Nicht nur im Appenzellerland, auch im bündnerischen Albulatal und im Oberengadin hat der Sturm unzählige Bäumen gefällt. Allein in Appenzell Ausserrhoden hat «Vaia» für 25 000 Kubikmeter Sturmholz gesorgt. Das entspricht in etwa der Hälfte der jährlichen Holzernte. In der Hauptschneise, die der Sturm ins Ausserrhoder Hinterland geschnitten hat, ist Sturmholz im Umfang einer Ausserrhoder Jahresernte angefallen.
Glück im Unglück
«Wir hatten Glück im Unglück. Der Sturm wütete zu Beginn der Holzereisaison. So konnten geplante ordentliche Holzschläge zurückgestellt werden und der Fokus auf die Bewältigung des Sturmholzes gelegt werden.» Das konstatierte Beat Fritsche an einer Medienorientierung vom Mittwoch. An dieser zog der Stellevertretende Ausserrhoder Oberförster zusammen mit Stefan Holenstein und Alexander Plaschy, den Revierförstern von Hundwil/Stein und Urnäsch eine erste Bilanz zur Bewältigung der Sturmschäden. Wie die drei berichteten, sind gut sieben Monate nach dem Sturm rund 80 Prozent der Sturmholzmenge aufgerüstet, aus dem Wald entfernt und als Nutz- oder Brennholz verkauft worden. Die restlichen 20 Prozent der vom Sturm gefällten Bäume bleiben im Bestand liegen.
Das Ziel bei der Bewältigung der Sturmschäden habe darin bestanden, für jede Fläche in der Sturmschneise die richtige Behandlung zu finden, sagte Fritsche. Nach welchen Kriterien dabei vorgegangen wurden, legten die Referenten an drei Beispielen dar. Ein grosses Augenmerk wurde dabei auf die Gefahr einer Vermehrung des Borkenkäfers gelegt. Aber auch die Entwicklung des künftigen Waldes, Kosten und die Arbeitssicherheit waren wichtige Entscheidungsgrundlagen.
Vollständige Räumung
Föhnstürme sind im Ausserrhoder Hinterland keine Seltenheit. Ein solcher hat im Schluchtwald in Stein bereits vor hundert Jahren zu enormen Schäden geführt. Anschliessend wurde der Wald vor allem mit Fichten wieder aufgeforstet. Um nach dem trockenen Sommer 2018 und nach Sturm Vaia eine Massenvermehrung des Borkenkäfers in den vom Sturm gefällten Fichtenbeständen zu verhindern, musste das Fallholz vollständig aus dem Wald geräumt werden. Zehn von zwölf betroffenen Waldbesitzern stimmten einer gemeinsamen Räumung zu. Zudem eignete sich das Gelände von der Topographie her für den Einsatz moderner Erntetechnologie. Zur Bewältigung der Sturmschäden arbeiteten die öffentlichen Forstbetriebe auf einem Grossteil des Areals mit spezialisierten Unternehmen. Für die Räumungsarbeiten im Schluchtwald wurden Forwarder und Vollernter eingesetzt. Dadurch konnten die Erntekosten tief gehalten werden. Aber auch die Gefahr von Unfällen wurde reduziert. Bei der Wiederaufforstung dieser Parzelle wurde Wert auf eine Erhöhung der Biodiversität gelegt: Es soll ein wenig für Krankheiten anfälliger, vielfältiger Mischwald nachwachsen. Mit Blick auf den zu erwartenden Klimawandel wurden neben Birke, Erle, Kastanie Arten wie Lärche, Föhre, Tannen, Douglasie, Eiche und Kirsche gepflanzt.
Teilräumung
Im Nordwald auf Gemeindegebeit von Hundwil und Stein wurden lediglich die gut zugänglichen Gebiete geräumt. In einem unzugänglichem und schwierig zu erschliessendem Steilhang wurde gänzlich auf eine Räumung verzichtet. Besitzer und Eigentümer eigneten sich darauf, dass das Sturmholz im Bestand liegen bleibt.
Dieses Vorgehen war möglich, weil in diesem Grundstück der Anteil an Fichten tief ist. Damit ist das Risiko einer Massenvermehrung des Borkenkäfers tief. Auch besteht keine Gefahr, die von durch Fallholz gestauten Gewässer ausgeht. Zudem hätte zur Räumung des Steilhangs ein Helikopter eingesetzt werden müssen. Das hätte grosse Kosten verursacht und das Risiko von Arbeitsunfällen erhöht. Ausserdem wurde der Baumbestand auf diesem Areal vor einigen Jahren gelichtet. Das erhöht die Chancen für das Nachwachsen junger Bäumen.
Bund und Kantone springen ein
Wieder anders war das Vorgehen im ebenfalls nur schwer zugänglichen Höggwald Süd in Hundwil. Wegen des hohen Fichtenbestandes bestand auf diesem Areal die Gefahr einer Massenvermehrung des Borkenkäfers. Deshalb entschieden sich die Verantwortlichen dafür, das Areal vom Fallholz zu räumen. Um dieses Ziel zu erreichen, musste ein Seilkran in Kombination mit einer Seilbahn eingesetzt werden. Die Kosten einer solch aufwendigen Räumung ist über den Holzverkauf nicht zu finanzieren. We Beat Fritsche erläuterte, übernehmen Bund und Kanton in solchen Fällen eine Defizitgarantie.