Rasch ins Geschäft gehen und ein paar Setzlinge kaufen, geht in diesem Frühling nicht. Pflanzen gelten nicht als Grundbedarf, obschon sie zu prächtigen Lebensmitteln heranwachsen können. Die Gärtnereien sind geschlossen. Setzlinge gibt es höchstens per Lieferdienst oder auf Bestellung zum Abholen, die Internetseiten der Geschäfte oder ein Telefonanruf helfen weiter. Samen sind unter diesen Umständen einfacher zu handhaben, möglicherweise findet sich auch noch etwas im eigenen Vorrat.
Setzlinge haben Vorsprung
Doch nicht nur im Jahr des Coronavirus gibt es gute Gründe für die Anzucht von Setzlingen. Wer Platz hat und bereit ist für eine mehrwöchige Betreuungsarbeit, bekommt dafür einige Vorteile geboten. Wie es geht, hat die Gartenfachfrau Silvia Meister am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg AG im Rahmen eines Gartenlehrgangs gezeigt.
Setzlinge werden unter geschützten Bedingungen angezogen und haben darum gegenüber der Direktsaat einen Vorsprung, zeitlich und auch im Hinblick auf Schnecken und andere Schädlinge. Die Keimung verläuft unter kontrollierten Bedingungen verlässlicher und es braucht weniger Samen. Schliesslich noch ein Argument für Gärtnerinnen, die ertragsorientierter sind oder wenig Platz haben: Eine Kultur besetzt das Gartenbeet weniger lang, wenn sie als Setzling vorgezogen wird. Gegenüber dem Kauf ist die eigene Anzucht kostengünstiger, die Auswahl an Sorten ist vielfältiger als bei Setzlingen. Die selber gezogenen Pflanzen können genau im richtigen Stadium ausgesetzt werden – im Laden muss man nehmen, was es gerade hat.
[IMG 2]
Die richtige Erde
Der gute Start der jungen Pflanzen fängt in tadelloser Erde an. Sie soll locker, sauber und frisch sein. Aussaaterde eignet sich für alle feinen und mittelgrossen Samen, denn sie enthält nur wenig Nährstoffe. Starkzehrer mit grossen Samen wie Kürbis und Zucchetti vertragen die stärker gedüngte Topferde.
Die Samen werden direkt in Multitopfplatten gesät. Diese brauchen zwar mehr Platz als Saatschalen, dafür entfällt das Pikieren und die Wurzelballen der Pflanzen werden beim Umsetzen nicht beschädigt. Viele Gärtnereien geben gebrauchte Aussaatgefässe gratis weiter. Sie müssen bei mehrmaliger Verwendung jeweils sauber gewaschen werden, um das Verschleppen von Pilzkrankheiten zu verhindern.
Aus der Hand aussäen funktioniert bei grossen Samen gut, aber je kleiner sie sind, desto schwieriger wird es. So geht es besser: die Samen in eine Schale zu geben und von dort auszusäen.
- Grosse Samen: Z. B. Zucchetti, Kürbis Melonen, kommen zu zweit oder zu dritt in einen Topf, werden etwa 1 cm mit Erde überdeckt und danach angegossen.
- Mittelgrosse Samen: Z. B. Fenchel, Kohlrabi, Blumenkohl, werden mit Erde fein übersiebt und danach angegossen.
- Sehr feine Samen: Z. B. Gewürzkräuter wie Bohnenkraut und Thymian, werden nach der Saat nicht mit Erde überdeckt und die Töpfe werden bereits vor der Saat angegossen, um die Samen nicht zu verschwemmen.
[IMG 3]
Nach der Aussaat
Nach der Aussaat werden die Töpfe mit Vlies, Zeitungen oder Glas zugedeckt, so trocknen sie weniger schnell aus. Danach ist eine tägliche Kontrolle nötig; anfangs empfiehlt sich sparsames Giessen. Die Erde darf weder zu nass sein noch austrocknen. Die Keimzeit der verschiedenen Pflanzen beträgt wenige Tage bis mehrere Wochen, die Angaben dazu gibt es auf den Samenpackungen. Sobald Keimlinge an der Oberfläche erscheinen, werden die Töpfchen kühler und hell gestellt und nicht mehr abgedeckt.
Ein aussichtsreicher Setzling hat einen kompakten Wuchs, sein Wurzelballen hält die Erde zusammen. Die Wurzeln sind weiss, das Laub ist grün. Die grünen Keimblätter sind noch sichtbar, die Pflanze hat drei bis vier echte Blätter. Jetzt ist es Zeit für das Auspflanzen auf dem Gartenbeet. Geschützt angezogene Setzlinge brauchen zuvor ein paar Tage Abhärtung: Sie kommen ins Freie, am besten an trüben, bedeckten Tagen. Bei direkter Sonneneinstrahlung und über Nacht werden sie mit Vlies geschützt. Nach einem milden Winter wie in diesem Jahr sind Spätfröste ein besonderes Risiko: Die Pflanzen sind weit entwickelt und werden durch die tiefen Temperaturen stark geschädigt. Silvia Meister rät: «Geduld haben, eine längere Schönwetterperiode abwarten, und wenn Frost angesagt ist, die Setzlinge mit Vlies schützen.»
Mit Vorkultur lässt sich übrigens auch die Blütezeit der Sommerblumen verlängern: Vorgezogene Blumen blühen früher als direkt gesäte – wer beides macht, kann sich über eine lange Blühsaison freuen.
Der richtige Moment zum Aussäen
Die geschützte Setzlingsanzucht erfolgt ab Ende Februar bis April in einem Raum mit Temperaturen zwischen 18° und 20°C. Ist er zu dunkel, helfen LED-Tageslichtlampen. Momentan können Tomaten, Artischocken, Krautstiel, früher Kabis, Wirz, Blumenkohl, Brokkoli, Salate, Kohlrabi, Fenchel, Peterli, Dill und Kerbelkraut ausgesät werden. Im April ist es Zeit für Gurken, Kürbis, Zucchetti, Melonen, Basilikum und spätere Tomaten.
Im April beginnt die Zeit für die Aussaat von Sommerblumen. Zu den unempfindlichen Blumen gehören Sonnenblumen, Kornblumen, Bechermalven, Jungfer im Grünen und Sommerchrysanthemen. Sie können ab April im Freiland ausgesät oder angezogen werden, brauchen anfangs aber noch ein Vlies. Empfindlichere Blumen wie Fleissiges Lieschen, Löwenmaul, Sommerastern und Lobelien brauchen einen frostfreien Standort.
Ab Mitte Mai können schliesslich alle Blumen im Freiland ausgesät werden,
ob zur Anzucht von Setzlingen oder als Direktsaat.