Migros hat vergangene Woche für Schlagzeilen gesorgt: der Zürcher Detailhändler importiert 100 Tonnen Kochbutter. Mit einem blauen Aufkleber werden die Konsumenten darüber informiert, dass derzeit Rohstoffmangel herrsche und die Butter nur vorübergehend aus der EU importiert werde.
Die Schweizer Milchproduzenten äusserten in einer Medienmitteilung scharfe Kritik am Vorgehen der Migros, bezeichneten die Importe als Planungsfehler, den man mit entsprechender Zahlungsbereitschaft hätte verhindern können. Aber was steckt hinter dem Schlagabtausch? Wie funktioniert der Buttermarkt eigentlich?
1. Der Buttermarkt wird von drei Firmen dominiert: Der Schweizer Buttermarkt wird von Emmi, Cremo und der Züger Firschkäse AG dominiert. Die drei Firmen stemmen rund 90 Prozent der Produktion von rund 41 000 bis 48 000 Tonnen jährlich. Daneben produzieren die Molkerei Fuchs und andere gewerbliche Betriebe Butter.
2. Der Butterverbrauch ist relativ stabil: Der Verbrauch von Butter ist gemäss Zahlen der Branchenorganisation Butter relativ stabil und bewegt sich im Bereich von 41 000 bis 42 000 Tonnen jährlich. Etwas weniger als die Hälfte davon wird in Kleinpackungen verkauft, der Rest wird in Industrie- und Gewerbebetrieben verarbeitet.
3. Der Butterberg existiert nicht mehr: Die Butterlager sind mit einem Bestand von 25 Tonnen praktisch leer, mit steigender Butterproduktion ist im Moment nicht zu rechnen – im Gegenteil, die Milchproduktion in der Schweiz liegt deutlich unter Vorjahr. Für die Branche sind das gute Nachrichten – so müssen die Produzenten derzeit keine Abzüge (rund 0,9 Rp) für den Fonds Regulierung der Branchenorganisation Milch hinnehmen. Ebenfalls mussten Biobutter-Lager deklassiert werden. Im Oktober war fast die Hälfte des Lagerbestandes von 540 Tonnen Bio-Butter, die abgeräumt werden musste.
4. Butter ist ein Regulierprodukt: Die Differenz zwischen Produktion und Verbrauch wird über die Lagerhaltung und Importen ausgeglichen. Butter mit 82 Prozent Fett ist dabei ein Regulierprodukt für den Milchmarkt. «Hat es zu viel Milch, wird daraus Butter und Magermilchpulver», erklärt Peter Ryser von der Branchenorganisation Butter.
5. Mit dem Ausstieg aus der Kontingentierung sind die Butterimporte stark zurückgegangen: Es ist noch nicht so lange her, da gehörten Butterimporte dazu. Gerade die älteren Semester dürften sich noch an Zeiten erinnern, in denen 6000, 7000 oder gar über 10 000 Tonnen Butter in die Schweiz importiert wurden. Vor allem zu Zeiten der alten Milchmarktordnung mit Käseunion und Butyra vermochte die Inlandproduktion die Nachfrage nach Butter längst nicht zu befriedigen. «Geändert hat sich das erst mit der Aufhebung der Milchkontingentierung», sagt Peter Ryser. Der Geschäftsführer der Branchenorganistion Butter erklärt auf Anfrage, dass neben der Produktionssteigerung die Standardisierung der Trinkmilch die Butterproduktion ankurbelte. In der Folge musste überschüssiges Milchfett exportiert werden.
6. Butterimporte gibt es nach wie vor: Butterimporte gibt es nach wie vor. Wie die Statistiken der Oberzolldirektion und der Branchenorganisation Butter zeigen, schwanken die Importe zwischen 95 und 671 Tonnen.
7. Wer Butter importieren will, der hat drei Möglichkeiten: ein Importkontingent ersteigern, ein Gesuch um aktiven Veredelungsverkehr stellen oder den Importzoll von 16 Franken und 40 Rappen je Kilo bezahlen. «Ausserhalb der Kontingente wird praktisch keine Butter importiert», sagt Peter Ryser. Einzige Ausnahme sind Privatpersonen, die bei der Einreise in die Schweiz mehr als ein Kilo Butter dabei haben und dieses Verzollen. Der gängigere Weg ist die Ersteigerung oder der Veredelungsverkehr.
Die Versteigerung funktioniert wie die Gant, nur ohne Gantrufer und ohne Publikum: das BLW organisiert mittels Onlineplattform die Vergabe mehrerer Teilkontingente, bis das Importkontingent von 100 Tonnen aufgebraucht ist. Der Bund schreibt vor, dass im Rahmen des Importkontingents importierte Butter «nur in Grossgebinden von mindestens 25 Kilogramm eingeführt werden.» Beim aktiven Veredelungsverkehr indes müssen die Verarbeiter beim Bund ein Gesuch stellen, bevor sie die Ware in die Schweiz einführen dürfen. Der aktive Veredelungsverkehr schreibt ausserdem vor, dass die importieren Waren nach der Verarbeitung wieder ausgeführt werden. Letzteres ist gegenüber den Behörden zu belegen, damit die Importe zollfrei erfolgen können.
8. Für Butter gilt das vereinfachte Verfahren: Mit der Nachfolgelösung des Schoggigesetz wurden die Bestimmungen für das Anmelden von aktivem Veredelungsverkehr für Butter gelockert; der Bund spricht dabei vom vereinfachten Verfahren. So muss das zuständige Bundesamt für Landwirtschaft keine Konsultation mehr durchführen, sondern lediglich interessierte Kreise über das Gesuch informieren. Anschliessend bleiben den Butteranbietern zehn Tage Zeit, um zu reagieren und beim Gesuchsteller Offerten einzureichen. Letzterer entscheidet dann darüber, ob er am Gesuch festhalten will oder nicht.
9. Die Migros-Importe wurden über Coupons abgewickelt: Das neue System für den Aktiven Veredelungsverkehr gilt seit Anfang 2019. Vorher erhielten Verarbeiter Coupons, die sie bei Bedarf in Importkontingente umwandeln konnten. Dass Migros jetzt Butter importieren kann, liegt an diesen Coupons. «Die Importkontingente sind zwölf Monate gültig», erklärt Peter Ryser. Der BOB-Geschäftsführer geht davon aus, dass die letzten Kontingente in den nächsten Monaten auslaufen werden.
10. Die Produzenten fordern höhere Preise: Im Zuge der Berichterstattung über die Migros-Importe haben sich die Schweizer Milchproduzenten (SMP) und die Bauerngewerkschaft Uniterre zu Wort gemeldet. Beide fordern, dass der ausbezahlte Milchpreis steigen soll. Wie die SMP der letzten Woche mitteilten, sei es an der Zeit, die Preislücke zwischen den ausbezahlten Milchpreisen und dem A-Richtpreis zu schliessen.