«Ein schöner Hofladen oder Marktstand lädt zum Kaufen ein.» – Auf diese Aussage kann man sich bestimmt einigen. Nachher wird es aber komplizierter: Welches Produkt soll man zu welchem Preis anbieten? Grundsätzlich gibt es mehrere Preisstrategien. 

Eine bestens bekannte ist die aggressive Preisstrategie: Das heisst, dass so günstig wie irgendwie möglich angeboten wird. Dieses Modell kann aber nur bei sehr grossen Verkaufsmengen funktionieren. Denn nur  so können die Strukturkosten auf sehr viele Einheiten verteilt werden.

Eine weitere Strategie wäre die «Me-too»-Strategie: Das heisst, ich kopiere bestehende Produkte und kann diese relativ günstig anbieten, weil andere bereits Vorleistungen erbracht haben. 

Eine andere Strategie ist die Profilierungsstrategie: «Wir haben unsere ganz besonderen Produkte – und die haben ihren Preis.» Diese Strategie ist mit Sicherheit am besten geeignet für Direktvermarkter. 

 

Hilfe beim Berechnen

Agridea hat das Kalkulationsprogramm «Paracalc»  im Angebot: Für 115 Franken bekommt man ein Hilfsmittel, mit dem innert kurzer Zeit sehr vieles berechnet werden kann – unter anderem eine Produktkalkulation.

 

Genau berechnen lohnt sich

Kürzlich bemerkte eine Bäuerin, dass ihr Hofladen verflixt viel Arbeit verursache und letztendlich kaum Gewinn abwerfe. Das nerve sie. Auf die Frage, wie die Preisgestaltung in ihrem Laden funktioniere, schaute sie erst lange mit fragendem Blick. Dann antwortete sie, dass sie die Materialkosten mit dem Faktor drei multipliziere – so entstehe der Preis einfach und schnell. 

Wenn eine Alpbeiz «nebenbei» Pommes-Chips anbietet und den Verkaufspreis mit dem dreifachen Ankaufspreis festlegt, klappt das. Ganz sicher funktioniert dieses Vorgehen jedoch nicht bei Produkten, die auf dem Hof produziert werden. 

Eine andere Variante wäre, gleich teuer oder etwas günstiger als die Mitbewerber anzubieten. Auf den ersten Blick mag das funktionieren, es wird auch häufig gemacht. Mittelfristig ist auch diese Preispolitik keine optimale Lösung. Leider ist die aufwendigste Preisbildung die beste: die Vollkostenrechnung, das Berechnen der Gestehungskosten. 

Daten sammeln

«Ich kann doch nicht so viel teurer sein als der Detailhändler.» Diese Aussage ist dann und wann zu hören. Wenn edle, selber produzierte Spezialitäten im Hofladen denselben Preis haben wie im Detailhandel, ist das katastrophal. Der Detailhandel produziert riesige Mengen desselben Produkts. So kann er die Kosten für eine Einheit tief halten. Das geht bei der Produktion auf dem Hof nicht. Hier führt wirklich nur die Profilierungsstrategie zum Erfolg: Wertvolle Produkte haben ihren Preis! 

Am Anfang der Preisbildung steht eine kurze Zielgruppenanalyse: Wer kauft unsere Produkte? Haben wir Kunden der stärkeren Kaufkraftklassen? Falls diese Frage bejaht werden kann, ist die Ausgangslage sehr gut. Als Nächstes schaut man sich «auf dem Markt» um. Wer bietet was zu welchen Preisen an? Auch hier gilt: Zusammengeschlossene Produzenten setzen in der Regel mehr ab und können deshalb meist etwas günstiger anbieten. Wichtig ist, beim Vergleichen genau hinzuschauen: Gibt es einen Zusatznutzen bei unseren oder den Konkurrenzprodukten? 

Jetzt kommt die Knochenarbeit, die eigene Kostenermittlung. Wie viel kostet das Material für ein Produkt? Wie viel Zeit benötigt die Herstellung? Es reicht aber nicht, die Produktionszeit zu berechnen. Auch die Zeit für die Entwicklung, für das Marketing, für die Administration, für das Beschaffen der Verpackung usw. sowie die Strukturkosten müssen eingerechnet werden.

Die Frage nach dem Stundenlohn, der kalkuliert wird, steht immer wieder im Raum. Idealerweise sollte er 28 Franken betragen. Zu diesem errechneten Preis soll eine Marge darauf kommen. Die sollte sich im Idealfall irgendwo zwischen 10 und 30 Prozent bewegen. Und wie sieht es mit Aktionen aus? Sind Aktionen geplant, müssen diese bereits eingerechnet sein, sonst geht die Rechnung mittelfristig nicht auf. 

Passt der errechnete Preis?

Nehmen wir mal an, dass wir beim Berechnen für ein 212-ml-Glas Erdbeer-Rhabarber-Konfi  auf einen Verkaufspreis von 5,90 Franken gekommen sind. Jetzt schauen wir uns im Netz nach demselben Produkt um. Wir entdecken, dass in der Schweiz jemand dasselbe Produkt für 6,50 Franken anbietet. Also sollten wir den Preis unbedingt anheben. Anders sieht es aus, wenn unser errechnete Preis bei 7,50 Franken liegen würde. Jetzt muss genau hingeschaut werden. Bietet unser Produkt Vorteile, wie beispielsweise keine Zusatzstoffe? In diesem Fall könnte der Mehrpreis allenfalls gerechtfertigt sein. Sicher ist, dass man sich am Schluss des errechneten Preises fragen muss, ob die Kunden diesen Preis bezahlen werden. 

Es braucht «Cashcows»

Es gibt in jedem Hofladen Produkte, die etwas unter dem errechneten Preis verkauft werden müssen. Das könnte beispielsweise ein sehr sorgfältig von Hand geernteter Tee mit verschiedenen Kräutern, auch Wildkräutern, sein. Das darf aber wirklich nur bei einzelnen Produkten passieren. Wenn das nötig ist, braucht es daneben auch «Cashcow-Produkte», die dann deutlich über dem errechneten Preis angeboten werden müssen.

Als Direktvermarkter soll man die notwendigen Preise verlangen, denn Hofprodukte sind wertvoll, individuell und sorgfältig verpackt. Immer daran denken: Der Preis ist ein Marketinginstrument – in diesem Sinn sagt der Preis etwas über die Qualität des Produktes aus.