Markus Ritter, was ist Ihr Vorsatz fürs neue Jahr?
Dass wir alle auf unsere Gesundheit achten. Das wünsche ich meiner Familie, aber auch allen Schweizer Bauernfamilien. Ich glaube, das ist das Wichtigste. Vor allem in Pandemiezeiten.
Ich hätte eher zwei «Nein» am 13. Juni erwartet.
Nur wer gesund ist, hat überhaupt die Kraft, die Trinkwasserund Pestizidverbots-Initiative zu bekämpfen. Wenn man nicht gesund ist, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, hat man weder genügend Energie noch die Kraft, für das einzustehen, was wichtig ist.
Sprechen wir doch über die Pestizidverbots-Initiative. Sie verlangt im Wesentlichen eine Landwirtschaft ohne synthetische Pflanzenschutzmittel. Sie sind Biobauer, verzichten sowieso darauf. Hand aufs Herz: Sie haben auch Sympathien für diese Vorlage.
Die Initiative ist sicher sehr konsequent, das muss man sagen. Die Vorgaben der Pestizidverbots-Initiative gelten sowohl für Schweizer Produkte als auch für importierte. Die Frage ist, wie dies im Ausland kontrolliert werden könnte. Wir befürchten, dass die Pestizidverbots-Initiative nur in der Schweiz zu Lasten unserer Bauern durchgesetzt wird. Zudem würden Arbeitsplätze verloren gehen und die Preise für pflanzliche Lebensmittel würden um 30 bis 40 Prozent ansteigen.
In den letzten Jahren war die Landwirtschaft bei Volksabstimmungen immer wieder Thema. Hornkuh-Initiative, Fair-Food-Initiative, Jagdgesetz – um nur einige zu nennen. Jetzt wieder zwei Volksabstimmungen. Wieso diskutieren Schweizer so gerne über die Landwirtschaft?
Die 100000 Unterschriften für eine Initiative hat man heute ja schnell beieinander. Damit müssen wir leben. Kommt hinzu: Die Landwirtschaft ist interessant! Jeder und jede von uns versorgt sich mehrmals täglich mit Lebensmitteln. Sehr viele Menschen gehen aufs Land, sehen dort, was gemacht wird und haben eine Meinung dazu. Hat jemand ein Anliegen, kann er das mittels Initiative einbringen. Das ist unsere Demokratie. Jeder kann mitreden, was in vielen anderen Politikbereichen nicht der Fall ist.
Sie sagen, es ist spannend über die Landwirtschaft zu diskutieren, andere sagen: Die Landwirtschaft hat schlicht einen Image-Schaden.
Das stimmt nicht. Unser Rückhalt ist nach wie vor enorm. Das zeigen unsere Umfragen. 80% der Befragten sind bereit, für Schweizer Produkte mehr zu bezahlen. Unsere Lebensmittel sind gefragt wie noch nie! Klar gibt es ein paar Miesmacher. Die Umweltverbände zum Beispiel. Aber wir werden sowieso nie so sein, dass die Umweltverbände zufrieden sein können. Das passt gar nicht in ihr Weltbild. Sie brauchen immer irgendjemanden zum Kritisieren. So begründen sie ihre Daseinsberechtigung und können neue Spendengelder akquirieren. Auf den Applaus der Umweltverbände müssen wir nicht warten. Das wäre sinnlos.
Der Wahlkampf bei der Konzernverantwortungs-Initiatve war sehr aggressiv geführt. Bei den Pflanzenschutz-Initiativen sind Emotionen drin, es könnte noch dreckiger werden. Wie wollen Sie eine Schlammschlacht verhindern?
Was es hier etwas einfacher macht: Der bürgerliche Block aus SVP, FDP und der Mitte ist weitestgehend geschlossen gegen die Initiativen. Ausserdem gibt es auch Skepsis bei Linken und Grünen. Dass bei der Trinkwasser-Initiative selbst der Vorstand von Bio Suisse Nein sagt, gibt den Grünen zu denken. Auch unter den Sozialdemokraten gibts Leute, die sagen: 20–40 % höhere Lebensmittelpreise? Das können sich lange nicht alle leisten.
Die Initiativen hätten – falls angenommen – eine Übergangsfrist von acht, respektive zehn Jahren. Dann schriebe sich das Jahr 2030. Wie sieht die Landwirtschaft dann eigentlich aus?
Das ist immer Kaffeesatzlesen. Ich gehe davon aus, dass die Bedeutung von Regionalität und Saisonalität bei der Produktion von Lebensmitteln noch zunehmen wird. Es ist wichtig, Lebensmittel vor Ort produzieren zu können. Den Weg, den wir bezüglich Nachhaltigkeit gehen, dürfte sehr wichtig sein. Eine Schlüsselfrage wird sein, ob die kommende Generation auf unseren Betrieben auch in zehn Jahren wirtschaftliche Perspektiven in der Landwirtschaft sieht. Wir haben den schönsten Beruf, den es gibt. Wir müssen aber auch die Rechnungen bezahlen können. Ein vergleichbares Einkommen bei hoher Lebensqualität ist unser klares Ziel – heute und in zehn Jahren.