühling zeitig mit dem Weiden begonnen werde. «Nicht erst wenn es schon Gras hat, sondern sobald es Grün ist.» Gutes Weidegras habe nicht nur eine hohe Energiedichte, es habe auch viel Eiweiss. «Grasbestände produzieren pro Jahr und Hektare doppelt so viel Protein wie Sojakulturen. Und in der Fütterung ist das Eiweiss der limitierende Faktor», erinnerte Petermann.
Vermehrter Humusaufbau
Weidefachmann Petermann packte die zahlreichen Biobauern mit seinem intensiven Vortrag und seinen spannenden Aussagen. Das Weiden habe auch viele Antwort auf aktuelle politische Diskussionen: «Die Ammoniakverluste sind beim Weiden sehr gering, da Harn und Kot nicht zusammenkommen.» Und auch auf die Humusbildung habe das Weiden einen positiven Einfluss. «Die Wiesennutzung ist humusmehrend. Auf Bisonweiden in der amerikanischen Prärie entstanden durch die Weidenutzung mehrere Meter dicke Humusschichten.»
«Wiesennutzung vermehrt den Humus.»
Remo Petermann, BBZN Schüpfheim, zum Vorteil des Weidens.
Lieber kleine Tiere
Doch um von all den Vorteilen profitieren zu können, müsse man von der Weidehaltung überzeugt sein und den Betrieb konsequent auf das Weiden ausrichten. «Die Kunst ist, das Gras und die Kuh im richtigen Moment zusammenzubringen.» Wichtig sei auch der Kuhtyp. Grosse Tiere hätten nur Nachteile. Und auf Weidebetrieben seien grosse Kühe noch mehr im Hintertreffen: «Denn leichte Kuhtypen sind mobiler und effizienter. Nicht die Milchleistung pro Kuh, sondern pro Hektare ist entscheidend.»
Für Biobauer und Gastgeber Daniel Hediger sind hohe Milchmengen pro Kuh nicht erstrebenswert. Er bevorzugt Kühe mit Jahresmengen von um die 6000 Liter. «Viel höhere Leistungen führen nur zu Problemen im Stall.» Bei KB-Stieren achtet er unter anderem auf das Weidelogo.
Täglich neue Koppel
Hediger betreibt eine Umtriebsweide, seine Kühe erhalten täglich eine neue Weidekoppel. Die Herausforderung am Hang sei, bei Nässeperioden übermässige Trittschäden verhindern zu können. «Ist es nass oder auch bei sehr hohen Temperaturen, lasse ich die Tiere deshalb nur einige Stunden auf der Weide.» Mit diesem Vorgehen kann er auch verhindern, dass auf ebenen Bereichen seiner Weiden Liegeplätze entstehen. «In Zukunft werde ich versuchen, das Weidegras jünger zu nutzen. Und auch im Frühjahr möchte ich, obwohl ich bereits bisher früh startete, mit dem Weiden noch zeitiger beginnen», so die Erkenntnisse von Daniel Hediger aus der Provieh-Stallvisite.
Permanente Weiterbildung
Dass so viele Interessierte den Weg auf den Hof von der Familie Hediger fanden, freute auch Paul Ebnöther, den Präsidenten von Bio Schwyz. Sich mit dem veränderten Umfeld und den neuen Richtlinien auseinanderzusetzen, sei wichtig, Weiterbildung ein dauernder Prozess, erklärte Paul Ebnöther. Er kündigte an, bereits im November werde Bio Schwyz einen weiteren Weiterbildungsanlass zum Thema Rindviehfütterung organisieren.
Betrieb Lochhof
Betriebsleiter: Daniel und Lydia Hediger
Lage: BZ I, 620 m ü. M.
Fläche: 19 ha LN, 4 ha Wald, 150 Hochstammbäume
Tierbestand: 22 Milchkühe und 12 Jungtiere, 20 Ziegen
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, 1 Mitarbeiter, 1 Lernender, 1 Praktikantin
Nebenerwerb: Mechanische Werkstatt/Montagen, Daniel Hediger ist zudem DJ