China und die USA kaufen mit horrenden Preisen die grossen deutschen und österreichischen Sägereien leer. Deshalb wird der Schweizer Holzmarkt nur noch spärlich bedient. Die Waldbesitzer können von dieser Situation allerdings nicht profitieren. Neun Vertreter der Wertschöpfungskette Wald und Holz aus dem Vorstand von Lignum Ost trafen sich deshalb kürzlich in einer Waldhütte beim thurgauischen Warth und diskutierten die angespannte Lage auf dem internationalen Holzmarkt.
Lange Lieferzeiten
Wegen der grossen Nachfrage aus China und den USA nach europäischem Holz liefern vor allem die grossen Sägereien in Deutschland und Österreich massenhaft Holz in den Export. Der kleine Schweizer Markt wird hingegen stark vernachlässigt. Gleichzeitig liegt das Bauen mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz voll im Trend. Angebot und Nachfrage führten zu einer Preissteigerung von rund 35 Prozent. Bauholz ist so wertvoll wie schon lange nicht mehr. Der Holzmarkt ist leergekauft und Lieferzeiten von einem halben Jahr sind keine Seltenheit.
Simon Biegger, der Geschäftsführer von Lignum Ost, wirft den grossen ausländischen Holzindustriebetrieben mangelnde Solidarität gegenüber ihren bisherigen Kunden vor. «Für neue Anlagen bezog man EU-Fördergelder und jetzt verdient man sich in den USA ein goldenes Näschen.»
Die Grossen werden grösser
Laut dem Bundesverband der Deutschen Holz- und Sägeindustrie wurden im letzten Jahr rund 20 Millionen Kubikmeter Schnitt- und Rundholz nach China und in die USA exportiert, was eine Zunahme gegenüber 2019 von rund 80 Prozent bedeutet. China verschifft mittlerweile Container mit ungeschnittenem Rundholz. Nachdem die USA 2018 Anti-Dumping und Ausgleichszölle auf kanadische Schnittholzimporte erhob, wurde das Holz aus Europa zum braunen Gold. David Brühwiler, der Vertreter der Holzindustrie im Ostschweizer Regionalverband, bemerkte, dass das Problem schon vor zehn Jahren begann. Damals hörten kleine Sägereien im Schwarzwald auf und die Grossen wurden immer grösser. In Deutschland wird der Markt von rund 50 grossen Sägereien bestimmt. Marcel Wüthrich vom Verband der Thurgauer Schreiner bemerkte, dass während der Corona-Pandemie das Produktionspersonal in Kurzarbeit geschickt und das Holz exportiert wird. «Was die grossen deutschen Sägewerke veranstalten, das ist ganz schlecht», sagt auch David Brühwiler, der ihnen eine kompromisslose Gewinnmaximierung vorwirft.
Die Schweiz importiert rund 50 Prozent des benötigten Holzes. Die Schweizer Sägereien sind am Anschlag und können die aus dem Ausland fehlende Menge kaum bereitstellen. Die drei grossen Schweizer Sägereien haben die Preise bereits erhöht, andere werden nach-ziehen. «Der Lokalmarkt funktioniert noch, doch gewisse Produkte können in der Schweiz nicht produziert werden. Sie kommen aus dem Ausland», sagte Lignum-Ost-Präsident Paul Koch. Das betrifft in erster Linie die Herstellung von Holzplatten. Diese werden vor allem aus dem Ausland bezogen. In der Schweiz gibt es zwar Rohmaterial im Überfluss, aber nur wenige Plattenfabriken. Besonders betroffen von dieser Situation sind holzverarbeitende Betriebe wie Zimmereien, Schreiner oder Fensterbauer. Diese offerierten für Projekte mit Schweizer Holz zu Fixpreisen – und müssen jetzt für das Material teilweise den doppelten Preis bezahlen.
Preise sind im Keller
Von der Preissteigerung profitieren die Waldbesitzer allerdings am wenigsten. Paul Koch, der das Forstrevier Thurforst leitet, erntet durchschnittlich 5500 Kubikmeter Holz im Jahr. Von 2017 bis 2019 waren es jeweils knapp 10 000 Kubimeter und im letzten Jahr etwa 14 000 Kubikmeter. Dabei handelte es sich bei 3000 Kubikmeter um Sturmholz, der Rest war Käferholz. Vor vier Jahren bekam der Förster für Käferholz 70 Franken pro Kubikmeter. Nachdem das Schadholz den Markt überschwemmte, sind die Preise in den Keller gefallen. In der Region wurden grosse Mengen zu Dumpingpreisen von 30 Franken pro Kubikmeter nach China exportiert. Koch bemerkte, dass die Erntekosten für einen Kubikmeter Holz bei 40 bis 45 Franken liegen. Aus Solidarität zu den käfergeschädigten Waldbesitzern wurde der Einschlag von Frischholz reduziert. Die kurzfristigen Preiserhöhungen lagen bei den Holzproduzenten bei fünf bis zehn Franken pro Kubikmeter. Damit konnte aber noch kein Gewinn erwirtschaftet werden. «Die Situation im Wald hat sich nicht sehr ver-ändert, das Holz ist noch zu billig», sagte Koch. Von der Holzpreiserhöhung profitieren insbesondere Holzhändler und Sägereibesitzer.
Beton statt Holz?
Roman Vollenweider, der Präsident der Thurgauer Sektion Holzbau Schweiz, berichtete von einem Grossprojekt, bei dem es zu Bauverzögerungen kam, weil eine Holzdecke eine Lieferfrist von 25 Wochen hat. Mittlerweile werde überlegt, ob die Decke betoniert werden sollte. Laut Vollenweider ist eine Holzdecke etwa sieben bis acht Prozent teurer als eine aus Beton, dieser Mehrpreis ist wegen der ökologischen und klimatischen Vor-teile durchaus vertretbar. Ein Mehrpreis von 25 Prozent werde von den Bauherren aber nicht akzeptiert. Auch Rolf Auer von der Fensterinform GmbH in Siegerhausen ist von der aktuellen Situation stark betroffen. Viele Fensterkanten aus dem Ausland werden nicht geliefert. Dem Holzbau kommt wenigstens zugute, dass andere Baustoffe wie Betonstahl, Gips, Dämmmaterialien und verschiedene Kunststoffe ebenfalls nur noch zu höheren Preisen lieferbar sind.
Simon Biegger, der Geschäftsführer von Lignum Ost, sieht in der aktuellen Situation allerdings auch eine Chance für kleine und mittelständige Schweizer Sägereien, die mit der regionalen Wirtschaft verwurzelt sind und ihre Betriebe modernisieren und die Kapazitäten erhöhen.