Der Branchenstandard für nachhaltige Schweizer Milch ist beschlossene Sache: die Mehrheit der Delegierten der Branchenorganisation Milch (BOM) hat vergangene Woche dem neuen Reglement zugestimmt. Während die Produzenten geschlossen für das neue Anliegen stimmten, waren sich die Käser uneins. Einige stimmten dafür, andere dagegen – und Fromarte-Präsident Hans Aschwanden betonte vor der Schlussabstimmung, dass Fromarte die Interessen der Branche jenen der Käser voranstelle; das Geschäft war zu wichtig. Trotzdem wird der Beschluss ein Nachspiel haben. Die Käser wollen nämlich ihre Rolle in der BOM überdenken und erwägen sogar einen Austritt aus der Organisation.

Definition sorgt für Ärger

Dass die Käser unzufrieden sind, liegt vor allem an der Definition von Molkereimilch. Mit dieser Definition wird festgelet, für welche Milch der Zuschlag von drei Rappen bezahlt werden muss. Zur Wahl standen an der BOM-DV drei Vorschläge:

  • Das BOM-Präsidium schlug vor, dass der Zuschlag für nicht-verkäste Milch sowie die zur Herstellung von Käse verarbeitete Silomilch aus dem A-Segment bezahlt werden muss.
  • Die Käser wollten, das der Zuschlag für nicht-verkäste Milch und die zu Frischkäse verarbeitete Silomilch im A-Segment bezahlt werden muss.
  • Mooh schliesslich wollte, dass der Zuschlag mit Ausnahme der Milch für AOP-Käse auf das gesamte A-Segment ausbezahlt wird.
  • Durchgesetzt hat sich letztlich die Definition der BOM; die Käser und Mooh hatten das Nachsehen.

 

Bei Industrie liegt mehr drin

Während im Käsemarkt offen ist, ob der grüne Teppich eine Preissteigerung möglich macht, ist bei der Industriemilch einiges mehr möglich. Einerseits stehen die Chancen gut, dass die Marktentwicklung im Herbst eine Preiserhöhung im Molkereimilchmarkt zeitigen werden. Andererseits ist eine Preiserhöhung im Inland dann möglich, wenn alle Akteure mitziehen. Gemeint ist damit vor allem der Detailhandel: Coop will die Preise nur erhöhen, wenn Migros ebenfalls mitmacht – und umgekehrt. In Branchenkreisen geht man davon aus, dass Migros den Standard mittragen wird; wie sie das schon bei der Nachfolgelösung des Schoggigesetzes gemacht hat.

 

Folgt Markt der Politik?

Mit dem BOM-Beschluss wird es für jene Käser schwierig, die keine Sortenkäse herstellen, sich im Export engagieren und Silomilch verarbeiten. Es waren diese Käser, die vergangenen Donnerstag die Diskussionen in der Branchenorganisation Milch und am Freitag an der Delegiertenversammlung von Fromarte anführten. Es sind Käser wie Christian Oberli, die es leid sind, Probleme zu lösen, die eigentlich die Industrie betreffen. «Mein Problem sind nicht die drei Rappen. Mein Problem ist, dass ich die Preiserhöhung nicht am Markt realisieren kann», sagt er auf Anfrage. Wie Oberli erklärt, gingen seine Kunden schon heute davon aus, dass Schweizer Milch nachhaltig sei. «Wenn ich jetzt mit einem neuen Label komme, dann haben sie das Gefühl, ich hätte sie bisher belogen.» Oberli geht deshalb davon aus, dass er mit einer Preiserhöhung Marktanteile verliert.

Anders ist die Situation bei den Sortenkäsen. Schon mit der Ausarbeitung des Standards war dort klar, dass die jeweiligen Organisationen sich darüber einig werden müssen, ob und wie viel mehr sie für die Milch bezahlen wollen, die den höheren Standards entspricht. Da die Milchpreise bei den Sortenkäse höher sind, ist dort der Druck um einiges tiefer.

 

Neue Köpfe bei BOM

Die BOM-Delegierten haben am Donnerstag vor einer Woche Hans Aschwanden (für Ernst Hofer) und Sepp Dörig (als Nachfolger von Walter Arnold) neu in den Vorstand gewählt. Als Suppleant für Fromarte wurde neu Andreas Hinterberger gewählt.

 

Interne Diskussionen nötig

Es sind diese unterschiedlichen Ausgangslagen, die jetzt innerhalb von Fromarte zu einer Grundsatzdiskussion führen. «Wir werden unsere Rolle und Mitgliedschaft in der BOM sicher hinterfragen», bekräftigte Hans Aschwanden an der DV von Fromarte am Freitag. Als Austrittsdrohung will Aschwanden die Ankündigung allerdings nicht sehen: «Grundsätzlich hat die Fromarte auf die Zusammenarbeit in der Branche gesetzt», sagt Aschwanden auf Anfrage Mitte Woche und verweist auf die Nachfolgelösung des Schoggigesetzes, die Richtpreisdiskussionen und schliesslich auch den Zuschlag für nachhaltige Milch. Gleichwohl müsse er als Präsident die Interessen der Mehrheit seiner Mitglieder berücksichtigen.

Aschwanden selbst betont, dass er persönlich den Weg der Branche gehen würde. Nicht, weil es besonders einfach wäre, sondern weil ein Austritt der Käser die BOM empfindlich schwächen und damit einen politischen Eingriff in die Milchbranche befördern könnte. Letzteres will die Milchbranche nicht. Zudem ist der Standard Bedingung, damit die BOM ihre Forderungen im Rahmen der Agrarpolitik 2022+ glaubwürdiger einbringen kann. Selbst Christian Oberli findet es nicht gut, wenn man nicht miteinander spricht – ein Austritt aus der BOM ist auch für ihn nicht unbedingt der richtige Weg. «Allerdings müssten wir unsere Positionen strikter vertreten können», so der Ostschweizer Käser. Wie es nun weitergeht, ist in Bezug auf Fromarte noch offen. Am 23. Mai wird der Zentralvorstand das weitere Vorgehen diskutieren. In Bezug auf den Branchenstandard hat die BOM bereits die definitiven Reglemente veröffentlicht.