Konsummilch wird zunehmend knapp. Auch bei den Zentralschweizer Milchproduzenten sinkt die Anzahl Betriebe und erstmals auch die Milchmenge.
Die Mittelland Milch, die Organisation der Emmi-Direktlieferanten, bleibt jedoch insgesamt flüssig. Andreas Hitz, Präsident von Mittelland Milch, erklärt auf Anfrage: «Wir können den Strukturwandel durch die Aufgabe der Milchwirtschaft mit Neuzugängen von Mitgliedern gut kompensieren. Sie schätzen unsere Preisführerschaft und unsere Vereinsorganisation.»
Starker Strukturwandel
So stieg die Milchmenge von Mittelland Milch im Jahr 2020 auf 326 Mio kg im konventionellen Segment (+5 Mio) und auf 32 Mio kg Biomilch (+2 Mio).
Trotz dieser Zahlen findet auch in dieser Region in der Milchproduktion seit Längerem ein grosser Strukturwandel statt. «Er ist hier stärker, weil es mehr Alternativen als in einem reinen Graswirtschaftsgebiet gibt, etwa Ackerbau, Spezialkulturen und Direktverkauf», kommentiert Hitz die Situation im Mittelland.
Es gibt auch Betriebe, welche die Milchproduktion ausbauen. Grosse Investitionen seien nur ab einer gewissen Grösse noch wirtschaftlich, sagt Hitz dazu. Mit den Anforderungen für eine nachhaltigere Milchproduktion würden auch die Auflagen für die baulichen Anforderungen enorm ansteigen. «Viele Produzenten mit Hofnachfolge entscheiden daher ‹entweder-oder›.»
Meistens viehlos weiter
Die meisten Betriebe, die aus der Milchproduktion aussteigen, produzieren gemäss Hitz viehlos weiter. Die Tendenz zu Mutterkuhhaltung oder Rinderaufzucht sei in der Region abnehmend.
Im Gebiet der Mittelland Milch mit seiner guten Futtergrundlage produziert ein Betrieb durchschnittlich 240 Tonnen Milch pro Jahr, 60 Tonnen mehr als im Schweizer Durchschnitt. 56 Prozent der Betriebe produzieren 100 000 bis 300 000 kg Milch, 16 Prozent produzieren über 300 000 kg und damit 40 Prozent der gesamten Milchmenge. Ein knappes Drittel der Betriebe produziert unter 100 000 kg. Gemäss Landwirtschaft Aargau werden 95 Prozent der im Aargau produzierten Milch in der Mittelland-Molkerei Suhr verarbeitet.
Milch II: ZMP-Coaching wird eingestellt
Milchbauern sollen Milchbauern beraten, dies die Idee der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP), welche 2019 auch umgesetzt wurde. Wie zuvor schon bei ähnlichen, meist von Bildungszentren oder auch Verbänden lancierten Projekten, war die Nachfrage schliesslich zu gering. Gemäss aktuellem ZMP-Newsletter hat der Vorstand nun das Aus der Dienstleistung beschlossen.
Auf Wunsch der Mitglieder
Dabei wurde das Angebot von den Mitgliedern noch ausdrücklich gewünscht. Man habe bei der Mitgliederumfrage 2017 die Einführung verschiedener neuer Dienstleistungen bewerten lassen. «Neben der Mitgliederkarte hat damals das Coaching die beste Zustimmung erhalten», sagt André Bernet, Leiter Bereich Milchvermarktung und Dienstleistungen bei den ZMP.
Als Coaches fungierten ZMP-Mitglieder mit hohem Know-how in der Betriebsführung und tiefen Produktionskosten. «Wir haben bei der Auswahl darauf geachtet, Betriebsleiter von Top-Betrieben zu verpflichten, welche aber auch die notwendigen Sozialkompetenzen mitbringen», so Bernet weiter. Die Dienstleistung war für ZMP-Mitglieder kostenlos, die Coaches wurden von der Genossenschaft direkt entlöhnt. Nur knapp zehn Mitglieder aus verschiedenen Regionen konnten so gemäss Bernet erreicht werden. Die Rückmeldungen waren dabei durchweg positiv, fasst Bernet die Stimmung zusammen.
Weshalb lässt «man» sich denn nicht helfen? «Ich nehme an, dass die Betriebsleiter Respekt davor haben, den eigenen Betrieb durch eine externe Person analysieren zu lassen», folgert André Bernet. Vielfach fehlten auch die Zeit und die Motivation, sich mit dem Thema Betriebskosten auseinanderzusetzen. Dass der Weg schwierig sein werde, war man sich bei den Verantwortlichen bewusst. Schliesslich bieten ja die Bildungs- und Beratungszentren bereits ein umfangreiches Paket von Beratungen an. Auch dieses werde ja nur beschränkt benutzt. Man habe gehofft, mit dem Einsatz von kompetenten Berufskollegen eine neue Möglichkeit für die individuelle Entwicklung zu schaffen. «Leider hat dies nicht geklappt», schliesst Bernet das Dossier. Hingegen funktioniere der Ansatz mit den ZMP-Hofgesprächen sehr gut.
«Viele haben Respekt, den Betrieb von einer externen Person analysieren zu lassen.»
André Bernet, Leiter Bereich Milchvermarktung und Dienstleistungen, ZMP.
Auf Augenhöhe funktioniert es
Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis, dass sich Landwirte lieber nicht von offenbar erfolgreicheren Berufskollegen auf dem eigenen Betrieb beraten lassen. Funktionieren tut die Idee im Grundsatz hingegen bei den bekannten Arbeitskreisen. Dort ist der Kreis aber grösser und man trifft sich auf Augenhöhe. Gemäss den Arbeitskreisleitern bündeln sich darin häufig Betriebsleiter, die in diesen Themenbereich, z. B. Futterbau oder Tierhaltung, bereits erfolgreich unterwegs sind.