Seit 20 Tagen ist Swissmilk Green als Branchenstandard für nachhaltige Schweizer Milch im Markt. Bis jetzt deutet vieles darauf hin, dass die Einführung dereinst als Erfolg gefeiert wird.

„Ich kann sagen, dass das Interesse bei den Akteuren gut ist“, sagte Peter Hegglin am Freitag am Milchforum in Bern. Hegglin ist Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM) und CVP-Ständerat für den Kanton Zug. Rund 65 Prozent der Molkereimilch seien an Bord, 16 Lizenzverträge schon unter Dach und Fach. Zudem sind erste mit dem Label ausgezeichnete Produkte im Detailhandel verfügbar. „Der Start ist geglückt“, sagte Hegglin den Anwesenden und zeigte sich über das Interesse am Standard sehr erfreut.

„Nutzen Sie den Grünen Teppich“, sagte dann auch Aaremilch-Vizepräsident Hansueli Jungen. Seiner Meinung nach sei Swissmilk Green die richtige Antwort für die Herausforderungen auf den internationalen Milchmärkten. Denn „die Industriemilchpreise sind zu tief und im Moment sicher nicht nachhaltig“, so der Milchproduzent aus Wimmis BE. Aus seiner Warte ist Swissmilk Green dazu da, den hohen Produktionsstandard der Schweizer Milch zu kommunizieren.

Standard wird sich weiterentwickeln

Dass es in Zukunft bei den 10 plus zwei Anforderungen bleiben wird, ist dabei aber eher auszuschliessen. Einerseits hat die Milchbranche selbst stets klargemacht, dass mit der Lancierung von Swissmilk Green erst der erste Schritt gemacht werde. In vier Jahren wird von der Massenbilanz auf die Warenflusstrennung umgestellt. Der Branchenstandard dürfte dann für alle Milchproduzenten integraler Bestandteil der Milchkaufverträge werden; es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass doppelte Handelsinfrastruktur aufgebaut wird. Zudem haben die SMP selbst mehrfach betont, dass der Branchenstandard weiterentwickelt werden soll.

 

Swissmilk Green als Vorbild

Der Branchenstandard für nachhaltige Schweizer Milch dient als Vorbild - auch für andere Branchen innerhalb der Landwirtschaft. Wie Adrian Aebi vom Bundesamt für Landwirtschaft am Milchforum in Bern sagte, würde der Standard die Agrarpolitik ergänzen. Konzeptionell macht der Branchenstandard nämlich deutlich, welche Produkteigenschaften am Markt in Wert gesetzt werden können. Der Bund kann sich laut Aebi damit auf das Abgelten von Leistungen fokussieren, die keine Märkte finden. Aebi selbst betonte, dass der Bund lieber unterstützend hinter entsprechende Initiativen stelle, anstatt mit Gesetzen die Branche vor sich her zu treiben.

 

Entscheidend für die Weiterentwicklung sind dabei die Märkte. „Nicht alle Mehrwerte sind in allen Märkten mehr Wert“, sagte etwa Aaremilch-Präsident Ruedi Bigler bei der Eröffnung des Milchforums. So sind es die Kundenbedürfnisse, die darüber entscheiden, ob ein höherer Preis tatsächlich möglich ist.

Differenzierungsmerkmale sind notwendig

Dass es Differenzierungsmerkmale braucht, steht dabei ausser Frage. Rund 19 Prozent der Milch, die in der Schweiz produziert wird, wird exportiert; Tendenz steigend. Das gilt dabei nicht nur für die Schweiz, sondern auch für andere Milchproduktionsländer wie die EU, die USA oder Neuseeland. Wie Hiltrud Nieberg ausserdem sagt, spielen längst nicht mehr nur Preise eine Rolle, sondern zusehends auch Produkt- und Prozessqualität.

Nieberg leitet das Institut für Betriebswirtschaft am Thünen-Institut in Braunschweig (D) und zeigte in ihrem Referat ausserdem auf, dass Nachhaltigkeit in der Milchproduktion schon seit langer Zeit ein Thema ist; schon 2002 wurden erste Standards eingeführt, damals noch als Produktionsrichtlinien für Nestlé-Lieferanten. 2010 sind in Europa die ersten Branchenstandards aufgetaucht: in den Niederlanden wurde damals eine erste Nachhaltigkeitsstrategie lanciert. Drei Jahre später folgte eine Nachhaltigkeitsstrategie in Irland, die die Grundlagen für „Origin Green“ schuf.

Hinzu kommen laut Nieberg zahlreiche Initiativen der Milchverarbeiter: Der neuseeländische Milchverarbeiter Fonterra stelle Nachhaltigkeit ins Zentrum der strategischen Ausrichtung. Friesland Campina wolle „Führen durch Nachhaltigkeit“. Die Molkerei Arla hat schon 2014 eine globale Strategie entwickelt.

Messung war bisher schwierig

Die bisher grösste Schwierigkeit war die Messung der Parameter. Im Gegensatz zur Industrie könne man in der Landwirtschaft nämlich nicht einfach so messen, welche Emissionen wo genau auftreten. Im Gegenteil sei Nachhaltigkeit für jeden Betrieb abhängig von seinem Standort etwas anderes. Hier Messsysteme zu finden, die genug verlässlich und günstig sind, war bisher eine der grössten Schwierigkeiten für die Umsetzung von flächendeckenden Standards.