Die Nachfrage nach Holz ist im Schweizer Bausektor markant gestiegen. Aber davon profitiert die Schweizer Waldwirtschaft kaum, obwohl im Wald genug Holz zur Verfügung stünde. Was läuft hier falsch? Ruedi Gerber, Präsident von Wald Luzern, traf sich kürzlich mit Walter Andermatt, Präsident von Wald Zug, und Ruedi Bachmann von der Korporation Zug. Sie suchten Antworten und Lösungen.
Wald und Holz komplex
«Eigentlich wäre die Ausgangslage so ideal wie schon sehr lange nicht mehr», meinte Ruedi Gerber. Vor allem in der Baubranche steige die Nachfrage nach Holz seit Jahren markant. «Es braucht jetzt mehr Zug in der gesamten Holzkette und Lieferbereitschaft.»
Allerdings bedeute eine erhöhte Nachfrage nicht, dass mehr einheimisches Holz verlangt wird. Es bedeute auch nicht, dass Schweizer Waldbesitzer nun einfach ihre Produktion hochfahren können. Landwirt Gerber aus Wiggen ist auch Forstunternehmer mit 40 Hektaren eigenem Wald.
Die Situation in der Holzkette sei komplex. Ein gefällter Baum ergebe im Durchschnitt je einen Drittel erstklassiges Bauholz, mittelklassiges Bauholz und Brennholz. Wenn der boomende Baumarkt mit erstklassigem Bauholz bedient werden soll, brauche es auch Absatzkanäle für die andern zwei Drittel, erklärte Gerber. Und der Wald sei nicht homogen. In manchen Gebieten wie dem Entlebuch beträgt der Anteil Nadelbäume im Baumbestand bis zu 80 Prozent, was eine andere Bewirtschaftung erfordere als Wald mit 70 Prozent Laubbäumen. Und auch die Bewirtschaftung ist sehr unterschiedlich: Je nach Lage mit dem Vollernter, andernorts gehe es nur mit dem Helikopter.
«Ausländisches Holz ist leider fast immer billiger als Schweizer Holz.»
Ruedi Bachmann von der Korporation Zug weist auf die schwierige Marktlage hin, trotz Tiefstpreisen für Schweizer Rundholz.
Flexiblere Sägereien
Gerber erwähnte auch den subventionierten Schutzwald und anderseits den Wirtschaftswald, welcher mit wenig Stützung dem Markt ausgesetzt sei. «Das verzerrt den ganzen Rest der Holzkette.»
Walter Andermatt von Wald Zug wies auf die Situation bei den Sägereien hin. «Mit Sägen alleine lässt sich kaum Geld verdienen.» Viele Sägereien würden deshalb bei den Waldbesitzern die Einkaufspreise drücken und gesägtes Holz selber weiterverarbeiten. Beispielsweise Bretter zu Bauelementen verleimen. Das Risiko bestehe, dass viele Sägereien ihren Betrieb so streng und präzise auf ihre innerbetrieblichen Prozesse abstimmen, dass sie irgendwann nicht mehr flexibel genug seien, auf einen sich verändernden Markt zu reagieren.
«Die Ausgangslage wäre eigentlich so gut wie schon lange nicht mehr.»
Ruedi Gerber von Wald Luzern bedauert, dass die gute Nachfrage für Bauholz nicht zu besseren Preisen für Schweizer Holz führt.
Hohes Holzbauwissen
Positiv sei, wie sich das Wissen für Bauen mit Holz entwickelt habe. «In der Schweiz sind die Holzingenieure und Zimmerleute in den letzten Jahren richtig gut geworden», meinte Andermatt. Beim Bauen mit Holz sei allerdings auch die Logistik gefordert, das brauche grosse Flexibilität seitens Lieferanten. «Bauherren wollen alles sofort und günstig.»
Import macht Sorgen
Import sei das grosse Damoklesschwert über der Holzkette, bemerkte Ruedi Bachmann, Leiter Forst bei der Korporation Zug, welche 1000 Hektaren Wald bewirtschaftet. «Ausländisches Holz ist leider zurzeit in praktisch jedem Fall billiger als Schweizer Holz.» Der Holzmarkt sei ein globales Geschäft. Sägereien, die die Schweiz beliefern, liefern auch nach Amerika oder China. Zwar exportiert die Schweiz Rundholz, also ganze Baumstämme, in den fernen Osten. Aber umgekehrt wird ein grosser Teil des Holzes, das in der Schweiz verbaut wird, aus Deutschland und Österreich importiert. Walter Andermatt ergänzte, dass teils spezielles Holz oder spezialisierte Holzprodukte, die auf dem Markt gefragt sind, von Schweizer Produzenten oft gar nicht erhältlich seien.
«Mit Sägen allein lässt sich kaum mehr Geld verdienen.»
Walter Andermatt von Wald Zug erklärt, dass deshalb immer mehr Sägereien diversifizieren und Holz weiterverarbeiten.
Regionale Lösungen
Was also tun? Den Endkonsumenten empfehlen, aus lauter Heimatliebe einheimisches Holz zu kaufen, reicht nicht. Da waren sich alle drei Gesprächsteilnehmer einig. «Aber wir müssen so lange Marktanteile zurückgewinnen, bis wir unsere Wälder wieder verlustfrei bewirtschaften können», sagte Ruedi Bachmann. «Die ganze Schweizer Holzkette kann ihr Potenzial nicht ausschöpfen.» Darum müssten sich alle Glieder dieser Kette engagieren und mehr zusammenarbeiten.
Schweizer Holz verlangen
Ziel seien faire Rohstoffpreise für Schweizer Holz. Damit könne der Schweizer Wald, der Naturschutz und die Biodiversität gefördert werden. Ruedi Bachmann appellierte abschliessend an die Konsumentinnen und Konsumenten: «Mit Holz aus der Ukraine kann der Schweizer Wald die Umweltleistungen nicht erbringen. Wer Schweizer Wald will, muss Schweizer Holz brauchen.»
Zahlen und Fakten zum Holz
In der Schweiz wurden 2019 rund 4,6 Mio m3 Holz geerntet. 48 Prozent sind Bauholz, 42 Prozent Energieholz,10 Prozent Industrieholz.
Weniger Sägereien
60 bis 70 Prozent des in der Schweiz verbauten Holzes werden importiert. Sowohl die Anzahl Sägereien als auch die Menge des von ihnen eingeschnittenen Rundholzes sind in den letzten Jahren kontinuierlich und markant gesunken. 1991 waren es 958 Sägereien, die zusammen 2,6 Millionen Kubikmeter Rundholz eingeschnitten haben. 2017 waren es noch 347 Sägereien und 1,8 Millionen Kubikmeter Rundholz. Insgesamt haben also die Sektoren Wald und Holzindustrie an Substanz verloren.
Mehr Wald
Gleichzeitig wächst die Gesamtfläche Wald in der Schweiz, vor allem in den Alpen. Die Preise für Rundholz waren 1960 höher als heute, obwohl die Teuerung um 300 % stieg und sich die Reallöhne seither verdreifachten. Die aktuellen Preise verharren auf tiefem Niveau. Das trifft vor allem die Waldbesitzer und die Forstbetriebe.