Das Herbstwetter in der Schweiz scheint kaum etwas mit der Karibik gemeinsam zu haben. Stichworte wie Nebel oder Wintereinbrüche sind in der Regel deutlich passender. Dennoch kann das Wettergeschehen in der Karibik manchmal auch das Wetter in der Schweiz deutlich beeinflussen, insbesondere im Oktober. Der Grund: Die tropischen Wirbelstürme, auch Hurrikane genannt.

Gewitter über dem Meer

Ein tropischer Wirbelsturm ist im Prinzip ein gigantischer Gewitter-Komplex. Die Gewitter entstehen durch die Kombination von sehr warmen Meerestemperaturen – die Wasseroberfläche muss mindestens 26,5°C warm sein – und kleinen Höhentiefs. Dann beginnen sich über dem offenen Meer Gewitter zu bilden, die ihre Energie durch das Verdunsten des Wassers beziehen. Ist genug warmes Wasser vorhanden, werden diese Gewitterkomplexe immer grösser, bis sie schliesslich durch die Erddrehung in eine wirbelförmige Bewegung versetzt werden. Die Energiemengen, die so freigesetzt werden, sind gewaltig und entladen sich dann in Form von massiven Winden. So spricht man erst ab Windgeschwindigkeiten von 118 km/h von einem Hurrikan, die stärksten Hurri-kane erreichen verbreitet Windgeschwindigkeiten von über250 km/h. Auch die Niederschläge, die mit tropischen Stürmen einhergehen, sind sehr eindrücklich, bei starken Stürmen kann zum Teil innerhalb von wenigen Tagen deutlich über 1000 mm Regen fallen – man stelle sich vor, der Jahresniederschlag von Bern falle innerhalb von drei Tagen.

Stürme schwächen ab

Grundsätzlich bilden sich die tropischen Stürme des Atlantiks in den Subtropen, zwischen Afrika und der Karibik. Sie bewegen sich nur sehr langsam und ziehen mit den Passatwinden nach Westen, Richtung Golf von Mexiko, danach schwenken sie meist nach Norden, bevor sie in den Einflussbereich der Westwindzone und des Jetstreams kommen. Beim Zug nach Norden gelangen die Stürme langsam über kälteres Wasser, wodurch sie sich allmählich abschwächen. Der Luftdruck im Kern der Stürme bleibt jedoch weiterhin sehr tief und trotz der Abschwächung ist oft noch sehr viel Energie vorhanden. Wenn nun ein Hurrikan mit seinem tiefen Luftdruck über dem Atlantik in den Einflussbereich des Westwinds kommt, so steuert er unweigerlich auf Europa zu.

Zwischen September und Oktober erreicht die Hurrikan-Saison im Atlantik typischerweise ihren Höhepunkt. Die schwächeren Tropischen Stürme lösen sich meist komplett auf, bevor sie in den Westwindgürtel gelangen, die grösseren Hurrikane jedoch werden dann oft vom Westwind erfasst und ziehen in Richtung Europa. Es ist äusserst selten, dass die Überreste eines Hurrikans die Schweiz direkt betreffen, aber es kann vorkommen – so zum Beispiel beim Herbst-sturm vom 21. Oktober 2014, wo die Überreste des Hurrikans "Gonzalo" in der Schweiz Windspitzen von bis zu 180 km/h brachten. Was hingegen praktisch jeden Herbst zu beobachten ist, sind die indirekten Einflüsse der Hurrikane auf die Schweiz.

Verschobenes Azorenhoch

Wie bereits erwähnt, wandeln sich die tropischen Stürme im Einflussbereich des Westwindgürtels um und lösen darinWellenbewegungen aus. Aufder Vorderseite des ehemaligen Hurrikans werden so grosse Mengen von trockener, warmer Luft nach Norden transportiert oder es wird sogar ein Ausläufer des Azorenhochs nach Nordosten geschoben. Auf der Rückseite gelangt viel Kaltluft nach Süden. Dabei ist die Vorderseite in der Schweiz sehr geschätzt, da sich darin oft hochdruckbestimmtes, warmes Wetter etabliert – was in der Klimatologie von Mitteleuropa als Altweibersommer bestens bekannt ist. Die Kaltluft auf der Rückseite bringt hingegen Wintereinbrüche, was ebenfalls im Oktober immer wieder auftreten kann.

Auch aktuell lässt sich diese Fernwirkung sehr schön beobachten. Der Hurrikan «Sam» hat zu Beginn des Monats in der Karibik Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 km/h erreicht. Nun liegt er über dem Nordatlantik, wo er auf seiner Vorderseite eine grosse Zunge Warmluft mitsamt Hochdruckausläufer nach Nordosten schiebt. Zumindest Teile dieser Warmluft erreichen aufs Wochenende auch die Schweiz und sorgen in der Höhe nochmals für äusserst mildes und sonniges Herbstwetter.