Die Semag ist eine von fünf Kartoffel-Vermehrungsorganisationen in der Schweiz. Dinkel und Kartoffeln, dies sind die Kulturen, die Schürch in Saatgutqualität produziert. 440 Aren Pflanzkartoffeln und 420 Aren Saat-Dinkel sind es insgesamt.
Organisierte Vermehrung
Somit wendet Beat Schürch etwa einen Drittel seiner Betriebsfläche für Saat- und Pflanzgut auf. Die Saatgut-Fläche bestimmt er jedoch nicht selbst – die Produktionsfläche wird ihm und allen anderen Aktionären von der Semag zugeteilt. Doch nicht nur die Fläche, sondern auch die Sortenzuteilung liegt in Händen der Semag.
Für dieses Jahr wurde ihm die Bewilligung für die beiden Sorten Annabelle und Lady Claire erteilt. «Alles, was die Saatgutproduktion betrifft, geht in Absprache mit dem Geschäftsführer der Semag», sagt Beat Schürch im Gespräch. So lasse sich die produzierte Menge jeder einzelnen Sorte besser kontrollieren, damit die Nachfrage optimal abgedeckt werden könne. Auch das Saat- und Pflanzgut bezieht der Landwirt von der Semag.
Suche nach kranken Pflanzen
Nach dem Setzen der Kartoffeln besteht die Hauptaufgabe des Landwirts darin, den Virus-Befall möglichst tief zu halten. Eine Aufgabe, die mit sehr viel Arbeitsaufwand verbunden ist. Nach seinen Berechnungen muss er pro Hektare Pflanzkartoffeln 3.3 Kilometer laufen unter der Bedingung, dass er die kranken Pflanzen in vier Reihen auf einmal aufspürt und die Pflanzen von Hand ausreisst. Dies koste ihn zirka zwei Arbeitsstunden pro Hektare.
Je nach Krankheitsgrad muss er die Kontrolle zwei bis sechs Mal wiederholen. Die Arbeit des Landwirts wird zwei Mal pro Jahr durch einen Feldbesichtiger von Agroscope visuell auf verschiedene Kriterien wie Virosen, Krautfäule und Anzahl fremde Pflanzen kontrolliert. «Die Feldbesichtigung dient dabei aber nicht nur zur Kontrolle, sondern auch als Hilfe für die Landwirte», betont Beat Schürch.
Der grosse Test
Die Krautvernichtung geschieht spätestens am vorgegebenen Termin der Agroscope. Sind die Kartoffeln zu diesem Zeitpunkt zu klein, spürt dies der Landwirt in seiner Kasse. Idealerweise wären die Kartoffeln möglichst früh gross und bereit für die Krautvernichtung. Denn je länger man mit der Krautvernichtung zuwartet, desto höher ist das Krankheitsrisiko.
Auf dem Betrieb von Familie Schürch werden chemische Mittel zur Krautvernichtung verwendet. Sobald dies geschehen ist, sind die Kartoffeln reif für den grossen «Test», wie Schürch so schön sagt. Ein letztes Mal kommt der Kontrolleur vorbei und wählt 100 bis 400 Kartoffeln für die Laboranalyse aus. Abhängig vom Virusbefall wird entschieden, ob die Kartoffeln als Vermehrungspflanzgut oder Gebrauchspflanzgut für Speise-Kartoffel-Produzenten verwendet werden darf oder in die «Nuller-Runde» geht – sprich, nur noch als Futter gebraucht werden darf. Bis zum Bescheid von Agroscope kann es unter Umständen bis zu drei Wochen dauern. «Bis dahin hat man manchmal schon ein komisches Gefühl», erzählt der Landwirt.
Sortieren und Kontrollieren
Falls der Virus-Befall den Grenzwert von 1.1 Prozent nicht übersteigt, darf der Landwirt die Kartoffeln vom eigenen Posten im Folgejahr vermehren, ergänzt Adrian Krähenbühl, der Geschäftsführer der Semag. Alle Posten, die einen Virus-Befall von über zehn Prozent aufweisen, müssen den Tieren verfüttert werden. Doch für die Zertifizierung ist an diesem Punkt für den Landwirten noch nicht aller Tage Abend. Jetzt geht es ans Sortieren und Kalibrieren, bevor sich die Kartoffeln bei der Abgabe einer weiteren Qualitätskontrolle stellen müssen.
Wird der Kartoffelbestand als marktfähiges Pflanzgut akzeptiert, dann übernimmt die Vermehrungsorganisation die volle Ernte. Erst dann können die Posten etikettiert und in Verkehr gebracht werden. Der Auszahlungspreis wird durch die Produzentenpreise vom Schweizer Saatgutproduzentenverband Swisssem bestimmt. «Pro Sorte und pro 100 Kilogramm gilt ein Einheitspreis», sagt Krähenbühl. Mit anderen Worten: Der Schaden von schlechten Ernten wird solidarisch verteilt.
Aufwand und Ertrag
Der Aufwand für die Produktion von Pflanzkartoffeln ist beträchtlich höher als für Speisekartoffeln. Dies wird mit einem höheren Verkaufspreis entschädigt. Wirtschaftlich gesehen seien die Pflanz- und Speisekartoffeln aber eigentlich vergleichbar, findet Beat Schürch. Der höhere Verkaufspreis heisst nicht unbedingt, dass auch der Erlös pro Hektare höher ist. Je nach Jahr und Sorte variiert der Erlös. Ist es im Frühling zu kalt, bleibt den Kartoffeln weniger Zeit, um bis zur Krautvernichtung die richtige Grösse zu erreichen. In solchen Jahren wäre es von Vorteil, wenn man eine Sorte mit wenigen Knollen pro Staude zugeteilt bekommen würde. Die Sorte Agria wäre da eine solche Kandidatin, sagt Schürch.
Wertschöpfung behalten
Doch aus welchem Grund baut der Landwirt dann Pflanzkartoffeln an? Er lacht, «das frage ich mich manchmal auch», witzelt er. Die Freude daran dürfe sicherlich nicht fehlen, denn sonst würde er nicht ewig hin- und herlaufen und kranke Pflanzen ausreissen. Auch sei es «um jeden Franken» schade, wenn man die Pflanzkartoffeln alle importieren müsste, denn so werde die Wertschöpfung ins Ausland verlagert.
Ausserdem sei importiertes Pflanzgut für die Vermehrung teurer als Schweizer Pflanzgut. Für diesen Preisunterschied müsse die Semag aufkommen, damit der höhere Preis nicht zulasten der Kartoffelproduzenten geht, erklärt Beat Schürch. Vermehrungspflanzgut ist kein Massenprodukt, die Qualitätsansprüche sind im Vergleich zu Gebrauchssaatgut viel höher. Dies hat auch im Ausland seinen Preis, bestätigt der Geschäftsführer der Semag, Adrian Krähenbühl.