Diese Frage ist überaus berechtigt – wir denken viel zu wenig darüber nach! Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass sich Kälber als angeblich arktische Tiere auch bei Minusgraden im zweistelligen Bereich wohlfühlen. Das ist schlicht falsch: Neugeborene Kälber lieben Wärme – nicht Kälte. Die sogenannte thermoneutrale Zone, in der das Tier keine Energie für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur aufwenden muss, liegt bei Kälbern zwischen 10 und 15 °C. Niedrigere Temperaturen bedeuten somit Kältestress – vor allem in sternenklaren, klirrend kalten Nächten. Kältestress ist eine der Ursachen für die überproportional hohen Abgangsraten von Kälbern im Winter, verglichen mit den anderen Jahreszeiten.[IMG 2]
Was können wir tun, um es dem Kalb zu erleichtern, mit den niedrigen Temperaturen klarzukommen? Zunächst ganz wichtig: Das Kalb muss nach der Geburt schnellstmöglich trocken werden. Allein das Ablecken durch das Muttertier reicht dafür definitiv nicht. Nötig ist intensives Abreiben mit einem Frottee-Handtuch, eine Rotlichtlampe oder ein Heizlüfter aus dem Baumarkt, der für 2 bis 4 Stunden vor die Öffnung des Iglus gestellt wird. Trockene Kälber trinken deutlich mehr Kolostrum und Milch als jene Tiere, die ihre knappen Energiereserven aufwenden müssen, damit die Reste des Fruchtwassers verdunsten.
Reichlich Stroh und genügend Milch
Im Kälberiglu oder der Kälberbucht sollte dann reichlich Stroh vorhanden sein – und zwar trockenes Stroh, damit sich das Kalb richtig «einkuscheln» kann. Das ist eine zentrale Voraussetzung, um die Verluste an Wärme in der kalten Umgebung zu reduzieren. Dafür ist auch eine Kälberdecke sehr hilfreich – wir kennen inzwischen viele Betriebe, wo jedes Kalb in der kalten Jahreszeit eine Decke bekommt.
Und vielleicht am wichtigsten ist es, dem Kalb gerade im Winter ausreichende Mengen an Milch anzubieten. Grundsatz ist, dass das Kalb so viel trinken kann, wie es will. Nur dann ist gewährleistet, dass der durch die Kälte deutlich erhöhte Energiebedarf gedeckt wird und Energiereserven für die Abwehr von Infektionserregern vorhanden sind. Praktisch läuft das so, dass dem Kalb morgens und abends warme Milch im Nuckeleimer hingehängt wird, und zwar mindestens 4 Liter pro Mahlzeit in der ersten Lebenswoche und mindestens 5 Liter pro Mahlzeit ab der zweiten Lebenswoche. Trinkt das Kalb die Milch nicht aus, ist das kein Problem. Auch im weiteren Tagesverlauf kann sich das Tier an der dann kalten Milch bedienen, ohne dass Verdauungsstörungen auftreten. Nur bei sehr starker Kälte empfiehlt es sich, die Eimer bereits nach einer Stunde wieder wegzunehmen. So sind es tatsächlich nur wenige Massnahmen, mit denen wir unseren Kälbern das (Über-)Leben in der kalten Jahreszeit wesentlich erleichtern können. Gesunde Tränker werden es danken.