Seit ein paar Jahren laufen in der Bioszene Bemühungen, dass männliche Küken nicht mehr getötet, sondern gemästet werden (bei Demeterbetrieben seit diesem Jahr Pflicht). Im Moment gibt es aber keine einheitlichen Richtlinien für die Junghahnmast. Das soll sich ändern. Am 13. November werden die Richtlinien von den Bio Suisse Delegierten verabschiedet. Weil die Vertreter der IG Bio Ei aber mit dem Richtlinienvorschlag des Vorstands nicht einverstanden sind, treten sie mit einem Gegenvorschlag an.
IG Bio Ei fordert Angleichung an Legehennenhaltung
Sepp Rüegg, Inhaber der Geflügelzucht Gallipor AG, warb als Vertreter der IG Bio Ei am Basisabend von Bio Ostschweiz, dem Verein der Thurgauer und St. Galler Biobauern, für den Gegenvorschlag. "Der Junghahn ist der Bruder der Legehenne. Wir verstehen nicht, weshalb er anders gehalten werden soll als seine Schwester."
Junghennenaufzüchter und Legehennenhalter werden künftig in die Pflicht genommen, die Brüder nicht mehr zu töten. "Mit den Richtlinien gemäss Antrag des Vorstands ist es uns nicht möglich, die Tiere in unseren Stallungen zu halten", stellte Rüegg klar. Und Legehennenhalter seien nicht bereit, neue Ställe für die Junghahnaufzucht zu bauen.
Junghähne brauchen mehr Platz als Masthühner
"Der Typ Legehuhn ist grösser und bewegt sich mehr als Masthühner, deshalb braucht er auch mehr Platz", erläuterte Sepp Rüegg. Die IG Bio Ei möchte daher, dass die Junghähne in 4000 Einheiten (Ställen) gehalten werden. Rüegg zeigte Verständnis für die Geflügelmäster, die den Vorschlag von Bio Suisse unterstützen, "aber wir sind klar der Meinung, dass es für die Junghahn-Richtlinien Anpassungen an jene der Legehennenhaltung braucht." Dazu gehörten beispielsweise mehr Platz pro Tier in den Ställen und Zugang zu einem Aussenklimabereich ab dem 21. statt wie von Bio Suisse vorgeschlagen ab dem 42. Tag.
Die IG Bio Ei verspricht sich von ihrem Gegenvorschlag gleiche Richtlinien für alle Biogeflügelproduzenten. Rüegg fasste zusammen: "Damit würden gleiche Voraussetzungen für die Haltung von Junghähnen aus Legelinien und Zweinutzungstypen sowie für die Mast geschaffen. Es gäbe keine Konkurrenz am Markt."
Hosberg AG unterstützt Gegenvorschlag
Die Hosberg AG aus Rüti SG ist der grösste Bio-Eierverarbeitungsbetrieb in der Schweiz. Seit Anfang 2016 werden die männlichen Küken aufgezogen. Das Projekt nennt sich "Henne & Hahn". Bisher wurden 25'000 Tiere in 500-er Ställen aufgezogen. "Das Projekt entwickelt sicht sehr positiv", sagt Geschäftsführer Jonas Reinhard. Die Hosberg AG unterstützt den Gegenvorschlag der IG Bio Ei Suisse, dass die männlichen Tiere wie ihre Schwestern in 4000 Einheiten aufgezogen werden.
Geflügelmäster fürchten Preisdruck
Ganz anders sehen das die Mastproduzenten. Am Basisabend waren keine Pouletmäster anwesend. Daher hat die BauernZeitung nachträglich bei einem nachgefragt. Urs Mauchle aus Bütschwil SG sagt: "Das Endprodukt ist Geflügelfleisch. Wir sehen nicht ein, weshalb für Bruderhähne andere Haltungsbedingungen gelten sollen als für Mastpoulets."
Mauchle verweist auf die strengen Vorschriften: Mastpoulets werden ab dem 21. Tag in mobilen 500er-Ställen gehalten, die wegen dem Weidewechsel regelmässig gezügelt werden müssen. Das ist teurer als ein fixer Stall. Mauchle kritisiert, dass mit den von der IG Bio Ei vorgeschlagenen Richtlinien die Bruderhähne günstiger produziert werden als die Mastpoulets. "Der Bruderhahn wird von den Eierproduzenten quersubventioniert. Das bringt die Preise unter Druck", fürchtet Mauchle.
Geschlechtererkennung im Ei wäre die Lösung
Am einfachsten wäre es – und da sind sich alle einig – wenn die männlichen Küken erst gar nicht ausgebrütet würden. Dafür bräuchte es eine Technologie, die das männliche XY-Chromosom in den ersten zwei Tagen nach dem Legen erkennt. "Das geht wahrscheinlich nur mit Gentechnik", sagte Sepp Rüegg und da stelle sich dann wieder die Frage der Biotauglichkeit. Solange die Geschlechtererkennung nicht möglich ist, wird der ungeliebte Bruder weiterhin ausgebrütet und muss (zumindest im Bio) verwertet werden.
Entscheid fällt an der DV
Die Fronten zwischen den Legehennen- und Mastgeflügelhaltern sind verhärtet. Die IG Bio Ei will die Junghahnhaltung den Legehennenrichtlinien anpassen mit der Begründung, dass es sich um den Bruder der Legehenne handelt. Die Mäster halten dagegen, dass das Endprodukt Geflügelfleisch ist und daher die Richtlinien der Geflügelmast die richtigen sind. Entscheiden werden die Delegierten von Bio Suisse nächsten Mittwoch.