Markus Gautschi, Önologe bei einer Weinhandelsfirma in Meggen, keltert im Auftrag der Gemeinde Meggen auch die Reben beim Schloss Meggenhorn. Dort war Wümmet bei grosser Hitze am 17. September.
Markus Gautschi, wie sieht es mit der Qualität aus?
Markus Gautschi: Die Qualität ist wie in den Vorjahren sehr gut.
In Meggen gab es 83 Öchslegrad beim Riesling-Sylvaner, ist das nicht fast zu viel?
Zu hohe Öchslegrade beim Riesling-Sylvaner (RS) können in der Tat kontraproduktiv sein. Bei so warmen Temperaturen auch nachts geht viel Gesamtsäure verloren. Bei zu viel Alkohol und wenig Säure werden die Weine plump und mastig. RS lebt aber von der Aromatik und der Säure. Deshalb haben wir entschieden, mit der Ernte nicht zuzuwarten.
Kann Wümmet bei Hitze negativ sein?
Ja. Die Ernte bei 25 Grad und mehr wie diese und vergangene Woche bedingt, dass die Trauben nach dem Abpressen sofort gekühlt werden. Denn wir wollen keine stürmische und unkontrollierte Gärung.
Wie ist die Lage gesamtschweizerisch?
Ich höre überall von guter Qualität, vor allem bei den weissen Sorten. Allerdings zeichnen sich Probleme bei roten Trauben ab, so beim Pinot Noir in der Westschweiz. Die sind sehr fragil, die Trauben fallen fast auseinander. Deshalb ernten wir Mitte September bereits die roten Trauben, was eigentlich unüblich ist.
Es zeichnet sich qualitativ und mengenmässig ein guter Jahrgang ab. Wie sieht es auf dem Markt aus?
Wir stellten fest, dass sich die Konsumenten während der Corona-Krise eher online mit Wein und weiterem Alkohol eindeckten und in Grossverteilern. Die regionalen Weingüter mit Verkaufsstellen auf dem Hof hatten da eher etwas Mühe.
Anderseits wird offenbar in Krisenzeiten mehr Alkohol getrunken. Wir hatten in den letzten Monaten sehr gute Verkäufe, über dem Vorjahr. Klar sind die Lager teils noch voll, aber wir müssen uns an Schwankungen gewöhnen. Es gibt verschiedene Jahre, Absatzmärkte, Angebote. Wir müssen lernen, nicht nur für uns, sondern mehr für den Konsum zu produzieren. Die Produktion muss sich entsprechend dem Absatz besser anpassen. Das heisst eben vermehrte Mengenregulierung im Rebberg, auch hier haben wir dieses Jahr viel mehr Trauben abgeschnitten.
Klar müssen wir mit der Natur arbeiten und nehmen, was sie uns gibt, aber auch mehr auf den Konsumenten Rücksicht nehmen.
Weniger Menge bei sehr guter Qualität im Aargau
Im Kanton Aargau war bis Mitte Woche die weisse Hauptsorte Riesling-Sylvaner mit einigen Ausnahmen bereits gelesen, an vielen Orten auch der Pinot Noir. Jetzt hängen vor allem noch die Spezialitäten wie Pinot Gris oder Merlot. Dies bei sehr guter Traubenqualität.
KEF nur vereinzelt
Die Zuckerwerte seien sehr hoch und die Trauben grösstenteils gesund und vor allem reif, weiss Urs Podzorski, Fachspezialist Weinbau am LZ Liebegg. «Die rote Hauptsorte Pinot Noir weist Mostgewichte zwischen 95 bis 110 Öchslegrad auf, was das Ziel der Winzer ist.» Es habe nur einzelne Schäden durch die Kirschessigfliege und die Taufliege gegeben.
Kleinere Menge
Mengenmässig sieht der Fachmann die Ernte unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Einerseits haben viele Winzer und Weingenossenschaften ihre Erträge aufgrund der Corona-Krise reduziert. Andererseits sind die Trauben in den vergangen drei warmen bis heissen Wochen teilweise eingeschrumpft. Zudem sind in einige Lagen die Beeren aufgrund der kühlen Wetterperiode rund um die Blüte leicht verrieselt.
Kreative Winzer
«Der Weinmarkt ist im Aargau, in der Schweiz und weltweit angespannt», erklärt Podzorski. Zusätzlich zum weltweiten Überangebot seien mit der Corona-Krise für viele Winzerinnen Verkaufskanäle zurückgegangen. «Doch die Aargauer Winzer waren einerseits schon immer kreativ und andererseits dank des hohen Anteils Direktverkauf nahe beim Kunden», ist er optimistisch. «Dadurch haben sie rasch Alternativen gefunden, um ihren Wein an die Kundschaft zu bringen, etwa durch Heimlieferung oder Corona-konforme Degustationen. Dies federte die Krise ab.»