Im internationalen Vergleich sind Lebensmittel in der Schweiz teuer. Das hat wenig mit der Landwirtschaft und viel mit dem Handel zu tun. Der Anteil der Landwirtschaft an der inländischen Wertschöpfung bei Nahrungsmitteln liegt nur zwischen 10 und 15 %, derjenige des Handels aber bei 50 %. Im internationalen Vergleich kommen die Schweizer Bauern damit speziell schlecht und der Handel speziell gut weg.
Detailhändler mit besonders hohen Bruttomargen
Der hohe Wertschöpfungsanteil des Handels liegt vor allem daran, dass dieser in der Schweiz höhere Bruttomargen (Differenz zwischen Umsatzerlösen und Waren- bzw. Materialeinsatz) erwirtschaftet als im Ausland. Gemäss Zahlen der Beratungsfirma Deekeling Arndt Advisors beträgt die Bruttomarge bei der Migros rund 40 Prozent und bei Coop rund 30 Prozent. Diese Werte liegen weit über dem internationalen Durchschnitt.
Diese hohen Margen lassen sich zum Teil damit erklären, dass vor allem die Migros nicht nur Händlerin, sondern auch Herstellerin von Lebensmitteln ist und die Lohnkosten hoch sind. Doch die überdurchschnittlichen Margen hängen auch mit der grossen Marktmacht der beiden Grossverteiler zusammen, die gemeinsam rund 70 Prozent des Umsatzes im Lebensmittelhandel ausmachen.
Bauern erhalten 30 % weniger für die Produkte als 1990
Diese Marktdominanz wirkt sich zuungunsten der Bauern aus, da vielen kleinen Anbietern (den Bauern) wenige grosse Nachfrager wie Migros und Coop gegenüberstehen, welche die Bedingungen diktieren können. Das heisst, die Bauern müssen die von den Nachfragern gesetzten, niedrigen Preise akzeptieren, ohne dass sie eine Ausweichmöglichkeit haben.
Dies hat dazu geführt, dass sie heute für ihre Produkte rund 30 % weniger bekommen als noch 1990, aber die Konsumenten andererseits höhere Preise bezahlen als 1990. Auf diese Weise hat sich die Wertschöpfung immer mehr weg vom Bauernhof hin in die Verarbeitung und vor allem in den Handel verschoben.
Ausweichen auf Bio- und Labelfleisch funktioniert kaum
Ausgeprägt ist der geringe Wertschöpfungsanteil der Landwirtschaft auch beim Fleisch. Von einem Franken, welchen der Konsument ausgibt, gehen gemäss Zahlen des Schweizer Tierschutzes (STS) zwischen 50 Rp. (Rind) und20 Rp. (Schwein) an den Bauern. Um die Wertschöpfung zu erhöhen, wird den Bauern deshalb häufig geraten, auf hochpreisige Fleischprodukte auszuweichen. Solche Produkte sind einerseits Labelfleisch, wo Tiere nach den Empfehlungen des STS gehalten werden, oder Biofleisch.
So kostet den Konsumenten ein Kilogramm Rindsplätzli konventionell zwischen 20 und 35 Franken, aber als Labelfleisch oder Biofleisch zwischen 50 und 60 Franken. Von dem höheren Preis sehen die Bauern aber kaum etwas. Sie erhalten für einen beträchtlichen Mehraufwand nur ein paar zusätzliche Franken. Auf diese Weise geht der Anteil der Bauern an der Wertschöpfung noch weiter zurück, während die Grossverteiler ihre Marge weiter erhöhen.
Marktmacht macht tiergerechte Produktion unrentabel
Das Fazit lautet somit: Eine tiergerechte bzw. biologische Produktion lohnt sich für die Bauern kaum. Die von den Konsumenten bezahlten höheren Preise erhöhen vor allem die Handelsmarge aber kaum das Einkommen in der Landwirtschaft. Die Marktmacht des Handels drückt auch bei Label- und Biofleisch voll durch.