Endlich Niederschläge für weite Teile der Schweiz am vergangenen Wochenende. Und auch in den kommenden Tagen sind Regengüsse angesagt. Dies sorgt zwar für Entspannung, viele Herausforderungen bleiben aber für die Futterbau-Profis.

Willi Gut, wie würden Sie das Futterbaujahr 2022 kurz beschreiben?

Der schöne Frühling hat in vielen Regionen bis in den Juni hinein optimale Erträge in sehr guter Qualität gebracht, die Trockenheit im Juli und August ist lokal sehr unterschiedlich. Generell haben schwere Böden über lange Zeit ein gutes Wachstum verzeichnet, während leichte Böden schon früh im Juli das Wachstum eingestellt haben und auf diesen Flächen mit einem Ausfall von zwei Schnitten gerechnet werden muss. Der Mais bringt in der Regel viel Masse, aber die Qualität dürfte leiden auf Feldern, die bereits abgedorrt sind. Die Kolben sind sehr schlecht ausgebildet.[IMG 2]

Wie kann der Landwirt aktuell Einfluss nehmen?

Nach den ergiebigen Niederschlägen letzte Woche ist es wichtig, die Wiesen jetzt zu kontrollieren. Falls abgedorrter Filz (Gemeine Rispe) den Boden bedeckt, sollte dieser noch im August herausgestriegelt werden und mit einer Übersaat die Lücken geschlossen werden. Eine Übersaat ist auch zu empfehlen, wenn offene Lücken vorliegen.

Was sind Risiken, wenn der Bewirtschafter zu viel Geduld aufbringt, also davon ausgeht, dass sich die Wiese von allein wieder erholt?

Langes Zuwarten hilft eher unerwünschten Pflanzen wie Ausläufer-Straussgras oder einjährigen Unkräutern, sich auszubreiten. Die Übersaaten werden zwar im Herbst den Ertrag nicht mehr allzu stark anheben, aber im nächsten Frühling wird sich der Aufwand auszahlen.

Gibt es typische Fehler in der Bewirtschaftung, die während der Sommerhitze gemacht wurden?

Ob Fehler gemacht wurden, zeigt sich erst in den nächsten Wochen. Gestresste Wiesen sollten nicht allzu intensiv genutzt werden. Hoch stehendes Gras unterdrückt beispielsweise das Aufkommen von Hirsen und Löwenzahn. Somit sollte man eine Schnittnutzung in Trockenperioden möglichst vermeiden. Wird doch gemäht, dann ist es ratsam sehr hoch zu schneiden, also auf 8 bis 10 cm Stoppelhöhe, damit die Pflanzen sich schnell erholen und Unkräuter und Ungräser in Bodennähe weniger Licht bekommen.

Man spricht gerne vom kompensatorischen Wachstum, also der Fähigkeit der Pflanzen, Verpasstes noch nachzuholen. Was ist denn noch möglich diesen Herbst?

Es ist bekannt, dass die Wiesen im Herbst einen Teil des Ertragsausfalls kompensieren können. Ob dieser Mehrertrag auch optimal genutzt werden kann, hängt aber stark vom Wetter ab. 2018 konnte den ganzen Herbst über bei guten Bedingungen siliert werden. Wir auf dem Schluechthof, Cham ZG, haben die letzten Ballen im November gedrückt und dieses Futter wurde von den Kühen sehr gerne gefressen. Sollte das Wetter im späten September und Oktober aber regnerisch sein, wird die Silage vermehrt Buttersäure enthalten und das Futter wird dadurch stark entwertet.

Trockene Sommer mehren sich. Sollten Schweizer Futterbauern vermehrt auf trockenheitsresistentere Mischungen setzen?

Bisher haben die Landwirte bei der Mischungswahl kaum Änderungen vorgenommen. Wer ist im nassen 2021 schon auf die Idee gekommen, eine trockenheitstolerante Mischung zu säen? In Zukunft scheint es aber schon ratsam, das Risiko zu streuen und vermehrt auf trockenheitsresistente Mischungen zu setzen.

Welche Mischungen kommen hierfür in Frage?

Mischungen mit Rohrschwingel werden wohl in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Auf leichten Böden bleibt Knaulgras sehr wichtig und die Landwirte im Aargauer Fricktal zeigen uns seit Jahren, dass Luzerne und Rotklee trockene Perioden bestens überstehen.

Könnte gar das Bewässern von Wiesen zum Thema werden?

Da bin ich eher skeptisch. Die Kosten für zwei zusätzliche Schnitte mit insgesamt 40–50 dt TS/ha Mehrertrag sind hoch, vor allem wenn die Infrastruktur zum Bewässern nicht anderweitig genutzt werden kann. Und auch die Möglichkeiten für die Beschaffung von zusätzlichem Wasser sind sehr beschränkt.

Wird die Bedeutung von Mähwiesen künftig abnehmen an guten, aber trockenen Lagen? Stattdessen mehr Mais oder Getreide wie in Nachbarländern?

Mais ist keine Alternative für Mähwiesen auf trockenen Standorten. Wir sehen zurzeit, dass Maispflanzen sogar auf Ackerböden frühzeitig abdorren und dies, bevor die Kolben richtig ausgebildet sind. Als Alternative könnte eher Sorghum an Bedeutung gewinnen, er erträgt Trockenheit besser. Dass vermehrt Getreide angebaut wird, etwa in der Innerschweiz, scheint mir auch nicht plausibel. In den tierstarken Gebieten braucht es grosse Mengen an Raufutter. Viele Flächen sind wegen der Hangneigung ungeeignet für Ackerbau und in regenreichen Wintern besteht die Gefahr von Erosion, wenn der Boden von Getreide schlecht durchwurzelt ist.

Wir werden den Futterbau auf die neuen klimatischen Bedingungen ausrichten müssen mit mehr Vorräten, mit trockenheitstoleranten Mischungen und mit einer Bewirtschaftung, die besser an die Trockenheit angepasst ist.