Der Schweiz geht die Butter aus. Die Butterproduktion sank von Januar bis November 2019 um 5,1 Prozent. Der Verkauf hat zwar auch nachgegeben, aber bedeutend weniger stark. Die Folgen sind nicht nur praktisch leere Lager, sondern neue Begehrlichkeiten. Eine kleine Auslegeordnung.
Käseproduktion steigt stark
Das Milchjahr 2019 wird als Jahr in die Geschichte eingehen, in dem der Grüne Teppich lanciert wurde. Es war seit der Einführung der Segmentierung das erste Jahr, in dem gerade einmal 301 Tonnen C-Milch verkauft wurden. Und es war das Jahr, in dem die Käseproduktion stieg und die Butterproduktion zurückging. Zwar lagen die definitiven Zahlen für 2019 bis am Mittwochnachmittag noch nicht vor, der Milchmarktbericht der Schweizer Milchproduzenten (SMP) vom Januar zeigt jedoch klar die Richtung: Von Januar bis November 2019 ist die Käseproduktion um 2920 Tonnen gestiegen, während die Butterproduktion im gleichen Zeitraum um 2115 Tonnen sank.
«Butter ist der Kristallisations-Punkt der ganzen Branche.»
Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch.
Die Butterlager sind leer
Besonders die «Butter ist der Kristallisationspunkt der ganzen Milchmarktordnung», sagt Stefan Kohler. Der Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch sagt, dass der Rückgang der Butterproduktion grundsätzlich als positive Entwicklung gesehen werden kann. Denn das Milchfett werde nicht auf dem Butterberg gelagert, sondern zum Beispiel zu Käse verarbeitet und erziele dadurch im Normalfall eine höhere Wertschöpfung. Das Problem dabei ist jedoch, dass die Versorgung in der Schweiz nicht mehr garantiert werden kann – das wiederum macht Importe notwendig und weckt bei Landwirten die Angst, dass der Preis gedrückt werden könnte.
Wo ist die Wertschöpfung am höchsten?
Trotzdem dürften Butterimporte in Zukunft vermehrt zur Tagesordnung gehören. Bleibt die Milchproduktion nämlich stabil, ist eine Steigerung der Butterproduktion nur zulasten der Käseproduktion möglich. Und das ist weder im Sinne der Branche noch der Milchproduzenten. «Übergeordnet stellt sich die Frage, wo die Wertschöpfung am höchsten ist», sagt Stefan Kohler. Weil die aus der EU importierte Butter wesentlich günstiger ist, als der Käse, der aus der Schweiz in die EU ausgeführt wird, hält Kohler die Butterimporte für kein grosses Problem. Die wertmässige Handelsbilanz bliebe nämlich positiv für die Schweiz, davon profitierten auch die Milchproduzenten.
Mehr B-Milch für Käse
Im vergangenen Herbst ist der Anteil B-Milch stark gestiegen. Grund dafür ist laut dem Marktbericht Milch der Schweizer Milchproduzenten der Grüne Teppich. «Weil der Nach-haltigkeitszuschlag gemäss Bestimmungen der BOM nur für A-Milch zu zahlen ist, steigt das Interesse von Milchverarbeitern an B-Milch», heisst es im Kommentar zur Segmentierung. Hinzu komme, dass mehr B-Milch für die Herstellung von Käse eingesetzt werde. Gemeint ist hier vor allem die Produktion von anderen Halbhart- und Hartkäsen aus Industriemilch, die im vergangenen Jahr um ganze sechs Prozent zugenommen hat.
Der Markt regelt die Verwendung
Insgesamt ist man sich in der Branche einig, dass die Milchverarbeiter und ihre Abnehmer regeln werden, was gekauft und entsprechend produziert werden kann. Mehr Butter ist erst dann zu erwarten, wenn die Milchproduktion den Absatz wieder übersteigt – oder wenn die Preise für Butter und Magermilchpulver jene von Käse übertreffen. Beides ist vorerst unwahrscheinlich, weil die Milchproduktion stabil ist, weil der globale Käsemarkt um 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr wächst und weil sich die Schweiz mit daran beteiligen kann, und weil kein Käser freiwillig aufgebaute Kundenbeziehungen wieder einstellt.
Die Milch geht zu bestem Zahler
Ähnlich wird der Markt regeln, wer überhaupt Milch beschaffen kann. Wer nicht mitzieht, und höhere Preise bezahlt, der läuft Gefahr, gar keine Milch mehr zu erhalten. Dabei ist die rote Laterne in den letzten zwölf Monaten gemäss verschiedenen Branchenkennern erstaunlich weit gewandert – von Cremo zu Hochdorf und zuletzt zu Nestlé. Der Milchverarbeiter tut sich dem Vernehmen nach schwer damit, die Schweizer Preise zu bezahlen – und plant, mit einem Gesuch um aktiven Veredelungsverkehr (AVV) die zu erwartenden Engpässe zu überbrücken. Mit dem AVV werden ausländische Rohstoffe in der Schweiz verarbeitet und wieder exportiert. Nestlé will oder kann trotz der derzeit hohen Magermilchpulver-Preise in der EU die Milch für ihre Baby-Food-Produkte zu Schweizer Konditionen einkaufen und gerät durch den Milchmangel unter Druck.
Ganz anders ist die Situation beim Käse: Von Januar bis November 2019 konnten mehr als 2000 Tonnen zusätzlich exportiert werden.