Bupe Chipili Mulapesi liebt Erdbeeren. Genüsslich rollt sie ihre grossen schwarzen Augen in Erwartung der süssen Früchte. Sie liebt das Geschäft rund um ihre 40'000 Erdbeerpflanzen, die Aufgabe mit ihren Mitarbeiterinnen und ganz besonders Herausforderungen.

Ihre Visionen kommen ihr im offenen Zelt, umgeben von Avocado- und Mangobäumen, in den Sinn. Regen trommelt auf das Dach, die Luft riecht nach feuchter Erde und tropischen Pflanzen. Die Chefin sitzt am Plastiktisch, in Jeans mit Löchern, ein rotes Kopftuch um die kurzen Haare; die Füsse in Gummistiefeln. «Hier sitze ich und träume von dem, was möglich ist.» Hier werden Visionen in Pläne umgesetzt. Hier werden Besucher empfangen und den Mitarbeiterinnen Anweisungen gegeben. Von hier aus übersieht Bupe Chipili ihr Erdbeerfeld und alles, was darauf geschieht. 

 

Bupes Tipp

«Ohne Leidenschaft gibt es keinen Erfolg. Risikobereitschaft gehört zu jeder Erfolgsgeschichte, auch eine gewisse Sturheit. Erfolg kommt nicht von ungefähr, besonders für uns Frauen. Ich wollte oft aufgeben, aber täglich komme ich in mein Freiluft-Büro. Ich sitze einfach da, mache mir eine klare Vorstellung, was ich unternehmen muss, um meine Vision zu verwirklichen. Dann mache ich mich an die Arbeit.»

 

Schwiegermutters Plan

Bupe Chipili, 39-jährig, hatte einen guten Job als Sozialarbeiterin. Sie und ihr Mann Mufawa Mulapesi, ein Banker, lebten in Lusaka, der Hauptstadt Sambias, in der Nähe von Einkaufshäusern, Kaffees und Kinos. Mufawa Mulapesis Mutter wollte, dass die zwei zu ihr auf die Farm zogen. Bupe Chipili war überhaupt nicht begeistert, aber der Umzug fand statt. Die Landwirtschaft interessierte sie überhaupt nicht.

Ihre Schwiegermutter hatte andere Pläne. «Wenn ich deine Kraft noch hätte, würde ich noch so vieles machen!», pflegte sie zu sagen. Die Schwiegertochter musste mitgehen beim Pflanzeneinkauf, und immer wurden noch ein paar Pflanzen für sie mit nach Hause genommen. Nach einem Jahr kündigte Bupe Chipili die Stelle und wurde Landwirtin. 

Wichtig waren der Bäuerin gesunde Produkte, biologisch ­produziert. Die ersten 20 Erdbeerpflanzen der Sorte Alina bestellte sie in Australien. Die Beeren waren so gut, dass sie mit der schwierigen Vermehrung begann. Der Erfolg begeisterte sie. «Wenn ich das kann, kann ich mehr», glaubte Bupe Chipili. Das blieb ihr Geschäftskonzept: «Fang klein an, mach das gut und vergrössere dich.» 

Die ganze Familie macht mit

Bupe Chipilis Mann war gar nicht begeistert, dass seine Frau ihren guten Job gegen ein risikoreiches Business tauschen wollte. Als sie ihn anfragte, ob er ihr das erste Bewässerungssystem finanzieren würde, zog er die Bremse: «Nein!» Bupe Chipili verkaufte kurzerhand ihr Auto. Vier Monate ging sie zu Fuss, bis Mufawa Mulapesi merkte, dass es gut gehen könnte mit den Erdbeeren. Heute ist er für die Finanzangelegenheiten zuständig und hilft beim Marketing. Die 20-jährige Tochter und der 16-jährige Sohn helfen nach der Schule und in den Ferien ebenfalls mit. 

Nun hiess es, sich Wissen anzueignen und Erfahrungen zu sammeln. Niemand in Sambia baute im grossen Stil Erdbeeren an. Das spornte Bupe Chipili umso mehr an. Sie durchforschte das Internet, befragte Produzentinnen von biologischem Gemüse oder Obst. Fehler wurden gemacht, und es wurde daraus gelernt. 

Mit dem Wachstum kamen neue Herausforderungen. «Arbeitnehmende gibt es mehr als genug, aber der Diebstahl ist ein grosses Problem», konstatiert die engagierte Landwirtin. «Heute habe ich ein gutes Team.» 

Arbeitgeberin für Frauen

Der Regen hat aufgehört, eine farbenfrohe Gruppe Frauen jätet die langen Beerenreihen von Hand, um sie herum spielende Kinder. «Ich stelle meistens Frauen ein, viele davon aus schwierigem sozialem Umfeld», erklärt Bupe Chipili. «Sie haben niemanden, der ihre Kinder hüten könnte. Hier können sie in Frieden arbeiten.» Ihre Sozialkompetenzen kommen ihr oft zu Hilfe. «Eine Frau wollte ihre Stelle kündigen. Ihr Mann habe sie geschlagen, weil sie mehr verdient als er. Ich habe ihr gesagt, sie solle bleiben. Wenn er sie wieder schlägt, darf sie hier wohnen. Sie verdient genug, um sich und die Kinder zu ernähren.»