"Ich finde keine Argumente, die aus Konsumentensicht gegen eine Digitalisierung der Landwirtschaft sprechen. Bewusste Konsumenten sollten die Vorteile der Digitalisierung erkennen." Das sagte Babette Sigg Frank an der Internatio­nalen Strohballenarena vom 20. September an der Swiss Future Farm im thurgauischen Tänikon. Und so begründete die Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums kf ihre Aussage: "Punktgenauer Austrag und damit eine Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Schonung der Ressourcen. Keinen Einfluss auf Qualität und Geschmack von Nahrungsmitteln." Das alles seien Vorzüge, die für eine Digitalisierung sprechen.

Bis an die Grenze

Eingeladen zur Strohballenarena unter dem Titel "Landwirtschaft, Roboter und Konsumenten – Urproduktion digital gesteuert!?" hatten das BBZ Arenenberg, der Verein Integrierte Ländliche Entwicklung Bodensee sowie das Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft. Und mit der Swiss Future Farm hatten sich die Organisatoren dieser Arena für einen Ort entschieden, an dem die Digitalisierung gross geschrieben wird: Der weltweit tätige US-amerikanische Landmaschinenhersteller AGCO, die Schaffhauser GVS Agrar und das BBZ Arenenberg wollen auf dem Versuchsbetrieb in Tänikon die Grenzen und Möglichkeiten der Digitalisierung ausloten. Der Däne Jens Christian Jensen von der AGCO formulierte es so: "Wir gehen mit unseren Versuchen in Tänikon bis an die Grenze. Wir machen das, was sich der Bauer auf seinem Betrieb zu Hause nicht traut." Gerade in einer Situation, in welcher der Klimawandel zu immer extremeren Verhältnissen führe, sei die Suche nach extremen Antworten wichtig.

Dänemark gilt als europäisches Musterland in Sachen ­­Bio- und nachhaltige Landwirtschaft. Wie Co-Moderater Bernard Müller vom BBZ Arenenberg darlegte, verteuert der dänische Staat für Landwirte den Erwerb von Pflanzenschutzmitteln und setzt die so zusätzlich an den Staat gehenden Gelder für den Landschaftsschutz und die Forschung ein. Von Jens Christian Jensen wollte Müller deshalb wissen, wie sich das auf die landwirtschaftliche Praxis auswirke.

"Alle werden schlauer"

Diese Situation sei sehr fordernd, stellte der AGCO-Vertreter fest. Die Forschung laufe auf Höchsttouren. Fragestellungen seien etwa, wie tief eine Dosierung eines Pflanzenschutzmittels sein dürfe, um doch noch auf einen Ertrag von 90 Prozent zu kommen. Für die Landwirte seien Nachschulungen nötig. In Bereichen wie etwa kameragesteuerte Hackgeräte oder Robotik ­laufe enorm viel. Teure Pflanzenschutzmittel führten dazu, dass Forschung, Beratung und Technik zusammenspannten. "Alle werden schlauer", sagte Jensen.

Daniel Kressibucher von der Kressibucher Agro AG im thurgauischen Lanzenneunforn ist unter anderem für den Anbau aller Rohstoffe der Kressibucher Naturöl AG zuständig und führt zudem ein Lohnunternehmen. Wie er an der Strohballenarena darlegte, setzt er zunehmend auf die Digitalisierung. So sind etwa alle seine Fahrer mit einem Tablet unterwegs. Dies ermöglicht es ihnen, die Aufträge exakt nach den Vorgaben der Kunden abzuarbeiten. Das vereinfacht aber auch die lückenlose Dokumentation und Rückverfolgbarkeit der geleisteten Arbeiten. Darauf sind auch Kressibuchers Kunden angewiesen.

Weiter setzt Kressibucher etwa auf die Karten von Google Earth. Auf Basis der Luftbilder teilt er seine Grundstücke in Unterparzellen auf und entnimmt von diesen Bodenproben, die er nach der Kinsey-Methode analysieren lässt. Diese ermöglicht ihm in Kombination mit ­andern Mitteln der digitalen Landwirtschaft eine flächenspezifische Bodenbehandlung und Düngung.

Vom Pferd zum Roboter

Zu Beginn seiner Laufbahn habe er noch mit dem Pferd produziert, stellte ein Landwirt fest. Jetzt gehörten Melkroboter zum Alltag. Demnächst kämen weitere Technologien zum Einsatz. Ob das ein gewöhnlicher Landwirt finanziell noch stemmen könne, wollte der Landwirt wissen. Und ob die Konsumenten den Einsatz von Robotern und den Trend zu immer grösseren Betrieben schätzten?

Die in Tänikon eingesetzten Maschinen und Technologien seien für Schweizer Verhältnisse sehr teuer, stellte Christian Eggenberger vom BBZ Arenenberg fest. Gerade im Bereich des Pflanzenschutzes würden Maschinen und Techniken erprobt, die nur noch überbetrieblich einsetzbar seien. Da seien zunehmend Lohnunternehmen und Spezialisten gefragt.

Jens Christian Jensen hob ­hervor, der Landmaschinenhersteller AGCO wolle die digitalisierten und automatisierten Technologien weitertreiben. AGCO habe ein Interesse, die Automatisierung bei kleiner und günstiger werdenden Maschinen voranzutreiben. Im Verlauf der Diskussion wurde auch die Faszination angesprochen, die von modernen Landwirtschaftstechnologien ausgeht. So gehört etwa der Farm-Simulator zu den beliebtesten Computerspielen. Diese Faszination gelte es in Kombination mit der kleinräumigen Schweizer Landwirtschaft auszuspielen. Es gelte, die Leute auf die Höfe zu holen und sie an dieser Faszination teilhaben zu lassen.