Während der Sömmerung können Älpler mit verschiedenen Krankheiten bei ihren Tieren konfrontiert werden. Besonders ansteckend sind Augenkrankheiten, die sowohl bei Kleinwiederkäuern als auch bei Rindvieh auftreten können. Vorsicht: Bei der «Gämsblindheit» handelt es sich nicht um die gleiche Krankheit.
Bei Kleinwiederkäuern wie Ziegen und Schafen spricht man tatsächlich von «Gämsblindheit», während bei Rindern die Erkrankung als «Pinkeye» (infektiöse bovine Keratokonjunktivitis, IBK) bekannt ist. Auch wenn beide Krankheiten häufig den gleichen Namen tragen, unterscheiden sie sich in den Erregern; bei Ziegen und Schafen sind es vor allem Mycoplasmen, bei Rindern zusätzlich auch Bakterien. Die Erreger dieser Krankheiten verbreiten sich auf ähnliche Weise. Sie können direkt von Tier zu Tier übertragen oder durch Fliegen als «Taxi» weitergegeben werden. Die Erreger überleben ausserhalb des Körpers nur kurze Zeit, doch das Risiko einer Ansteckung steigt, sobald kranke Tiere in die Nähe gesunder Tiere kommen.
Erkrankte Tiere zeigen typische Symptome wie einen verstärkten Augenausfluss und entzündete Bindehäute. In fortgeschrittenen Stadien trübt sich die Hornhaut, was zu einer Erblindung führen kann. Besonders gefährlich ist dies für wild lebende Tiere wie Gämsen und Steinböcke, da diese mit eingeschränkter Sehkraft nicht mehr in der Lage sind, zu fressen. Es besteht auch die Gefahr, dass sie zu Tode stürzen. Akut erkrankte Tiere sollten unbedingt von der Herde getrennt und in einem abgedunkelten Stall untergebracht werden, da UV-Licht die Augenentzündung verschärfen kann. Eine Erste-Hilfe-Massnahme ist die Reinigung des betroffenen Auges mit abgekochtem Wasser, dem ein wenig Betadine (mindestens oder höher verdünnt als 1:20) zugesetzt wird. Diese Reinigung sollte täglich wiederholt werden, bis die Heilung einsetzt. Wichtig: Die Verwendung von antibiotischen Augensalben ist offiziell nicht zugelassen oder nur in dringenden Fällen möglich. Dies sollte stets in Absprache mit einem Tierarzt geschehen. Hausmittel wie das Einblasen von Puderzucker ins Auge sind abzulehnen, da der Zucker das Auge wie Schmirgelpapier reizt und die Entzündung weiter verschärfen kann.[IMG 2]
Rinder können vorsorglich gegen Pinkeye geimpft werden, wobei die Impfung leider nur eine begrenzte Wirksamkeit hat. Für Ziegen und Schafe gibt es in der Schweiz keinen zugelassenen Impfstoff gegen Gämsblindheit. Bei Verdacht auf Gämsblindheit oder Pinkeye sollte auf jeden Fall ein Tierarzt zu Rate gezogen werden, um eine gezielte Behandlung zu gewährleisten.