Das Gefüge der Herkunftsbezeichnungen beim Schweizer Wein kommt in der Ostschweiz langsam ins Wanken. Der eigentlich verpönte Begriff «Landwein» macht plötzlich als «Vin du Pays Suisse» oder «VdP» Furore. Immer mehr Deutschschweizer Weingüter und Kellereien setzen bei ihren teilweise sehr erfolgreich vermarkteten Weinen nicht mehr auf die kontrollierte Herkunftsbezeichnung, sondern auf Marken.

Marken statt Herkunft

Dadurch verlieren die kontrollierten, regionalen Herkunftsbezeichnungen an Bedeutung. Sie werden durch Marken ersetzt, welche im Markt sehr gut ankommen. Entsprechend deklarierte Weine spielen in der höchsten Liga an der Spitze mit und gewinnen auch Preise.

Grundsätzlich dominieren in der Deutschschweiz die kontrollierten Ursprungsbezeichnungen (KUB), besser bekannt als Appellation d‘Origine Contrôllée (AOC), mit eher tief angesetzten Flächenerträgen auf den kantonalen Rebbaugebieten oder in kleineren Regionen wie etwa: Die AOC Zürichsee, die AOC Bielersee oder die AOC Thunersee.

Heftige Diskussionen

Die nächst tiefere Qualitätseinstufung – der Landwein oder Vin du Pays Suisse – geniesst beim Ertrag eine deutlich höhere Freiheit. Er muss im Gegenzug allerdings auf eine Herkunftsbezeichnung verzichten. Zugleich können für Landwein Trauben und Wein aus der ganzen Schweiz zugekauft und unter der entsprechenden Deklaration als Landwein vermarktet werden.

Während die Verschärfung der Ertragslimiten für AOC-Weine in diesem Sommer für heftige Diskussionen sorgte, gab es für jene Weingüter und Kellereien, welche auf Landwein setzen und setzten bei den Ertragslimiten keinerlei Einschränkungen. Diese Weingüter setzen einfach auf eine klare Sortenbezeichnung oder Weinart. Sie verwenden allenfalls in Ergänzung auch eine Fantasiebezeichnung.

Die Qualität stimmt

Aufgrund von Umfragen wird immer wieder festgestellt, dass die Regionalität in Verbindung mit der kontrollierten Ursprungsbezeichnung bei den Konsumenten im Trend liegt. Die Auswertung der aus der Deutschschweiz am Grand Prix du Vin Suisse eingereichten Weine zeigt, dass Landweine qualitativ nicht schlechter sind als AOC-Weine. Von 57 Goldmedaillen sind sieben (12,9 Prozent) an Landweine verliehen worden. Und von den 130 Silbermedaillen gingen zwölf (9,2 Prozent) an Landweine. Dieser Trend zeigt sich am deutlichsten im Kanton Zürich: 49 Weine von Zürcher Weingütern und Weinkellereien sind ausgezeichnet worden. 14 dieser ausgezeichneten Weine (28,6 Prozent) sind als Landwein deklariert. Beim Gold liegt der Anteil gar bei 31,6 Prozent, beim Silber bei 26,7 Prozent.

In den Kantonen Graubünden, St. Gallen und Schaffhausen sind unter den Medaillengewinnern keine Landweine zu finden. Auch in der Westschweiz setzen die beiden grossen Weinbaukantone Wallis und Waadt auf Regionalität. Insbesondere im Wallis sind die AOC-Regeln in Verbindung mit vielen traditionellen Sorten derart streng, dass man im nationalen Weinmarkt darauf nicht verzichten kann. So sind aus der Waadt nur sieben und aus dem Wallis nur fünf Weine mit der Herkunftsbezeichnung Landwein ausgezeichnet worden.

Lage als Marke

Im Waadtland sind Spitzenweine wie Dézaley, Aigle, La Cote oder Lavaux ohne AOC kaum denkbar. Diese Weine sind landesweit und auch im Ausland nur unter ihrer Lagenbezeichnungen bekannt. Zudem ist beim Weisswein fast ausschliesslich die Chasselas-Traube zugelassen. Eine Vermarktung der Weine aus diesen Lagen als Landwein und ohne Lagen mit Herkunftsbezeichnung würden aber diese Weine anonym und somit ausserhalb der Kantongrenzen fast wertlos machen.