In der Nutztierhaltung können durch den Einsatz von digitalen Technologien Arbeitsschritte teilweise oder vollständig automatisiert werden. Dies kann zu einer physischen Arbeitsentlastung sowie einer höheren Wirtschaftlichkeit führen. Darüber hinaus bieten viele digitale Systeme die Möglichkeit, beispielsweise die Futteraufnahme, das Gewicht oder die Aktivität der Tiere auf der Individual- oder Gruppenebene kontinuierlich zu überwachen. Diese Informationen können im Weiteren genutzt werden, um Veränderungen zeitnah zu registrieren und bei Problemen schnell zu handeln. Ein solch frühzeitiger Informationsgewinn kann sich positiv auf die Tiergesundheit sowie das Tierwohl auswirken.

Die verschiedenen Systeme

Für die Schweinehaltung gibt es, auf dem internationalen Markt, bereits eine Reihe von Systemen mit unterschiedlichen Funktionen. Im Folgenden werden einige dieser Systeme genauer vorgestellt, die neben der Automatisierung von Arbeitsschritten auch tierbezogene Daten generieren.

Porksense: Die Firma Nedap bietet z. B. sowohl für Mastschweine als auch für Sauen zur automatisierten Fütterung das spezielle System Porksense an. Dies wurde entwickelt, um die Fütterungseffizienz von Mastschweinen zu steigern. Mit Porksense wird jedes Schwein individuell gewogen und anhand des Gewichtes zu einem von zwei Fütterungsbereichen geleitet, der für das Schwein die optimale Fütterung bereithält. Zudem ermöglicht die tägliche Gewichtsüberwachung ein automatisches Separieren von Schweinen, die das Schlachtgewicht erreicht haben.

Sowsense: Für Sauen wird das System Sowsense angeboten. In diesem ist unter anderem eine elektronische Futterabrufstation integriert, mit welcher individuelle Fütterungspläne erstellt werden können. Kommt die Sau in die Futterstation, wird die Tür geschlossen, so dass die Futteraufnahme ungestört erfolgen kann. In der Futterstation wird jedes Tier anhand einer elektronischen Ohrmarke erkannt und die entsprechende Futterration ausgegeben. Die Sau kann die Futterstation vorwärts verlassen und gelangt abseits der Futterstation wieder in die Bucht, wodurch das Konkurrenzverhalten sowie die Aggressivität unter den Tieren reduziert wird.

Die Gewichtsbestimmung ist eine weitere Funktion von Sowsense. Beim Durchlaufen der Futterstation wird das Gewicht von jeder Sau automatisch und stressfrei erfasst.

Optifit: Einen anderen technischen Ansatz hat die Firma Hölscher + Leuschner gewählt. Sie brachten ein 3D-Kamera-basiertes System zur Erfassung des Gewichtes, das Optifit, auf den Markt. Das System verfügt ebenfalls über eine integrierte Futterstation, wodurch die Körperkondition der Sauen innerhalb ihrer normalen Tagesroutine bestimmt werden kann. 3D-Kamera-basierte Systeme zur Gewichtsbestimmung sind auch für Mastschweine verfügbar.

Eyegrow: Dieses System von Fancom soll das durchschnittliche Gewicht, die Gewichtszunahme sowie die Gewichtsgleichförmigkeit einer Gruppe mit einer Genauigkeit von über 97 Prozent ermitteln können. ­Zudem werden auch einige tragbare 3D-Kamerasysteme angeboten, dazu zählen z. B. Duo-Scan-Go von IMV, Wuggle One von Wuggle oder Pigwei von Ymagine. Obwohl eine manuelle Bedienung erforderlich ist, wird auch hier kein direkter Kontakt zum Tier benötigt.

Somo: Darüber hinaus gibt es Systeme, die direkt auf die Gesundheitsüberwachung abzielen. Da die Prävalenz von Atemwegserkrankungen in der Schweinehaltung hoch ist, hat die Firma Soundtalks ein tragbares System «Somo» zur Früherkennung von solchen Erkrankungen entwickelt. Somo besteht aus zwei Hardwarekomponenten, einem Mikrofon, das durch eine wasserabweisende Membran geschützt ist, sowie einem Atmungsstress-Monitor (Respiratory Distress Monitor, RDM). Mit dem Mikrofon wird das Auftreten von Husten aufgenommen, die Daten werden im Atmungsstressmonitor gespeichert und mit der bereits vorinstallierten Software analysiert. Zu Beginn wird ein Basalwert für das Auftreten von Husten berechnet und bei Abweichungen von diesem Normwert der Benutzer in kürzester Zeit durch einen Alarm benachrichtigt.

Smartguard: Eine andere Technologie, die an einem weiteren Problem in der Schweinehaltung ansetzt, ist der Smartguard von der Firma Swinetec. Mit diesem System sollen Erdrückungsverluste von Ferkeln verhindert ­werden. Dazu wird der Pigfit-Monitor zwischen zwei Abferkelbuchten aufgestellt und die Verhaltensdaten aus den Buchten werden aufgenommen. Zusätzlich wird ein kleiner Sensor, indem ein Mikrofon enthalten ist und mit dem die Laute in der Bucht registriert werden, an der Flanke der Sau befestigt. Anhand der Kombination von Audio- und Verhaltensdaten sollen Ferkel, die sich in Gefahr befinden, identifiziert und lokalisiert werden. Ist dies der Fall, wird eine Vibration am Sensor der Sau ausgelöst. Dieser soll die Sau zum Aufstehen bewegen und den Ferkeln die Möglichkeit geben sich in Sicherheit zu bringen. Falls die Sau keine Reaktion zeigt, wird zusätzlich ein elektrischer Impuls ausgelöst. Nach Angaben des Herstellers ist Smartguard ebenfalls im Stande, inaktive Sauen zu identifizieren, die möglicherweise aufgrund eines Problems besondere Aufmerksamkeit benötigen. Das System ist allerdings kommerziell noch nicht erhältlich.

Sich mit erfahrenen Landwirten austauschen

Die vorgestellten Technologien können wichtige Aufgaben wie die Fütterung oder die Gewichtserfassung teilweise oder vollständig automatisieren. Zusätzlich ermöglichen viele der genannten Systeme eine stressfreie Tierüberwachung oder bieten Entscheidungshilfen für Managementmassnahmen an. Demnach kann die Adaption solcher Technologien zu einer Arbeitsentlastung sowie zu einem erhöhten Tierwohl durch weniger Stress und ein frühzeitiges Erkennen von Problemen führen.

Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass Systeme für gewöhnlich unter bestimmten Rahmenbedingungen wie z. B. für bestimmten Haltungssysteme oder Tierrassen entwickelt wurden. Demnach kann die Funktionsfähigkeit der Systeme beeinträchtigt sein, wenn die Betriebs- von den Entwicklungsgegebenheiten abweichen. Von den Anbietern selbst wird häufig nur der Betriebszweig, für den sich das System eignet, angegeben. Zieht man es also in Erwägung ein solches System zu erwerben, ist es sinnvoll sich mit Landwirten auszutauschen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben. So kann man besser abschätzen, ob das System für den eigenen Betrieb einen Mehrwert bietet.