Pflanzenstärkungsmittel werden teilweise als wahre Wundermittel angepriesen. Lucius Tamm vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick relativiert: «Die Wirkung von Pflanzenaktivatoren auf Ertrag und Pflanzenschutz liegt im besten Fall bei 10 bis 20 Prozent.» Häufiger stellt der Agronom auf dem Feld aber eine mangelhafte Wirkung fest, manchmal sogar eine schädliche. Erkenntnisse aus FiBL-Untersuchungen hat Tamm an der Liebegger Tagung für Spezialkulturen Anfang März vorgestellt.

«Die Wirkung auf Ertrag und Pflanzenschutz liegt bei maximal 10 bis 20 Prozent.»

Gemäss Lucius Tamm vom FiBL halten Pflanzenstärkungsmittel oft nicht, was sie versprechen.

Mikroorganismen können Stressresistenz steigern

Wenn die Pflanzengesundheit selbst innerhalb einer Parzelle deutlich variiert, liegt das gemäss Lucius Tamm auch an den (mikrobiologischen) Eigenschaften des Bodens – er kann die Stressresistenz einer Pflanze steigern. Bei dieser bodenbürtigen Krankheitsunterdrückung helfen Mikroorganismen. Manchmal geht es relativ einfach: Guter Kompost kann müden Böden auf die Sprünge helfen. Für spezifische Probleme die passenden Mikroorganismen zu fördern und einzubringen, ist hingegen ein hoch komplexes Feld. Versuche haben gezeigt, dass Pflanzenstärkungsmittel durchaus wirken können – nur leider nicht zuverlässig, die Resultate sind variabel und widersprüchlich. Unter kontrollierten Bedingungen ist die Wirkung oft gut, in der Praxis weniger. Und bei Mangeldüngung lässt sich ein grösserer Effekt erzielen als unter normalen Bedingungen. Bei Produkten, die gegen Pflanzenkrankheiten helfen sollen, ist gemäss Lucius Tamm eine Wirkung oft nur nachweisbar, wenn Kupfer oder ein anderer Wirkstoff wie z. B. Phosphonate in der Formulierung enthalten sind. Der Schluss liegt nahe, dass vor allem das Kupfer selber wirkt.

Mehr Mehltau als vorher

«Aber es ist nicht so, dass nichts funktioniert», ergänzt Lucius Tamm. Spannend sei es unter extremen Witterungsbedingungen, da könne es mit seriösen Produkten einen Mehrwert geben. «Es kann durchaus zu Verlust kommen», stellt Lucius Tamm aber auch klar und verweist auf häufig Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten beim Einsatz von Pflanzenaktivatoren. So wurde mit der Zugabe von Blattdünger der Mehltau auch schon verstärkt. Die Produzenten sollten sich im Klaren darüber sein, dass es sich hier nicht um geprüfte Pflanzenschutzmittel mit belegter Wirkung handle. Auch Rückstände sind ein Thema, so zeigt beispielsweise Phosphit zwar gute Wirkung gegen Falschen Mehltau, lässt sich aber ein bis zwei Jahre später noch in behandelten Pflanzen wie Reben nachweisen.

Viel Schrott auf dem Markt

Insgesamt zieht Lucius Tamm ein recht ernüchterndes Fazit: «Die Wirkung von Pflanzenaktivatoren variiert sehr stark, je nach Zustand, Führung der Pflanze, Witterung, Stress und Nährstoffverfügbarkeit.» Pflanzenaktivatoren sind eine sehr heterogene Produktegruppe mit vielen zweifelhaften, aber auch seriösen Produkten. Ständig kommen neue Produkte mit unzähligen Anwendungsmöglichkeiten auf den Markt. «Auf dem internationalen Markt gibt es viel Schrott», spricht Tamm Klartext, so würden beispielsweise Bakterienstämme verkauft, die gar nicht leben.

Auf kleinen Flächen prüfen

Der Agronom sieht überbetriebliche Praxisversuche als das richtige Mittel, um den standortgebundenen Nutzen zu bewerten. Wenn eine Produzentin den Versuch selber wagen möchte, bekommt sie von Lucius Tamm den Rat: «Prüfen Sie, ob ein Mittel den Erfolg bringt, den Sie auf Ihrem Betrieb möchten. Zuerst auf kleinen Flächen, um wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden. Und seien Sie kritisch, wenn Sie die Wirkung beurteilen.»

Er sieht Pflanzenaktivatoren nicht als Wundermittel, sondern als Ergänzung für eine bessere Wirkungssicherheit von Pflanzenschutzmassnahmen, je nach Betrieb und Situation.