Es war ein bisschen verkehrte Welt. Als jüngst das Jagdgesetz nach hochemotionalem Abstimmungskampf an der Urne knapp bachab ging, war das ein teuer erkaufter Triumph. Ähnlich wie in früheren Auseinandersetzungen war viel Geld im Spiel. Es waren aber nicht strammbürgerliche Wirtschaftsbosse, die mit Millionen um sich warfen, sondern die Umweltverbände, die ihre prall gefüllten Kassen plünderten. Gleichzeitig bedienten sie sich skrupellos einer Polemik, die auch vor falschen Behauptungen nicht zurückschreckte, im Gegenteil. Illegal waren die Mittel aber kaum. Diese Niederlage zu beklagen hilft deshalb wenig. In Sachen Wolf gilt es nun pragmatisch nach Lösungen zu suchen, hierbei ist namentlich das Nein-Lager tief in der Pflicht.
Jagdgesetz war nur ein Vorgeschmack
Noch wichtiger ist es nun aber, die Lehren im Hinblick auf die im Juni 2021 anstehenden Pflanzenschutz-Abstimmungen zu ziehen. Die Jagdgesetz-Aufwärmrunde war nur ein Vorgeschmack und hoffentlich ein Weckruf. Zwar würde ich nach wie vor meinen ganzen (bescheidenen) Weinkeller auf ein doppeltes Nein wetten, aber im Schlafwagen wird ein solches nicht zu erreichen sein. Faktoren, die dabei helfen, sind das Ständemehr und ein Souverän, der bisher stets sehr allergisch reagiert hat auf wahrscheinliche Preiserhöhungen und eine Verkleinerung des Angebots. Hilfreich ist auch, dass die Bio Suisse, beziehungsweise deren Vorstand, die Trinkwasser-Initiative nach etlichem Zaudern als trojanisches Pferd enttarnt hat. Was die Auswirkungen der Corona-Krise angeht, sind diese noch etwas unklar. Unter dem Strich dürfte sie der Landwirtschaft eher genützt haben, sie hat sich als verlässliche Versorgerin erwiesen. Die Einkaufstouristen waren dankbar, zuhause posten zu können und sind dem heimischen Schaffen zumindest teilweise auch nach der Grenz-Wiedereröffnung treu geblieben.
Weniger erfreulich ist, dass die gehässige Auseinandersetzung um Pflanzenschutzmittel nach kurzer Schonfrist wieder aufgeflammt ist. Interessanterweise braucht es dazu kaum mehr Intervention von Seiten der Initianten, die seit Monaten kaum je irgendwo gesichtet wurden, auch weil praktisch sämtliche Veranstaltungen abgesagt worden sind. Übernommen haben dafür die bereits erwähnten Umweltverbände. Diese haben sich von betulichen Rentnervereinigungen zu schlagkräftigen Lobbyorganisationen entwickelt, die ironischerweise dem Bauernverband und Anverwandten ihre Lobbytätigkeit vorwerfen. Das ist ihr gutes Recht, auch der teilweise unflätige Ton gehört heute leider dazu. Darüber zu lamentieren bringt wenig, wer nicht gern heiss hat, soll besser nicht in die Küche.
Bauerneigene Grossunternehmen in der Pflicht
Es steht also ein hitziger Abstimmungskampf bevor, möglicherweise temporär abgekühlt durch einen zweiten Lockdown, aber darauf sollte man sich besser nicht verlassen. Der SBV und seine Partner haben sich solide vorbereitet auf die Schlussgerade. Das Geld liegt parat, die Plakatsujets sind druckfertig. Leider ist es bis anhin noch nicht gelungen aus der Verteidigungshaltung rauszukommen, aber das ist erstens schwierig und zweitens nicht von den Verbandsspitzen im Alleingang zu bewerkstelligen. Nun braucht es viel kreatives Engagement von Seiten der Basis, diesmal dürfte sich anders als beim Jagdgesetz vom Tal-Ackerbauern bis zum Berg-Biotierproduzenten die ganze Branche betroffen fühlen.
Mit bäuerlichem Herzblut alleine werden diese Abstimmungen allerdings kaum zu gewinnen sein. Es müssen hier noch ein paar weitere Betroffene aus den Büschen kommen. So etwa die nachgelagerten Partner der Landwirtschaft in den Wertschöpfungsketten. Sie würden es sehr direkt zu spüren kriegen, wenn die verlässlichen Lieferanten und Lieferantinnen von heimischen Produkten durch ein Ja an der Urne Rückschläge erlitten. Ohne Schweizer Rohstoffe gibt es nurmehr wenig Gründe für eine Verarbeitungsstruktur im Inland, siehe Zucker. Von Verarbeitern und Detailhandel hat man in Sachen Pflanzenschutz-Initiativen aber bisher so gut wie nichts gehört. Hier sind unter anderem die bauerneigenen Grossunternehmen gefragt.
Diese verhalten sich in politischen Fragen öffentlich gerne so, als ob sie die ganze agrarpolitische Diskussion überhaupt nichts anginge. Auch von den beiden orangen Riesen darf man etwas mehr als das bisher Gezeigte erwarten. Statt die Bauern als Statisten in ihren Hausmagazinen für Marketing-Zwecke zu nutzen, wäre es nun an der Zeit, diesen bei diesem Hosenlupf kräftig unter die Arme zu greifen, und zwar nicht nur mit diskret überwiesenen Batzen an die Kampagne. Träfe neue Kampagnensujets: Im Abstimmungskampf gegen die Pflanzenschutz-Initiativen braucht es neben bäuerlichem Herzblut auch mehr Einsatz der Partner in der Wertschöpfungskette.