Die Schweizer Landwirtschaft – und damit auch der Obstbau – ist ernährungsrelevant. Diese Erkenntnis rückt spätestens seit Beginn der Corona-Krise wieder ins kollektive Bewusstsein. Aktuellen Solidaritätsbekundungen zum Trotz bleiben die Herausforderungen riesig. Die Obstbranche spürt derzeit Druck von allen Seiten.
Viele Ansprüche, viele Ansätze
Die Wählerinnen und Wähler fordern eine immer nachhaltigere Produktion. Beleg dafür sind die rund 250'000 Personen, welche die beiden extremen Agrarinitiativen unterschrieben haben. Die Politik fordert die Umsetzung des Aktionsplans Pflanzenschutz. Bis 2027 müssen wir die Risiken von Pflanzenschutzmitteln halbieren. Der Handel wiederum lanciert eigene Nachhaltigkeitsprogramme für Betriebe mit integrierter Produktion. Jüngst die Fenaco, weitere werden dem Vernehmen nach folgen.
Was bei den Forderungen vergessen geht
Der Ruf nach noch nachhaltigerer Produktion ertönt also von allen Seiten. Vergessen gehen dabei drei Fakten:
- machen Schädlinge genauso wenig Halt vor den Grenzen, wie dies Viren, siehe Corona, tun. Mit dem steigenden Warenverkehr sowie der Erderwärmung nehmen Schädlingsdruck und Krankheiten zu. Ohne Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln sind grosse Ernteausfälle nicht zu verhindern.
- scheint das Portemonnaie im Zweifelsfalle wichtiger zu sein als das ökologische Gewissen. Die aktuelle Corona-Krise bestätigt das Bild: Seit Ausbruch ist die Nachfrage für Schweizer Äpfel zweiter Klasse erheblich gestiegen. Diese sind zwar ebenso gesund, aber günstiger. Gut für die Konsumenten, weniger gut für die Produzenten. Sie können mit den aktuellen Preisen für diese Produkte langfristig nicht überleben.
- steigen die Produktionskosten mit zunehmenden Anforderungen. Unsere Berechnungen zeigen, dass nur schon der Herbizidverzicht in der Tafelkernobstproduktion Mehrkosten im Umfang von 1870 Franken verursacht – und das pro Hektare. Zu Buche schlagen insbesondere höhere Arbeitskosten und Investitionen in Maschinen. Gerechnet auf die gesamte Schweizer Tafelkernobstproduktion sind das Kosten in der Höhe von mehr als sieben Millionen Franken. Und das ist erst der Anfang.
Der Obstverband ist bei der Nachhaltigkeit aktiv
Der Schweizer Obstverband setzt sich weiterhin für eine nachhaltige Produktion ein. Wir unterstützen die Umsetzung des Aktionsplans Pflanzenschutz, der unsere Branche enorm herausfordern wird. Dabei sind wir aber auf erhebliche Investitionen durch den Bund in Forschung und Entwicklung angewiesen, um wirtschaftliche Alternativen zu bestehenden Pflanzenschutzmitteln zu erhalten.
Es braucht eine faire Entschädigung
Gleichzeitig entwickeln wir eine national koordinierte Mehrwertstrategie. Wir wollen noch nachhaltiger produzieren, aber für den Mehraufwand entschädigt werden. Unsere Mitglieder erwirtschaften ihr Einkommen am Markt. Damit sie weiterhin wirtschaftlich arbeiten können, brauchen sie eine faire Entschädigung durch die Marktpartner und Konsumenten. Nachhaltigkeit gibt es nicht zum Nulltarif.