Geht es um die Identitas AG, sind viele Bauern skeptisch. Das grosse IT-Unternehmen, welches Daten von Landwirten verwaltet, ist manch einem nicht wirklich geheuer. Die Befürchtung: Persönliche Daten könnten fälschlicherweise weitergegeben oder nicht für die angedachten Zwecke verwendet werden. Die Bauern-Zeitung hat sich daher mit Christian Beglinger, dem Geschäftsführer der Identitas, getroffen und nachgefragt, ob die Befürchtungen berechtigt sind. "Der oberste Datenschützer in unserer Unternehmung bin ich. Das zeigt, welche Priorität unser Unternehmen dem Datenschutz beimisst", antwortet Beglinger prompt.

Mehr als nur TVD

Oftmals wird die Identitas mit der Tierverkehrsdatenbank gleichgesetzt. Das wird dem Unternehmen, das dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert, jedoch längst nicht mehr gerecht. Was einst mit der Überlegung der Rückverfolgbarkeit von Rindern begann, ist stetig gewachsen. Heute ist die TVD eines von 30 Produkten. Allein im vergangenen Jahr wurden 67 Erweiterungen und Aktualisierung-en an bestehenden Applikationen vorgenommen sowie auch neue in Betrieb genommen.

Das schlägt sich in der Bilanz nieder: Das Geschäftsjahr 2018 schloss mit einem Bilanzgewinn von 2,863 Mio Franken ab. Ebenso wächst der Kundenstamm weiter: Ämter und Kantone sind bei weitem nicht mehr die einzigen Auftraggeber. Neue Tiergruppen kommen dazu. Das IT-Unternehmen entwickelt und betreibt auch Applikationen mit Daten zu Hunden, Katzen und Bienen und damit für Hunde- und Katzenhalter, Tierärzte, Imker, Bieneninspektoren, usw.

So viele Systeme – wer behält da noch den Überblick? "Der Tierhalter", antwortet Beglinger ohne grosse Umschweife. Es gelte das Selbstbestimmungsrecht. Erst wenn der Landwirt sich dazu bereit erkläre, die Daten weiterzugeben, könnten diese erfasst werden. Natürlich würden Pflichtmeldungen bestehen. Wer Mitglied bei einem Zuchtverband ist, verpflichtet sich beispielsweise für die Meldung gewisser Daten.

Beispiel Suisseporcs

Nicht immer ist die Datenverwendung auf den ersten Blick nachvollziehbar. Ein gutes Beispiel ist das Inkasso der Mitgliederbeiträge der Suisseporcs-Produzenten für den Schweizer Bauernverband (SBV). Seit 2018 zahlt nicht mehr die Suisseporcs als Dachverband den Beitrag. Jeder QM-Fleisch-Produzent erhält direkt eine Rechnung. Diese kommt jedoch nicht vom SBV, sondern von der Identitas. "Die Identitas gibt Daten nur weiter, wenn eine gesetzliche Grundlage besteht", führt Christian Beglinger weiter aus. Beim beschriebenen Beispiel sei diese Grundlage nicht vorhanden gewesen. Jedoch kann das Einkassieren der Gelder von der Identitas übernommen werden. Dadurch fliessen keine Daten, sondern nur ein Gesamtbetrag.

Mit einem Begleitdokument, welches der Rechnung beigefügt wurde, informierte der SBV über das neue Inkasso. Dennoch kann es den Rechnungsempfänger verunsichern, wenn er plötzlich via Identitas eine Rechnung mit dem SBV als Auftraggeber erhält. "Eine gute Kommunikation ist wichtig", weiss Beglinger. Ansonsten rät er den Bauern, nachzufragen. Beglinger wiederholt: "Daten dürfen nur weitergegeben werden, sofern eine rechtliche Grundlage vorhanden ist." Das kann beispielsweise bei Sozialversicherungsfragen, Betreibungen oder Strafuntersuchungen der Fall sein. "Der Betroffene ist über die Weitergabe seiner Daten jedoch informiert", betont Beglinger.

 

In Zahlen

1,5 Millionen Tiere der Rindergattung sind in der TVD erfasst. Es gibt auch kleinere Populationen. Ende 2017 waren

37 Ratten

571 Schildkröten und

553 Papageien gemeldet.

Dass es sich dabei um Exoten handelt, wird im Vergleich mit den «klassischen» Haustieren klar:

494'624 Katzen und

551'412 Hunde sind in der Datenbank registriert.

 

Private Kunden und Staat

Im beschriebenen Fall mit der Suisseporcs ist der Schweizer Bauernverband ein Kunde der Identitas, der für die erbrachte Leistung bezahlt. Die Identitas ist ein privatrechtliches Unternehmen. Mehrheitsaktionär ist jedoch der Bund. Weitere Aktionäre sind bspw. die Anicom, die Bell AG, Micarna AG, SMP, SBV, Suisseporcs usw. Für die Leistungen der Identitas im Auftrag des Bundes sind Gebühren massgebend. Diese legt der Bundesrat fest. "Die Nähe zum Bund hat seine Vor- und Nachteile", führt Beglinger aus. Einerseits habe man die Sicherheit, andererseits werde die wirtschaftliche Freiheit eingegrenzt. Andere bundesnahe Unternehmen sind bspw. die Post oder die Swisscom.

Bisher musste sich die Identitas alle zwei Jahre für den Auftrag der Tierverkehrsdatenbank bewerben. Ein grosser Aufwand. Das soll sich nun ändern. Die Identitas und ihre Aufgaben sollen neu im Tierseuchengesetz verankert werden und dadurch die öffentlichen Ausschreibungen wegfallen. Begründet wird dies durch die hohe Bedeutung der Tierdaten für die verschiedenen Branchen und die Verwaltung (z. B. Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit, Tierseuchenmonitoring und -bekämpfung). "Wir haben eine spezielle Position", räumt Christian Beglinger ein.

In den "Strategischen Zielen des Bundesrates für die Identitas AG 2019–2022" vom 1. Juni 2018 kann man detailliert nachlesen, was das IT-Unternehmen zu tun und zu lassen hat. Beispielsweise, wie hoch der Frauenanteil in der Verwaltung sein soll: Mindestens 30 Prozent für den Verwaltungsrat. Im Sommer will sich dieser damit befassen, wie die Forderungen des Bundes umgesetzt werden können.

Projekte in der Pipeline

Auch ohne die Hausaufgaben vom Bund, die Arbeit geht der Identitas nicht aus. Mit der Aufnahme der Einzeltieridentifizierung der Schafe und Ziegen in die Tierverkehrsdatenbank steht das nächste grosse Projekt vor der Tür. Bei den Schweinen dürfte der gleiche Schritt nur "eine Frage der Zeit" sein. Für die Landwirtschaft sehr interessant ist das Projekt des elektronischen Begleitdokuments.

Das grosse Geschäft mit den Daten läuft also reger denn je. Die Digitalisierung schreitet weiter voran. Lockt da nicht das grosse Geld? "Wir bedienen uns nicht an Daten, sondern schützen den Datenschutz des Einzelnen. Aber, alle Daten zusammen bilden einen riesigen Wissenspool. Wir wollen damit Nutzen im Tiersektor stiften. Man muss nur die richtigen Fragen stellen", sagt Beglinger.