Chefredaktor Adrian Krebs bezeichnete die Pestizidproblematik in seiner Analyse vom 27. Juli als Luxusproblem. Sind sauberes Trinkwasser, Lebensmittel ohne Pestizidrückstände und intakte Natur also blosser Luxus? Müssen wir somit das Risiko negativer Auswirkungen von Pestiziden auf Mensch und Umwelt vermehrt in Kauf nehmen? Und das nur, damit alle weiterhin möglichst wenig für Lebensmittel bezahlen müssen und das Geld für anderweitigen Konsum einsetzen können? Soll die Landwirtschaft hierzulande also stillstehen und sich nicht verbessern dürfen?
Qualitativ möglichst hochwertige Lebensmittel
Aus Sicht der Kleinbauern-Vereinigung muss die Schweizer Landwirtschaft auf qualitativ möglichst hochwertige Lebensmittel und deren schonende Produktion setzen. Genau deshalb sehen wir in der Diskussion rund um die beiden Pflanzenschutz-Initiativen mehr Chance als Gefahr. Die Kleinbauern-Vereinigung unterstützt dabei konkret die nach wie vor in der Deutschschweiz noch weniger bekannte Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide. Die Initiative fordert ein Verbot von synthetischen Pestiziden und nimmt damit nicht nur die Landwirtschaft, sondern ebenso die öffentliche Hand sowie alle privaten Anwender in die Pflicht.
Ausserdem wird eine umweltschädigende Lebensmittelproduktion nicht einfach ins Ausland verlagert, sondern importierte Nahrung muss ebenfalls ohne diese Stoffe hergestellt werden. Die Initianten schaffen damit gleich lange Spiesse für die in- und ausländische Landwirtschaft, wodurch die Landwirtschaft weltweit ein Stück nachhaltiger wird. Aus Kleinbauern-Sicht geht die Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide damit den richtigen und konsequenten Weg.
Der Weg wird nicht einfach
Auch wenn die zahlreichen Biobäuerinnen und Biobauern schon heute zeigen, dass es ohne synthetische Pestizide geht: Es ist klar, dass der Weg zu einer komplett pestizidfreien Landwirtschaft nicht einfach wird. Die lange Übergangsfrist bietet jedoch die Chance, nun endlich einen Zahn zuzulegen und auch die Forschung in die Pflicht zu nehmen. Das Direktzahlungssystem erlaubt es ausserdem, eine nachhaltige Produktion und Pioniergeist zu fördern. Das muss in Zukunft auch noch stärker getan werden.
Alle sitzen wir im gleichen Boot, schrieb Adrian Krebs. Dieser Aussage stimmen wir zu, deshalb halten wir die aktuelle Diskussion für so wichtig. Nur wenn wir mit offenen Karten spielen, können wir auch die Konsumentinnen und Konsumenten gewinnen und uns deren breite Unterstützung sichern. Wenn eine möglichst grosse Anzahl Kundinnen und Kunden bereit ist, ökologischer hergestellte Produkte zu einem fairen Preis zu kaufen, dann können wir von einem echten Fortschritt sprechen. Der Einkauf während des Corona-Lockdowns macht diesbezüglich Hoffnung. Während dieser Wochen waren nämlich viel mehr Leute bereit, ökologisch hergestellte Produkte zu kaufen. Spannend dabei: Sie hatten aufgrund der besseren Deklaration im Detailhandel gegenüber der Auswärtsverpflegung die Wahl und zudem mehr Zeit.
Von Spaltung als Ziel keine Rede
Vom Ziel, mit der Positionierung zu den Initiativen eine Spaltung der Landwirtschaft bewirken zu wollen, kann deshalb keine Rede sein. Ansonsten müsste man das jeder Gruppe bzw. allen Landwirtinnen mit einer eigenen, differenzierten Meinung vorwerfen. Die Diskussionen zu den Pestiziden nicht zu führen oder keine persönliche Meinung vertreten zu dürfen, ist ebenfalls Gift für die Landwirtschaft und bringt diese keinen Schritt weiter.