Urs Riedener denkt schnell, redet schnell und hat immer eine Antwort parat. Im ersten Teil des Gespräches hat Riedener erläutert, wie er Emmi führt und wie der Konzern neue Märkte prüft. Im zweiten Teil des Gesprächs geht es nun um die politische Verankerung und die Ausrichtung der grössten Schweizer Molkerei...

Emmi ist politisch gut verankert – einerseits mit Verwaltungsratspräsident Konrad Graber, der noch CVP-Ständerat ist. Andererseits als Teil der Branchenorganisation.
Urs Riedener: Erfolg und Marktposition eines Unternehmens – insbesondere von der Grösse von Emmi – hängen nie von einer einzelnen Person oder der Politik ab. Ein Unternehmen in der Milchwirtschaft zu führen, ist eine sehr komplexe Aufgabe, bei der man alle Anspruchsgruppen – auch die Milchproduzenten – berücksichtigen muss. Wichtiger als ein politisches Netzwerk sind da nicht selten eine klare Strategie, Zeit und Geduld.

Das hat sich bei der Nachhaltigkeitsstrategie deutlich gezeigt.
Tatsächlich hat uns die Nähe zu den Produzenten bei der Nachhaltigkeitsstrategie verlangsamt.

Sie wurden ausgebremst.
Es gab Leute, denen haben unsere Vorschläge nicht gepasst. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass der Zeitpunkt damals eigentlich goldrichtig gewesen wäre. Jetzt steht die Branche unter Zugzwang. Aber wenigsten sind wir soweit, dass Nachhaltigkeit zum Branchenthema geworden ist und die meisten Beteiligten Hand zu einem gemeinsamen Vorgehen bieten.  Viele Individuallösungen sind keine sinnvolle Lösung.

Trotzdem gibt es mittlerweile zahlreiche private Initiativen.
Das ist die Folge davon, dass sich die Milchproduzenten lange verweigert haben. Die Branche hat sich insgesamt keinen Gefallen getan, dass sie so viel Zeit brauchte, um zu einer einheitlichen Lösung zu kommen. Das führt dann halt zum Vorpreschen von starken Spielern.

Bei ihrem Projekt haben die Produzenten kritisiert, dass man nicht wusste, was man für die Teilnahme am Programm erhalten wird.
Der Preis kann bei einer solchen Entwicklung nicht am Anfang stehen. Viel wichtiger ist die Differenzierung zu ausländischen Produkten aufrecht zu erhalten. Damit sollte es möglich sein, die bestehende Preisdifferenz zum Ausland zu erhalten. Wir haben immer gesagt, dass allenfalls noch etwas mehr drin liegt. Das hängt von vielen Faktoren ab, vor allem von den Konsumenten. Ich kann aber keine Versprechungen machen, die nicht von unseren Kunden unterstützt werden – das geht vielleicht in der Politik, aber es ist schwierig, wenn man ein Unternehmen führt.

Der Nachhaltigkeitszuschlag der Branchenorganisation Milch umgeht dieses Problem: es wird ein Preisbonus von zwei Rappen versprochen.
Genau. Das ist der Vorteil einer Branchenlösung.

Die Signale sind aber nicht nur positiv, dass das tatsächlich gelingen wird.
Es ist letztlich eine Aufgabe der Branche. Ausserdem zahlt beispielsweise Coop schon jetzt vier bis sechs Rappen mehr für nachhaltige Milch. Da verstehe ich natürlich, dass es schwierig ist, jetzt noch einmal mehr zu bezahlen ohne dass mehr geboten wird.

Aus Sicht der Kunden ist es also fraglich, ob die Milch tatsächlich zwei Rappen mehr wert sein soll.
Da bin ich etwas lockerer. Im geschützten Schweizer Markt sind zwei Rappen ans ich nicht entscheidend, wenn sich alle daranhalten. Vor allem dann, wenn die zwei Rappen dazu dienen, dem Konsumenten wirklich glaubhaft erklären zu können, was er dafür erhält.

Zwei Rappen mehr für die Produzenten hätten bei Emmi grob gerechnet Mehrkosten in der Höhe von 18 Millionen Franken zur Folge. Könnten sie dies tragen?
Ja, wenn die gesamte Wertschöpfungskette bis zum Konsumenten mitmacht. Wir glauben an Schweizer Milch. Man kann aber nicht einfach sagen, dass Schweizer Milch besser wäre; das wäre fadenscheinig. Es braucht klare und nachvollziehbare Argumente. Die Diskussion, die noch anstehen wird, ist, wie der Zuschlag in den verschiedenen Segmenten angewendet werden soll. Zudem gibt es Mitbewerber, die finanziell Schwierigkeiten haben und Zuschläge bei ihren Endkunden nicht umsetzen können. Ich bin deshalb nicht sicher, ob alle Akteure mitziehen können.

Die Milchverfügbarkeit ist in den letzten Monaten rückläufig. Gerade Hochdorf hat Mühe, genügend Milch zu beschaffen; ein Problem, das Emmi nicht hat.
Nein. Aber es ist auch heilsam, wenn es manchmal etwas weniger Angebot auf dem Markt hat. Man sieht beispielsweise, dass es keine C-Milch gibt. Das heisst, es wird voraussichtlich auch keine Überschussexporte von Butter geben. Umgekehrt wird die Milch eher in wertschöpfungsstarken Segmenten abgesetzt – und wir haben auch heute noch jeden Tag Anrufe von Produzenten, die für uns liefern wollen.

Wie ist die Prognose für den B-Milch-Markt?
Im B-Segment bleibt es plusminus stabil. Es ist meines Erachtens aber auch nicht absehbar, dass der Anteil an A-Milch ausgedehnt werden könnte. Im Moment sind wir in der Milchwirtschaft in einer relativ stabilen Phase.

Welche Rolle spielt die Nachfolgelösung für das Schoggigesetz? Neu werden 20 Prozent der Mittel für die Marktregulierung verwendet.
Das ist ein Kompromiss der Branche, ohne den es keine Lösung gegeben hätte. Für uns verändert sich mit der Nachfolgelösung eigentlich nichts; die Milchzulage von 4,5 Rappen wird verrechnet und läuft anders durch unser System. Das ist alles