Der sehr schön gelegene Hof Than bietet eine wunderbare Aussicht ins obere Amt Entlebuch und die gegenüberliegende Talseite. Es ist ein wolkenverhangener Tag und das ist gut so. Denn: «Bei schönem Wetter habe ich keine Zeit, da bin ich draussen am Mithelfen», erklärt die 76-jährige Käthi Hofstetter bestimmt. Beim Erzählen über ihre Tätigkeit der letzten drei Jahrzehnte, dem intensiven Beobachten von Wetter und Natur, ist ihre Leidenschaft dafür förmlich spürbar. In all den Jahren hat sie Wahrnehmung und Auge geschult und sich viele Kenntnisse angeeignet.

Mit der Natur verbunden

«Als ich vor über 30 Jahren angefragt wurde, ob ich Wetter- und phänologische Beobachtungen für das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie «Meteo Schweiz» machen würde, sagte ich spontan zu, denn für die Natur interessierte ich mich schon immer», erklärt die vife Seniorin. Ein Buch zum Bestimmen der Pflanzen und Listen zum Eintragen ihrer Beobachtungen dienten ihr als Starthilfe. Bäume und Sträucher wie Rosskastanie, Buche, Hasel, Vogelbeere, Sommer- wie Winterlinde, Roter und Schwarzer Holunder etwa, galt es zu beobachten. Genau notiert werden mussten die Entfaltung des Blattes, der Beginn der Blüte, die Vollblüte, Fruchtreife, Blattverfärbung und der Blattfall. Bei den Kulturpflanzen wie Kirsch-, Apfel- oder Birnbaum notierte sie den Blütenbeginn und die Blüte bei 50 Prozent. Ebenfalls aufgezeichnet wurden die Blüte und Weinlese der Weinrebe und der Beginn der Heuernte. Blütenzeitpunkte mussten bei Kräutern wie Huflattich, Löwenzahn, Wiesenschaumkraut, Margerite oder Herbstzeitlose vermerkt werden. Obstbäume und Kulturpflanzen beobachtete sie auf dem eigenen Betrieb, Waldbäume in der Nähe des Talbetriebes, da sich ihr Wald auf der Alp befindet.

Fein säuberlich hat Käthi Hofstetter ihre Beobachtungen stets sehr zuverlässig in ihre Listen notiert und diese halbjährlich an Meteo Schweiz gesendet, wo sie ausgewertet werden.

Zeitgenaue Messungen

Dreimal täglich galt es, das Wetter zu beobachten. Punkt halb acht Uhr morgens mussten die allfälligen Niederschläge im Regenmesser abgelesen und gemeinsam mit dem Witterungscharakter schriftlich in einer Tabelle festgehalten werden. Jahrelang hat sie ihre Beobachtungsbogen monatlich an Meteo Schweiz weitergeleitet, vor wenigen Jahren stellte sie aufs Natel um und meldete die Werte jeweils gleich. «Gewitter wurden separat mit der Anzahl Blitz und Donner, sowie Niederschlägen festgehalten», erklärt Käthi Hof­stetter. «Dabei war nicht massgeblich, was in der Region passierte, sondern bloss, was über dem Hof Than geschah. So galt ein Blitz mit begleitendem Donner innerhalb von zehn Sekunden als Gewitter. «Um einen Nebenerwerb zu generieren, hätte ich diese Arbeit nicht übernehmen müssen, denn als Lohn gab es bloss ein bescheidenes Trinkgeld», hält Käthi Hofstetter nüchtern fest.

Ablösung bringt Veränderung

«Dreissig Jahre sind genug», sagte sich die fröhliche Frau. Sie thematisierte das Anliegen einer Nachfolge in ihrer Familie und freute sich sehr, dass ihre Schwiegertochter Silvia Hofstetter-Kiser Interesse an einer Weiterführung der Aufzeichnungen zeigte. So erfolgte auf Anfang 2019 die Übergabe. «Auf dem Betrieb wurde eine automatische Wetterstation installiert. So muss ich Niederschläge und Wetter nicht mehr melden», ist Silvia Hofstetter froh.

Technische Neuerungen

Die 38-jährige Bäuerin ist dankbar, dass sie die Tabellen, die im Übrigen schon jahrelang gleich aussehen, heute am PC ausfüllen und direkt per Mail weiterleiten kann. «Ich habe dasselbe Buch wie meine Schwiegermutter vor dreissig Jahren bekommen, einfach in einer neueren Auflage», schmunzelt sie. Und auch sie leitet die Unterlagen halbjährlich weiter. Am Küchentisch wird klar, dass ihre Aufgabe Familiensache ist: Ihre beiden Kinder, der siebenjährige Janik und die sechs Jahre alte Nicole interessieren sich auch bereits für die Natur und reden interessiert mit. Auch Silvias Mann, der knapp 50-jährige Benedikt, unterstützt die Tätigkeit seiner Frau, auch wenn er bedauert: «Wegen dem Geld muss man es auch heute nicht machen.»

«Neu will das Bundesamt abklären, wie sich Sträucher und Bäume verändern. Deshalb werden sie ausgemessen und im Hinblick auf die Klimaveränderung wird der Gesundheitszustand abgeklärt. Dies wird von Mitarbeitern durch das Bohren eines kleinen Loches in den Stamm des Baumes oder Strauches ermittelt», weiss Silvia Hofstetter.