Die gute Botschaft gleich zu Beginn: Die Kirschenernte 2019 fällt laut erster Vorernteschätzung des Schweizer Obstverbands gut aus (wir berichteten). Das trotz garstigem Wetter während der Blüte und während des Zeitfensters für die Bestäubung durch die Bienen.
Bis 10 Prozent mehr Früchte
Die Honigbienen werden ab zirka 13°C aktiv und lieben Flugtemperaturen um die 20°C. Das schränkt bei der Bestäubung ein, vor allem, wenn das Wetter nicht mitspielt. «Wer Ertragsschwankungen besser im Griff haben will, greift auf die Mithilfe eines breiten Portfolios an Bestäubern zu», rät Louis Sutter, wissenschaftlicher Mitarbeiter Agroscope, an der Breitenhof-Tagung vom letzten Wochenende. Oder anders gesagt, man setzt nicht nur auf ein Pferd, die Honigbiene, sondern auf die Mithilfe von Wildbienen und Hummeln. Diese sind in ganz unterschiedlichen Temperaturbereichen im Einsatz, zum Teil schon ab 5°C bis 20°C und mehr. Wieder andere, wie beispielsweise die Mauerbienen, lassen sich nicht einmal vom Regen abschrecken. Erhebungen der Agroscope haben ergeben, dass bei optimaler Bestäubung die Anzahl geernteter Früchte im Durchschnitt um rund 10 Prozent höher ist; an einzelnen Standorten sogar bis zu 30 Prozent.
Aber nicht nur das Flugverhalten bei unterschiedlicher Witterung ist bei Wildbienen variabler, auch die Art des Pollensammelns ist anders. Während die Honigbiene den Pollen mit etwas Nektar versetzt, klebrig an den Beinen als sogenannte Höschen transportiert, sammeln einige der Wildbienen den Pollen am Bauch und zwar in trockener, fluffigen Form. Dies ist ein Grund, weshalb sie effektivere Bestäuber von Kirschen und Äpfeln sind.
Wildbienen fördern
Wer sich die Arbeit der Wildbienen gezielt zunutze machen will, muss etwas dafür tun, in dem er Niststrukturen und blütenreiche Lebensräume schafft. Bereits relativ kleine Flächen können oft schon eine grosse Wirkung haben. Diese sollten möglichst nah und nicht weiter als wenige 100 Meter von der Anlage entfernt sein, da Wildbienen einen kleineren Sammelradius haben.
Hecken, frühblühende Bäume (Weide, Ahorn, Eiche, ...) Sträucher, Säume, extensiv genutzte Wiesen sowie Blühstreifen und Brachen: Das Futterpflanzenangebot sollte möglichst vielfältig und kontinuierlich bis in den Herbst hinein gewährleistet sein, da das Angebot an geeigneter Blütennahrung wesentlich die Fortpflanzungsleistung der Wildbienen beeinflusst.
Wildkirschenbäume: Sie sind generell gute Pollenspender. Diese Massnahme ist seit der Kirschessigfliege leider etwas umstritten.
Offener oder spärlich bewachsener Boden: Ein grosser Teil der Wildbienen hat ihre Nester im Boden. Auch Abbruchkanten an Wegrändern sind wertvoll.
Andere Nistplätze: Totholz, Pflanzen mit holen oder markhaltigen Stängeln (z. B. Brombeere), kleine wilde Ecken (Sandhaufen, Steine), Wildbienenhotels.
Wildbienen einkaufen
Man kann Wildbienen auch einkaufen. Die Firma Pollinature z. B. verkauft Mauerbienen für den Profiobstbau. Zwei bis fünf Einheiten reichen für eine Hektare Kirschen. Die Anzahl variiert je nach Grösse der Bäume und dem Vorkommen anderer Bestäuber. Eine Einheit enthält 500 schlupfbereite Mauerbienen. Kostenpunkt pro Hektare: ab 365 Franken.
Merkblätter zum Einsatz von Wildbienen
Die Forschungsanstalt für Biolandbau hat Merkblätter zum Thema erarbeitet, die gratis im Internet heruntergeladen werden können.