Wenn man nicht mehr viel zu verlieren hat, kann man auch drastische Schritte ins Auge fassen. Vielleicht ist es deshalb gar nicht so überraschend, dass in der Milchbranche das Gerücht herumgereicht wird, dass die Hochdorf Holding AG in Hochdorf LU die Milchpulverproduktion einstellen könnte.
Milchpulver aus Hochdorf?
Die Auseinandersetzung mit der Ausrichtung der Molkerei ist eine Folge der jüngsten Ereignisse beim Zentralschweizer Milchverarbeiter. Am 12. April haben nämlich die Aktionäre den bestehenden Verwaltungsrat erneuert und Bernhard Merki als neuen Präsidenten an die Spitze gestellt. Letzterer war Wunschkandidat von Aktionär ZMP-Invest und sollte Ruhe in das Unternehmen bringen. Tatsächlich aber fand der Verwaltungsrat relativ schlechte Zahlen vor – und kommunizierte vier Wochen nach der Ernennung eine Umsatzwarnung für das zweite Halbjahr 2019. Ausserdem liess der Verwaltungsrat mitteilen, dass er die Strategie der Gruppe «bis Ende Juni schärfen und anschliessend detailliert über die Zukunftspläne und den finanziellen Ausblick orientieren» wolle.
Was das heisst, ist noch nicht restlos klar. Allerdings denkt der Verwaltungsrat laut mehreren Branchenvertretern darüber nach, die Milchpulverproduktion im Werk in Hochdorf LU ganz stillzulegen und «nur» noch auf die Produktion von Babyfood in Sulgen TG zu fokussieren.
Wäre ein solches Vorhaben in der letzten Firmenkrise 2012 noch am Widerstand der Genossenschaft der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) gescheitert, stösst die Idee einer Stilllegung von Hochdorf heute auf bedeutend weniger harte Kritik. «So lange es wirtschaftlich vertretbar ist, soll auch in Hochdorf Milch verarbeitet werden. Die Firma ist nahe, so dass wir tiefe Transportkosten haben. Die Milchmenge, die verarbeitet wird, ist substanziell und strategisch gesehen ist Hochdorf für die Zentralschweiz wichtig», sagt ZMP-Präsident Thomas Oehen auf Anfrage. Eine Schliessung hätte eine Umverteilung der Milchmengen und damit auch entsprechender Druck auf die Preise zur Folge.
Neue Ausgangslage
Die Situation auf dem Milchmarkt ist anders, als vor elf Jahren. Damals beteiligte sich die ZMP-Tochter ZMP-Invest erstmals an Hochdorf, um die Milchverarbeitung in der Zentralschweiz zu stützen. Vor fünf Jahren war ZMP-Invest bereit, Wandelanleihen zu kaufen um in den Babyfood-Markt vorzustossen und den Export von höherwertigen Milchprodukten zu garantieren. Ausserdem wollte man verhindern, dass Hochdorf zu stark unter den Einfluss des tunesischen Investors Amir Mechria fällt, der mit seiner Firma Pharmalys Babyfood vertreibt.
Hinzu kommt, dass in den letzten fünf Jahren im Schweizer Milchmarkt Verarbeitungskapazitäten geschaffen wurden, was dazu führt, dass einige Molkereien die Milchpulverproduktion nicht auslasten können. In Kombination mit der Nachfolgelösung des Schoggigesetzes, das eine grössere Deckungslücke für Exportprodukte zur Folge hat, sorgt das für einen Preiskampf und die Einsicht, dass die Tage der Milchtrocknungswalzen in Hochdorf gezählt sein könnten.
Ob das tatsächlich stimmt, wird sich bis am 5. Juli zeigen. Wie es bei Hochdorf auf Anfrage heisst, beabsichtigt der Verwaltungsrat nämlich, bis dann über die nächsten Schritte zu informieren.