«Ich wünsch dir noch ein geiles Leben», tönt es aus der Tasche von Dominik Howald. Mit der linken Hand kramt er sein Smartphone hervor. Eigentlich wäre er Rechtshänder, doch vor vier Jahren hat ihn ein Arbeitsunfall mit einem Kartoffelroder den rechten Unterarm gekostet. Schreiben sei noch immer nicht ganz einfach für ihn. «Sabrina ist meine Formulare-Ausfüllerin», meint Howald lächelnd mit einem Blick voller Zuneigung zu seiner Partnerin. Denn zu schreiben gab es die letzten Monaten viel: Dominik Howald und Sabrina Gutknecht werden beide per 2023 je einen Hof übernehmen.

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Das Ziel bleibt gleich

Für die IV war der Fall klar: «Ich sollte mich umschulen lassen, z. B. zum Agrokaufmann», erinnert sich Dominik Howald. Aber der gelernte Landmaschinenmechaniker und Gemüsegärtner wollte so schnell wie möglich wieder in der Landwirtschaft arbeiten. Auch seinen Traum, den Pachtbetrieb seines Onkels in Murten FR zu übernehmen, stellte der heute 31-Jährige nicht in Frage. Dieses Ziel teilt er mit Sabrina Gutknecht. «Weil ich den Hof von meinen Eltern übernehme, war das aber einfacher», erklärt die Gemüsegärtnerin und Agrokauffrau. Da die Übernahme in Howalds Fall nicht in direkter verwandtschaftlicher Linie geschieht, habe das Ganze sicher das Doppelte an Zeit und das Fünffache an Nerven gekostet.

Erschwerend kam hinzu, dass ein Teil von Howalds zukünftigem Pachtland der Gemeinde gehört. Zuerst wollte man es ihm nicht überlassen. «Es ist wichtig, sachlich zu bleiben und nicht zu schimpfen», meint der Freiburger rückblickend. So liege er heute nicht im Streit mit den Behörden, habe am Ende das Gemeindeland zurückgewinnen können und ausserdem einige Amtsleute kennengelernt, die ihm in Zukunft helfen könnten. Auch die IV lenkte ein und bezahlte die Umrüstung eines Traktors.

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Bereits auf dem zukünftigen Betrieb eingearbeitet

Im Gegensatz zu ihrem Partner kauft Sabrina Gutknecht den Betrieb ihrer Eltern. Ihre Mutter sei bereits im Pensionsalter und ihr Vater 61 – 2023 habe als Jahr der Übernahme schon festgestanden. «Es gibt Leute, die mich für zu jung halten oder finden, ich sollte erst auswärts Erfahrungen sammeln», meint die 25-Jährige. Aber in den letzten Jahren habe sie sich als Angestellte auf dem Familienbetrieb einarbeiten können, was sie als Vorteil sieht: «So kann ich guten Gewissens sagen, dass ich das übernehmen kann.» Ausserdem habe es die vollständige Übergabe erleichtert, dass Gutknecht über die Zeit immer mehr Verantwortung schulterte und ihren Vater so entlastete. Ab 2023 wird er ihr Angestellter sein und sich weiterhin vorwiegend um Bodenbearbeitung, Düngung und Pflanzenschutz kümmern.

Das Wissen über das richtige Vorgehen bei ihren Hofübernahmen haben sich Gutknecht und Howald einerseits selbst angeeignet, andererseits liessen sie sich vom Landwirtschaftlichen Institut Grangeneuve sowie einer weiteren Fachperson beraten. «Ein Kollege sagte mir: Du musst zum ‹Bure› anfangs etwa 100 000 Franken zur Verfügung haben», erinnert sich Dominik Howald. Er habe jeden Monat Geld gespart, regelmässig in die 3. Säule einbezahlt, Überstunden geleistet und zusätzliche Aufträge genutzt, um sich dieses Polster zuzulegen. Denn er ist sich bewusst:

«Zuerst müssen wir investieren – in Saatgut, Dünger, Treibstoff –, der erste Lohn kommt mit den Direktzahlungen bzw. der Ernte.»

Bei Sabrina Gutknecht verhelfen Lager- und Wintergemüse zu einem konstanteren Einkommen, aber auch sie hat über ein Darlehen von ihren Eltern für genügend finanzielle Mittel in der Anfangszeit vorgesorgt. Dafür zahlen Ruth und Heinz Gutknecht ihrer Tochter keine Miete. Starthilfe hat Sabrina Gutknecht keine beantragt. «Sobald wir als Selbstständige gelten, könnten wir im Notfall die 3. Säule anzapfen», ergänzt Howald.

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Getrennte Buchhaltungen

Für das junge Paar war klar, sich nicht nur bei den Formalitäten zu unterstützen. «Wir haben verschiedene Formen der Zusammenarbeit geprüft, etwa eine Betriebsgemeinschaft oder die Gründung einer GmbH für den gemeinsamen Maschinenpark», erläutert Sabrina Gutknecht. Schlussendlich haben sie sich für eine getrennte Buchhaltung entschieden, das sei in ihrem Fall am einfachsten. Für die gemeinsame Benutzung der Maschinen soll eine Pauschale bezahlt werden. «Wir bewirtschaften ungefähr die gleiche Fläche, aber mit unterschiedlichen Kulturen», gibt Gutknecht zu bedenken. Man müsse nicht alles bis ins Detail abrechnen, findet sie.

«Wir haben einen Scheissstart erwischt», sagt Dominik Howald im Hinblick auf die massiv gestiegenen Preise für Produktionsmittel. Angesichts dieser Situation wollen die beiden künftigen Betriebsleitenden ihre Kosten möglichst tief halten und gleichzeitig das Maximale rausholen, um überhaupt noch etwas verdienen zu können. Howald plant, seinen Betrieb auf Bio umzustellen. «Im Ackerbau mit wenig Gerste geht das», meint der Gemüsegärtner, der Erfahrung auf Biobetrieben gesammelt hat. Die Produktion von Saatgetreide und -kartoffeln soll ein Standbein bleiben, denn beides sei in Bioqualität zusätzlich gesucht. Ausserdem verspricht sich Howald dank Bio bessere Preise und könnte sich in Murten einen Hofladen vorstellen, wie ihn Gutknechts erfolgreich in Ried bei Kerzers betreiben – «wenn es gut läuft und der Aufwand stimmt». Weiter bleibt er Landmaschinenmechaniker mit eigener Werkstatt und führt Lohnarbeiten aus.

Nicht die einzige Lösung

Im Winter widmet sich Dominik Howald den Maschinen, sein Unfall hat nichts an seiner Faszination dafür geändert. «Ich könnte in der Werkstatt wohnen», meint er grinsend, was seine Partnerin sofort bestätigt. Wenn er Hilfe brauche, sage er das, versichert Howald. Sabrina Gutknecht schätzt es, nicht nur den Papierkrieg zur Hofübernahme, sondern auch den Alltag mit ihm zu teilen. «Es ist von Vorteil, dass wir zusammen über das ‹Bure› reden können.»

Es macht sie optimistisch für die Zukunft, nicht alleine dazustehen. Zwar wollen es sich Gutknecht und Howald offenlassen, in 20 Jahren etwas anderes zu machen. Auch stimmen sie darin überein, dass die Hofübernahme für sei kein Müssen gewesen sei. «Hätte es für mich nicht gepasst, hätte es eine andere Lösung gegeben», ist Sabrina Gutknecht überzeugt. Einen Plan B haben die beiden aber nicht.

«Plan A muss funktionieren»,

meint Dominik Howald. «Sonst hat es noch 25 andere Buchstaben im Alphabet», ergänzt seine Partnerin.

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Betriebsspiegel Gutknechts
Ort Ried bei Kerzers FR
LN 23,5 ha
Kulturen Getreide, Zuckerrüben, Rüebli, Zwiebeln, Frühlingszwiebeln, Lauch, Wirz, verschiedene Gemüsesorten in kleinen Mengen für den Hofladen
Arbeitskräfte Sabrina, Heinz und Ruth Gutknecht, gelegentlich eine Aushilfe

Betriebsspiegel Dominik Howald
Ort Murten FR
LN 23,5 ha
Kulturen Saatgetreide, Mais, Saatkartoffeln, Futtersoja, Gemüse (Arten stehen noch nicht fest)
Arbeitskräfte Dominik Howald, evtl. Grossvater (Verpächter)