Seit dem 27. Mai ist es klar: Versammlungen von bis zu 300 Personen sind wieder erlaubt. Damit kann der eine oder andere Verein seine Jahresversammlung, wenn auch mit etwas Verspätung, doch noch im «Präsenzmodus» durchführen. Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung in einem kleineren Rahmen, etwa auf einem Flurgang, sind wieder möglich. Und auch die Gast-geberinnern und Gastgeber eines 1.- August-Brunch können in die Startlöcher.
Für sie und alle anderen Organisatoren von Veranstaltungen bleibt da allerdings eine Hürde: Die Distanz- und die Hygieneregeln müssen eingehalten werden. Und die haben es in sich. Vor allem das Social Distancing: Nicht jedes «Säli» im Leuen oder Bären bietet genügend Platz, um unter Einhaltung des Zwei-Meter-Abstandes eine Versammlung von nur schon wenigen Dutzend Personen durchführen zu können.
Keine herkömmliche Feier
Die Obergrenze von 300 Personen kombiniert mit dem Social Distancing sind auch für die Landwirtschaftlichen Schulen eindeutig eine zu hohe Hürde. Die Abschlussfeiern können dieses Jahr definitiv nicht in der herkömmlichen Art und im grossen Stil gefeiert werden. Eltern, Freundinnen und Freunde, die Betriebsleiter der Ausbildungsbetriebe sowie die Hautpersonen, die jungen Berufsleute, für die die Feier jeweils ausgerichtet wird: Sie alle kommen dieses Jahr nicht auf ihre Rechnung. Kein gemeinsames Anstossen auf einen neuen Lebensabschnitt.
Bereits mit dem partiellen Lockdown von Mitte März zeichnete sich ab, dass es dieses Jahr wohl nichts sein würde mit den obligaten grossen Abschlussfeiern der landwirtschaftlichen Schulen kurz vor den Sommerferien. Keine Seiten mit Gruppenbildern des Berufnachwuchses in den landwirtschaftlichen Medien. Auch ein Jahr ohne den Satz «Nach der Prüfung ist vor der Prüfung». Dieser fällt in etwa an neun von zehn Abschlussfeiern, verbunden mit einem Werbespot für das Weiterbildungs- und Beratungsangebot der entsprechenden Schule. Die Aussage ist zwar nicht falsch. Aber bei den jungen Berufsleuten dürfte sie im Moment direkt nach bestandener Prüfung ziemlich wirkungslos verpuffen.
Eindrückliche Bilder am Rande
Neben Reden und diversen Sketches sind dem Schreibenden im Laufe der Jahre vor allem Bilder am Rande der Feiern hängen geblieben. Etwa jenes von zwei Ehepaaren vor dem Plantahof. Den Pappbecher mit Kaffee in der einen, das Gipfeli in der anderen Hand. Sie warten auf den feierlichen Einzug der jungen Landwirte und Bäuerinnen, deren Abschluss gefeiert werden soll. «So, ist euer Junior auch schon so weit?», lautet die rhetorische Frage. Gefolgt von einem Nicken als Antwort. Viel mehr gibt es da im Moment nicht zu sagen. Aber die Erleichterung steht beiden Ehepaaren ins Gesicht geschrieben. Offenbar zeichnen sich da Nachfolge-regelungen ab.
Oder dann jene Szene nach einer Abschlussfeier auf dem Parkplatz des LZSG Salez: Ein junger Landwirt mit Freundin und dessen Eltern machen sich auf den Heimweg. Die Eltern nehmen auf dem Hintersitz des Autos Platz, das junge Paar vorne. Auch da scheinen sich neue Rollenaufteilungen abzuzeichnen.
Da wäre etwa auch der junge, dunkelhäutige Mann, der in Effretikon in Begleitung seines Ausbildners den Bus zum Strickhof in Lindau nimmt. Dort wird ihm an der Schlussfeier das Diplom der EBA-Ausbildung überreicht. Der junge Mann mit offenbar anerkanntem Flüchtlingsstatus hat diesen Abschluss trotz seines sprachlichen Handicaps erreicht. Der Landwirt EFZ ist sein nächstes Ziel, wie er nach der Feier auf der Rückfahrt im Bus nach Effrektion verrät.
Wichtig für alle Beteiligten
Solche Bilder zeigen, wie wichtig diese Feiern für alle Beteiligten sind – auch wenn sich die Gefeierten, die jungen Berufsleute, jeweils extrem cool geben. Sie kreuzen zumeist in Alltags- oder Freizeitkleidung auf. Aber irgendwo wirken sie dennoch wie «putzt und gstrählt.» Das T-Shirt, so erscheint es zumindest dem Berichterstatter, kommt jeweils frisch aus der Wäschetrommel. Lediglich Junglandwirte aus dem Toggenburg und Appenzell stürzen sich für die Abschlussfeier in Salez in die Tracht. Sie geben jeweils auch ein «Zäuerli» zum besten. Sie tun dies freiwillig. Diese Verbundenheit zum Brauchtum ist allerdings eine regionale Spezialität. Allen jungen Berufsleuten gemein hingegen ist aber eines: Der heimliche Blick noch während der Feier in das Abschlusszeugnis, sobald sie dieses in Händen halten. Und die Freude und der Stolz oder auch die Enttäuschung, die die eine oder andere Note auslösen.
Auf viel verzichtet
Die Abschlussfeier ist ein Ritual, das an jeder Schule in einer etwas anderen Form gestaltet wird. Sie bedeutet auch ein Abschiednehmen nach einer gemeinsam verbrachten und intensiven Zeit der Ausbildung. Den letzten Teil ihrer Ausbildung hatte der diesjährige Berufsnachwuchs unter erschwerten Bedingungen zu absolvieren: im virtuellen Fernunterricht. Dies mag zwar eine wertvolle Erfahrung sein. «Skypen», «Zoomen» und eine Lern-App auf dem PC vermögen aber die persönlichen Kontakte in der Klasse und an der Schule nicht zu ersetzen.
Persönliche Kontakte im Rahmen einer grossen Abschlussfeier sind dieses Jahr unter den vom Coronavirus diktierten Bedingungen nicht möglich. Das ist aus epidemiologischer Sicht auch sinnvoll. Die Vorgaben für Feiern in einem kleineren Rahmen sind nun gesetzt. Eine Mini-Umfrage hat auch gezeigt, dass da nach passenden Möglichkeiten gesucht wurde und wird. Und das ist gut so. Die jungen Berufsleute haben das verdient.