Die diesjährige Gerstenernte brachte wie im Vorjahr sehr gute Erträge hervor. Die Basis der Sortenempfehlung liefern die zweijährigen Resultate 2019–2020 des Versuchsnetzes im ÖLN- und Extensoverfahren. Das Versuchsnetz wird von Agroscope und Swiss Granum koordiniert, welche in Zusammenarbeit mit der Groupe Culture Romandie und dem Forum Ackerbau die Sortenversuche durchführen.

Zweizeilige: hohe Erträge

Die zweizeiligen Sorten erzielten dieses Jahr auch im Versuchsnetz hohe Erträge und liegen nahe bei den Sechszeiligen. Maltesse erreicht im Zweijahresschnitt einen leicht tieferen Ertrag im Extenso und einen leicht höheren Ertrag im ÖLN im Vergleich zu KWS Cassia. Die beiden Sorten unterscheiden sich höchstens lokal voneinander wegen der Standfestigkeit, welche bei Maltesse leicht besser ist.

Auch das Hektolitergewicht ist vergleichbar. Da die Gewichte 2019 und 2020 allgemein eher tief ausfielen, haben auch die zweizeiligen Sorten nur im ÖLN Zuschläge (siehe Tabelle). Im Extenso erleiden alle Sorten einen leichten Abzug, KWS Tonic und KWS Higgins auch im ÖLN-Verfahren. Grund für die tiefen Hektolitergewichte könnten die wiederkehrenden Niederschläge im Juni gewesen sein, welchen im letzten Juni-Drittel sonnige und warme Tage folgten.

Zweizeilige Sorten sind vergleichbar mit Sechszeiligen

Das Forum Ackerbau untersucht gemeinsam mit der Delley Samen und Pflanzen AG, ob die zweizeiligen Sorten in der Praxis einen höheren Ertrag erreichen können als in den Kleinparzellen. Zu diesem Zweck werden an vier Standorten die Hauptsorten in Streifen angebaut, drei dieser Standorte haben gleichzeitig auch den Sortenversuch in Kleinparzellen. Nach zwei Versuchsjahren zeichnet sich ab, dass die zweizeiligen Sorten beim Anbau in grossflächigen Streifen tatsächlich gleich hohe und zum Teil sogar höhere Erträge erreichen können wie die sechszeiligen Sorten.

Neue Hybridsorte misch vorne mit

Die neu eingeschriebene Hybride SY Galileoo hält, was sie verspricht. Zusammen mit SY Baracooda mischt sie in beiden Anbauverfahren vorne mit. SY Galileoo hat im Extenso-Anbau nach KWS Tonic das schlechteste Hektolitergewicht (siehe Kasten), was für den Erlös bei einem hohen Ertrag jedoch nicht ins Gewicht fällt. Bei den Hybridsorten sind die Saatgutkosten um 60 % höher pro Hektare, was bei den Erlösen in der Tabelle nicht berücksichtigt wurde. Die Sorte Hobbit war 2020 nicht mehr im Versuchsnetz, weshalb auch keine vergleichbaren Resultate vorliegen.

Die KWS-Sorten Orbit, Higgins und Tonic liegen im Ertrag in beiden Anbauverfahren nahe beieinander, gleichauf oder dicht hinter den zwei Hybriden.

Belinda und SY Baracooda mit hohen Hektolitergewichten

Belinda kann sich im Extenso-Anbau gut behaupten, die frühreife Sorte bringt Erträge leicht über den Zweizeiligen bei ebenso gutem Hektolitergewicht. Im ÖLN liegt ihr Ertrag nur wenig unter dem der restlichen mehrzeiligen Sorten bei ebenfalls hohem Hektolitergewicht (siehe Kasten). Belinda und SY Baracooda beweisen, dass ein hohes Hektolitergewicht nicht mehr nur den zweizeiligen Sorten vorbehalten ist.

 

Ergebnisse der Sortenversuche

Die Wintergerstensortenversuche 2020 von Swiss Granum (ÖLN-Anbau) und Agroscope (Extenso-Anbau) weisen sehr gute Resultate auf, insbesondere im ÖLN-Anbau. Die Ergebnisse dienen ausschliesslich zur Beurteilung der Sortenversuche und sind keine Beurteilung der Gerstenernte.

2020: sehr gutes Jahr

Der Ertragsdurchschnitt im ÖLN-Anbau liegt bei 100,8 dt/ha. Er fällt damit 4,2 dt/ha höher aus als 2019 (96,6 dt/ha). Im Extenso-Anbau liegt der Unterschied ebenfalls bei 4,2 dt/ha, mit 82,2 dt/ha im Jahr 2020 (78,0 dt/ha im Jahr 2019). Der Ertragsunterschied zwischen ÖLN- und Extenso-Anbau ist dieses Jahr gleich wie letztes Jahr und beträgt 18,6 dt/ha. 2018 lag er bei 6,2 dt/ha.

Die Gerste hat im Jahr 2020 hohe Erträge erbracht. Die Standfestigkeit variierte stark je nach Standort, im Allgemeinen war sie jedoch gut. Das Gleiche gilt für die Krankheiten. Bei gewissen Standorten war der Braunrost- und Blattfleckenbefall hoch. 

Körnerqualität mittelmässig

Die Hektolitergewichte sind durchschnittlich. Im ÖLN-Anbau liegt dieses mit 65,7 kg/hl auf dem gleichen Niveau wie 2019. Im Extenso-Anbau liegt der Durchschnitt bei 64,5 kg/hl – 2,5 kg/hl höher als 2019 bzw. 6,7 kg/hl höher als 2018. Der Proteingehalt liegt im Extenso-Anbau bei 10,7 . Der Durchschnitt ist leicht tiefer als in den Vorjahren (2018: 11,3 , 2019: 11,4 ). Im ÖLN-Anbau ist der Durchschnitt mit 12,4  höher als 2019 (11,8 ) und vergleichbar mit 2018 (12,3 ).

Hybridsorte SY Galileoo

  • Ertrag 106,1 dt/ha (ÖLN), 87,9 dt/ha (Extenso).
  • Hektolitergewicht 64,7 kg/hl (ÖLN), 63,7 kg/hl (Extenso).
  • Proteingehalt 12,3  (ÖLN), 10,5  (Extenso). 

Hybridsorte SY Baracooda

  • Ertrag 106,9 dt/ha (ÖLN), 83,8 dt/ha (Extenso).
  • Hektolitergewicht 66,4 kg/hl (ÖLN), 64,6 kg/hl (Extenso).
  • Proteingehalt 12  (ÖLN), 10,5  (Extenso).

Belinda (sechszeilig)

  • Ertrag 98,2 dt/ha (ÖLN), 76,9 dt/ha (Extenso).
  • Hektolitergewicht 66,8 kg/hl (ÖLN), 65,1 kg/hl (Extenso).
  • Proteingehalt 13,0 % ÖLN), 11,5  (Extenso).

KWS Cassia (zweizeilig)

  • Ertrag 91,7 dt/ha (ÖLN), 79,9 dt/ha (Extenso)
  • Hektolitergewicht 67,4 kg/hl (ÖLN), 64,6 kg/hl (Extenso)
  • Proteingehalt 12,6  (ÖLN), 10,8  (Extenso). 

Maltesse (zweizweilig)

  • Ertrag 92,1 dt/ha (ÖLN), 77,9 dt/ha (Extenso).
  • Hektolitergewicht 68,3 kg/hl (ÖLN), 65,6 kg/hl (Extenso).
  • Proteingehalt 12,4  (ÖLN), 10,7  (Extenso).

KWS Orbit 

  • Ertrag 102,1 dt/ha (ÖLN), 78,2 dt/ha (Extenso).
  • Hektolitergewicht 64,8 kg/hl (ÖLN), 64 kg/hl (Extenso).
  • Proteingehalt 12,5  (ÖLN), 10,9  (Extenso).

KWS Tonic 

  • Ertrag 102,4 dt/ha (ÖLN), 79,5 dt/ha (Extenso).
  • Hektolitergewicht 64,5 kg/hl (ÖLN), 61,8 kg/hl (Extenso).
  • Proteingehalt 12,5  (ÖLN), 10,8  (Extenso)

KWS Higgins 

  • Ertrag 102,2 dt/ha (ÖLN), 79,7 dt/ha (Extenso).  
  • Hektolitergewicht 65,4 kg/hl (ÖLN), 63,9 kg/hl (Extenso).
  • Proteingehalt 12,3  (ÖLN), 10,3  (Extenso).

Ertragsverlust durch Virus

Das Gelbverzwergungsvirus ist diesjährig in der Romandie beobachtet worden. Die zweizeiligen Sorten Maltesse und KWS Cassia waren vom Virus weniger stark betroffen. Der Ertragsverlust liegt bei 35,8 und 33,5 dt/ha. Sorten mit einem höheren Ertragspotenzial erleiden höhere Verluste. Der Verlustdurchschnitt liegt bei 53,4 dt/ha für die Hybridsorte SY Baracooda. Gleiches gilt für die Sorten KWS Tonic und KWS Orbit, beide verloren 50  ihres Ertragsdurchschnitts. Es ist unklar, warum die Blattläuse als Virus-Vektoren mehr an den sechszeiligen Sorten interessiert zu sein scheinen. Es handelt sich um Beobachtungen von nur einem Jahr und einem Standort. Deshalb sind weitere Daten ­nötig, bevor Schlussfolgerungen zur Sortenanfälligkeit gezogen werden können. 
S
wiss Granum/ke

Die Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2021: hier.

 

Wirtschaftlichkeit der Gerste

Die Erlöse sind hauptsächlich durch den Ertrag bestimmt (siehe Tabelle). Im Extenso-Anbau beträgt die Differenz vom grössten zum kleinsten Erlös je Sorte rund Fr. 336.–, im ÖLN sind es Fr. 510.– pro Hektare.

In den letzten Jahren ist die Wasserverfügbarkeit vermehrt ein Thema geworden. Letztes Jahr fehlte das Wasser in der Phase der Abreife und dieses Jahr während der Kornfüllung. Es empfiehlt sich bei der Sortenwahl, neben dem Ertrag auch auf ein solides Hektolitergewicht und einen hohen Proteingehalt zu setzten, damit die Qualität der Futtergerste aufrechterhalten werden kann.

Der Ertragsunterschied zwischen den Anbauverfahren ÖLN und Extenso lag dieses Jahr mit durchschnittlich 18,6 dt wiederum hoch. Dieser Unterschied reicht, um neben der Kompensation der Extensoprämie den Pflanzenschutzmitteleinsatz mit einem Fungizid und Wachstumsregler sowie 30 kg zusätzlichen Stickstoff und die dafür nötigen Überfahrten zu bezahlen. Im Vergleich mit Brotweizen der 1. Klasse nach ÖLN-Richtlinien produziert in der Annahme von 70 dt/ha Ertrag, müsste89 dt/ha Gerste im ÖLN beziehungsweise 68 dt/ha im Extenso gedroschen werden, um finanziell den gleichen Erlös zu haben. Alle Sorten in der Tabelle erreichen im zweijährigen Durchschnitt diese dafür nötigen Erträge, weshalb sie mindestens gleich wirtschaftlich sind wie 70 dt/ha ÖLN-Brotweizen der 1. Klasse. Hat man am eigenen Standort mit Brotweizen ein höheres Ertragspotenzial, würde sich demnach auch der nötige Gerstenertrag nach oben korrigieren.

Extenso: Erträge, Hektolitergewicht und Erlöse ausgewählter Sorten

                 

2019/2020

KWS Tonic

KWS Higgins

KWS Orbit

Belinda

SY Galileoo

SY Baracooda

KWS Cassia

Maltesse

Ø Ertrag 2019/2020 (dt/ha)

80,55

79,90

78,50

77,90

84,55

81,25

75,60

74,35

Erlös Ertrag (Fr.)

2778.98

2756.55

2708.25

2687.55

2916.98

2803.13

2608.20

2565.08

Ø Hektolitergewicht HGL (kg/hl)

60,70

62,70

63,20

64,15

62,45

64,15

64,30

63,80

Zuschlag und Abzug HLG (Fr.)

-48.33

-35.96

-23.55

-11.69

-38.05

-12.19

-11.34

-22.31

Erlös total (Fr.)

2730.60

2720.60

2684.70

2675.90

2878.90

2790.90

2596.90

2542.80

ÖLN: Erträge, Hektolitergewicht und Erlöse ausgewählter Sorten

                 

2019/2020

KWS Tonic

KWS Higgins

KWS Orbit

Belinda

SY Galileoo

SY Baracooda

KWS Cassia

Maltesse

Ø Ertrag 2019/2020 (dt/ha)

100,95

103,40

101,65

98,25

104,50

103,45

88,95

90,60

Erlös Ertrag (Fr.)

3482.78

3567.30

3506.93

3389.63

3605.25

3569.03

3068.78

3125.70

Ø Hektolitergewicht HLG (kg/hl)

63,60

64,60

65,05

67,10

65,15

67,15

68,00

67,40

Zuschlag und Abzug HLG (Fr.)

-30.29

-15.51

0.00

14.74

0.00

15.52

26.69

13.59

Erlös total (Fr.)

3452.50

3551.80

3506.90

3404.40

3605.30

3584.50

3095.50

3139.30

Erträge aus dem Versuchsnetz von Agroscope und Swiss Granum der Jahre 2019 und 2020 (4 bis 8 Standorte). Ernterichtpreise 2020, Zuschlags- und Abzugsskala HLG aus den aktuellen Übernahmebedingungen von Swiss Granum. Quelle: Forum Ackerbau