In der Bioszene ist ein Streit zwischen Geflügelmästern und Eierproduzenten entbrannt. Grund ist der sogenannte Bruderhahn. Dieser wurde eigentlich entwickelt, um ein ethisches Problem bei der Produktion von Bioeiern zu entschärfen, nämlich die Entsorgung der männlichen Brüder der Legehennen nach der Geburt, sei es durch Schreddern oder Vergasen. Nun sorgt der Bruderhahn stattdessen für einen Bruderzwist.
Angst vor Konkurrenz
Die Bio-Pouletmäster, die seit Kurzem in einer eigenen IG vereint sind, machen sich Sorgen, dass die Mast der Brudernhähne ihr eigenes Geschäft konkurrenziert. Diese Ängste sind nicht ganz unbegründet. Neben der Million Biopoulets, die alljährlich auf den Markt kommen, wären neu 500 000 Bruderhähne zu vermarkten.
Erschwerend kommt hinzu, dass es für die Aufzucht von Bruderhähnen bis anhin keine Richtlinien gibt und dass man sich nicht einig ist, wie diese aussehen sollen. Bruderhähne können heute gehalten werden wie Bio-Junghennen oder wie Biopoulets. Für erstere gilt eine maximale Gruppengrösse von 4000, für Poulets liegt sie bei 500. Im weiteren müssen die Junghennen lediglich ab dem 42. Tag auf die Weide, während die Poulets spätestens ab dem 21. Tag Auslauf brauchen.
Diese tiefe Frist steht in der Bioverordnung des Bundes und ist den Mästern ein Dorn im Auge. Vergeblich versuchte Bio Suisse beim Bund eine Verlängerung auf 28 Tage zu erwirken. Damit wollte man der hohen Infektionsgefahr mit dem Gumboro-Virus im Freiland begegnen. Dieser kann im Alter von drei Wochen nur mit dem Impfstoff Vaxxitek bekämpft werden, den Bio Suisse ab Ende Jahr verbieten will, da er gentechnisch veränderte Organismen enthält (wir berichteten).
Schlechtes System im Winter
"Ich bin nicht gegen die Mast von Bruderhähnen", sagt Simon Lüscher aus Holziken AG, Vorstandsmitglied der IG Biopoulet, "aber es braucht Richtlinien, damit wir gleich lange Spiesse haben wie die Legehennenhalter". Zudem verlangt er, dass die Junghähne nicht als Poulet vermarktet werden dürfen.
Da ist Simon Lüschers Namensvetter Peter Lüscher, ebenfalls aus Holziken, etwas anderer Meinung. Dass eine gewisse Konkurrenz im Bereich Verarbeitungsfleisch entstehe, sei zwar nicht von der Hand zu weisen. Der Präsident der Fachgruppe Ei von Bio Suisse hält es aber für falsch, das aus seiner Sicht an vielen Standorten im Winter nicht funktionierende System für Poulets nun auch auf die Bruderhähne zu übertragen. "Warum soll der Bruder nicht wie die Schwester aufwachsen", so fragt er sich.
Damit ist er nicht alleine. In langen Verhandlungen wurden sich Pouletmäster und Legehennenhalter nicht einig. Deshalb muss nun die DV vom November ein Machtwort sprechen.