Das Überqueren des Röstigrabens während der Lehre bietet die Möglichkeit, in einen anderen Kulturkreis einzutauchen. Xavier Pythoud hat es gewagt. Für sein erstes Lehrjahr als Landwirt hat es ihn in den Kanton Solothurn verschlagen.
Eigener Entscheid
Xavier Pythoud ist definitiv ein Bauernsohn. Wie wäre er wohl sonst auf die Idee gekommen, seine Heimat zu verlassen, um sich in einer abgelegenen Gegend niederzulassen? Knapp 16 Jahre alt, hat er sich – ohne den Einfluss der Eltern – entschieden, das Greyerzerland zu verlassen. Er absolviert nun in Beinwil SO die Lehre zum Landwirt. Seine Mutter bestand darauf, dass er den Unterricht auf Deutsch besucht. Ausserdem überprüfte sie, ob sein zukünftiger Chef, Daniel Schaub, auch wirklich nicht Französisch spricht. Denn wenn man sich selbst die Trennung aufzwingt, sollte sie sich lohnen.
Obwohl die Landschaft rund um Beinwil unterschiedliche Betriebszweige ermöglichen würde, hatte der Lehrling schnell sein Steckenpferd gefunden: die Kühe. Dieses Kriterium war nicht verhandelbar, als er auf der Suche nach einer Lehrstelle war. Er hat seit seiner Kindheit mit der Viehzucht zu tun. Sein Vater führt einen Milchviehbetrieb in Epagny FR. Xavier Pythoud plant, den Familienbetrieb zu übernehmen und die Milchproduktion fortzuführen.
Lieblingsarbeit Melken
Xavier Pythoud weiss, was er will. Er wird seine gesamte dreijährige Lehre in der Deutschschweiz absolvieren, den Eidgenössischen Fähigkeitsausweis sowie später den Meisterlandwirten zu erlangen versuchen. Dass er dies schaffen wird, daran gibt es keinen Zweifel. "Kein Problem mit diesem Jungen", bestätigt sein Chef.
Für Daniel und Karin Schaub ist Xavier Pythoud der sechste Jugendliche, den sie ausbilden. Sie lassen ihn die Initiative ergreifen und sich in alle Aufgaben einbringen. Seine Lieblingsarbeit? Melken, natürlich. Der Auszubildende ist einerseits in die Familie mit drei Teenagern integriert und andererseits selbständig. Wenn er am Wochen-ende nach Hause geht, wird ihm aber auch nicht langweilig. Einem lokalen Verein beitreten? "Es wäre kompliziert, der Hof ist sehr abgelegen", meint Pythoud. Und sein wichtigstes Hobby sind sowieso die Kühe.
"Zuerst sprachen wir nur Hochdeutsch. ‹Schwiizertüütsch› ist komplexer, aber jetzt verstehe ich es", meint Xavier Pythoud. In der Schule erhält er auf Wunsch die Theorie-Unterlagen auf Französisch. Die Prüfungen kann er in seiner Muttersprache beantworten. "Mein Vater bildet auch Lehrlinge aus. Ich habe ihn viel erklären hören. Dadurch verstehe ich die Materie ziemlich leicht." Sein zweites Lehrjahr wird er in Obergerlafingen SO absolvieren, wo er die Kultur der Deutschschweiz noch besser kennenlernen kann.