Christoph Graf, der Präsident des Schaffhauser Bauernverbands, hat auch das Präsidium des prominent zusammengesetzten «Schaffhauser Komitee gegen die extremen Agrarinitiativen» übernommen. Zusammen mit den Mitgliedern dieses Komitees hat er am 26. März zur Medienorientierung auf seinen Hof in Ramsen eingeladen, wo er zusammen mit seiner Frau einen Milchwirtschafts- und Ackerbaubetrieb mit einer Landwirtschaftlichen Nutzfläche von 30 Hektaren bewirtschaftet. Die Trinkwasser-Initiative verlangt, dass Betriebe, die Antibiotika prophylaktisch einsetzen, von den Direktzahlungen ausgeschlossen werden. Eine Forderung, die Graf wenig Kummer bereitet. «Diese Zeiten sind vorbei», sagte er. «Heute werden Antibiotika nur gezielt und an erkrankte Tiere verabreicht.»

Vor Zulassung geprüft

Mehr Sorge bereitet Christoph Graf die geforderte Verknüpfung der Direktzahlungen mit einer pestizidfreien Produktion. «Wir bezeichnen Pestizide als Pflanzenschutzmittel», sagte Graf. Pflanzenschutzmittel würden eingesetzt, um die Gesundheit der Pflanzen zu schützen und eine Ernte zu garantieren. Bevor Pflanzenschutzmittel eine Zulassung erhalten, seien sie über Jahre erforscht und geprüft worden – anders als etwa die ebenfalls auf synthetischer Basis hergestellten Impfstoffe gegen Corona. In diesem Zusammenhang betonte Graf, er wolle niemanden von einer Impfung abhalten. Es sei natürlich, dass man sich vor Krankheiten schützen wolle. Genauso natürlich sei es aber, dass man Pflanzen vor Krankheiten schützen wolle.

Christoph Graf betreibt seine Milchproduktion schwergewichtig auf der Futterbasis seines Betriebs. Für eine optimale Zusammensetzung der Ration kauft er aber etwas Eiweiss in Form von Raps- und Sojaschrot zu. Bei einer Annahme der Trinkwasser-Initiative würden ihm deshalb die Direktzahlungen gestrichen. Noch härter würden unter dieser Bestimmung aber Schweine- und Geflügelbetriebe leiden. Diese sind darauf angewiesen, Futter zukaufen zu können. Aber, so Graf: Auch diese Betriebe müssen ihre Nährstoffbilanz ausweisen und könnten Gülle und Mist an Betriebe ohne Tierhaltung weitergeben. Bei einer Annahme der Initiativen würde Graf seinen Betrieb wohl auf extensiv bewirtschaftete Wiesen umstellen und auf seinen an sich fruchtbaren Böden auf den Ackerbau verzichten.

«Toxische Wirkung»

«Bei einem Ja zu den Initiativen geben wir einen Teil der landwirtschaftlichen Produktion in andere Hände.» Das sagte Komitee-Mitglied Christian Müller, Land- und Energiewirt in Thayngen. Ohne Pflanzenschutz sei in der Schweiz für Kulturen wie etwa Raps, Kartoffeln keine angemessene Produktion mehr möglich. Das schaffe neue Abhängigkeiten.

Einer der beiden Co-Präsidenten des Komitees ist Ernst Landolt. Für den ehemaligen Geschäftsführer des Schaffhauser Bauernverbands und eben erst zurückgetretenen Schaffhauser Regierungsrat hätten die beiden Initiativen bei einer Annahme eine «toxische Wirkung». Sie würden zahlreiche Errungenschaften der letzten Jahre an die Wand fahren. Die Ökologisierung der Landwirtschaft sei eine Erfolgsgeschichte. Bei der Lancierung der Integrierten Produktion habe der Kanton Schaffhausen eine führende Rolle gespielt. Die beiden Initiativen seien ein Affront gegen Bauern, die bereits ökologisch Nahrungsmittel produzieren. «Niemand käme auf die Idee, synthetisch hergestellte Medikamente verbieten zu wollen», sagte Landolt. «Die beiden Initiativen braucht es nicht». Der Weg zu einer Ökologisierung der Landwirtschaft sei schon lange eingeschlagen.Dieser Meinung ist auch Hannes Germann, zweiter Co-Präsident des Komitees und Schaffhauser SVP-Ständerat.

«Unnötig und schädlich»

Das Mitglied der Wirtschaftskommission des Ständerats bezeichnete die beiden Initiativen als «unnötig und schädlich». Bund und Produzenten würden bereits heute viel für eine Ökologisierung der Landwirtschaft tun. Ein vollständiger Verzicht auf Pestizide sei heute nicht möglich. Der Aktionsplan Pflanzenschutz des Bundes gehe das Problem gezielt an. Es seien bereits heute 21 von 51 Massnahmen umgesetzt. Die Ständerätliche Wirtschaftskommission wolle den Massnahmenplan verbindlicher gestalten, jene des Nationalrats sei damit einverstanden. Der Aktionsplan habe zudem den Vorteil, dass er alle betreffe: Private wie auch Industrie und Gewerben.

Die beiden Komitee-Mitlieder Nicole Herren und Hans-Peter Kern wiesen darauf hin, dass eine Annahme der beiden Initiativen sich nicht nur auf die Landwirtschaft negativ auswirken würde sondern auch auf die nachgelagerten Bereiche. Nicht nur beispielsweise Getreideannahmestellen seien auf eine einheimische landwirtschaftliche Produktion angewiesen, sagte Hans-Peter Kern, der Präsident der Schweizer Milchproduzenten und des Landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbands Schaffhausen. Eine Annahme der Initiativen würde auch etwa die Aktivitäten der Swiss Future Farm im thurgauischen Tänikon gefährden, wo der Einsatz modernster Landmaschinen erprobt wird.

Teurere Lebensmittel

Nicole Herren, FDP-Kantonsrätin und Präsidentin des Gewerbeverbands der Stadt Schaffhausen, legte dar, dass eine Annahme der Initiativen zu einer Verteuerung der Lebensmittel führen werde. Dies wiederum würde dem Einkaufstourismus einen zusätzlichen Schub verleihen. Ausserdem würden vermehrt billigere Lebensmittel in die Schweiz importiert und in den Handel gebracht. Da in der Schweiz höhere Anforderungen an die Lebensmittelproduktion gestellt würden, sei es für Schweizer Produzenten nicht möglich, sich gegenüber solchen Billigprodukten aus dem Ausland zu behaupten. Die beiden Initiativen würden nicht nur die Landwirtschaft als Ganzes schwächen, sondern auch das Gewerbe und den Handel.