Der Biodiversität wird auf dem Obstbaubetrieb Henauerhof seit jeher eine grosse Bedeutung zugemessen. In einer Mostäpfelanlage wächst zwischen den Baumreihen eine Gründüngung. Entlang einer anderen Tafelobstanlage steht eine 480 Meter lange Hecke, regelmässig sind Wildbienenkästen platziert. Das ist das, was dem Besucher direkt ins Auge sticht. 

Bodenleben mit Mikroben stärken

Henauers gehen aber noch weiter, sie praktizieren regenerative Landwirtschaft. Will heissen, sie verzichten auf Pestizide und Kunstdünger. Stattdessen setzen sie Effektive Mikroorganismen (EM), Fermente und Komposttee ein, um die Vitalisierung der Pflanzen und des Bodenlebens anzuregen.  «Es braucht Ausgleichsflächen, aber wir wollen auch produzieren können», hob Kurt Henauer an einem vom BBZ Arenenberg und dem Bio Obstbauring organisiertem Flurgang hervor.

Der Betrieb wird seit 2017 mit Sohn Roman als Generationengemeinschaft geführt. Kurts Bruder Ueli Henauer, pensionierter Obstbauberater, hilft ebenfalls in der Pflege der Obstkulturen mit. Diversität bedeutet für Henauers auch Sortenvielfalt und diese ist beeindruckend:

  • Tafeläpfel: 17 Sorten
  • Tafelbirnen: Vier Sorten
  • Mostäpfel: Zwei Sorten in der Anlage und acht Sorten auf den 140 Hochstämmern
  • Kirschen: Vier Sorten
  • Tafeltrauben: Fünf Sorten

Etwa die Hälfte des 24 ha umfassenden Betriebs unweit des Bodensees sind Obstanlagen. Auf 9,5 ha werden Ackerkulturen angebaut, hinzu kommt noch etwas Wiesland. Die Tierhaltung wurde 2012 aufgegeben. Seit 2019 ist der Betrieb Vollknospe-zertifiziert. Als Nebenerwerb wird eine Feldrandkompostierung mit Sammelgrüngut aus der Region betrieben.

Powerdünger aus Kompost für die Bäume

Als  Herausforderung bezeichnet Kurt Henauer die Düngung in den biologisch bewirtschafteten Obstkulturen. Sie stellen ihren eigenen «Powerkompost» her. «Wir wollen  die Nährstoffkreisläufe schliessen, indem wir auch voriges Gras aus den Hochstammwiesen und Kunstwiesen einsilieren oder kompostieren», erklärt Henauer.  Gras alleine könne wegen des geringen C/N-Verhältnisses nicht  kompostiert werden. «Daher geben wir Zuschlagstoffe wie holzigen Grüngutkompost bei.» Das C/N-Verhältnis beschreibt die Anteile von Kohlenstoff und Stickstoff  und ist ein Indikator der Stickstoffverfügbarkeit für Pflanzen und Mikroorganismen.

In Ertragsanlagen wird dem Powerkompost ein Anteil Hühnermist und in geringen Mengen Pflanzenkohle und Steinmehl beigemischt. «Eine weitere Verwendung des Grases zur Düngung haben wir mit einem Bokashi versucht», sagt Henauer. Dabei werden mittels Milchsäurebakterien die Vorräte haltbar gemacht, ähnlich wie bei der Silage. Das Material wird im Frühjahr zusammen mit humusbildenden Zugaben auf die Baumstreifen verteilt. «Das ist ein sehr gehaltvolles ‹Futter› für das Bodenleben. Dieses auszubringen ist jedoch technisch eine Herausforderung», bemerkt Henauer. Dank der auf dem Betrieb vorhandenen Kompostiermaschinen und einem Schmalspur Spezialstreuer ist das auf ihrem Betrieb aber machbar.

Komposttee selber zubereiten

Eine weitere wichtige Massnahme in der regenerativen Landwirtschaft ist die Vitalisierung der Pflanzen mit  Komposttee. Auf dem Henauerhof werden damit die Obstbäume gespritzt und zwar in einer drei- bis fünffachen Verdünnung. Der Tee wird in einem Braugerät zubereitet, das chlorfreies Wasser mittels einer Pumpe umwälzt. Die darin enthaltenen Mikroorganismen aus einer geringen Qualitätskompostmenge vermehren sich während 24 bis 36 Stunden bei 20 bis 25°C. Wenn sich der während des Brauprozesses gebildete Schaum zurückbaut, ist der Tee anwendungsbereit. Ausgebracht wird der Komposttee bis zum Zeitpunkt Junifall sowie nach der Ernte vor dem Blattfall.

 

Tipps zur Herstellung von Komposttee

Das Braugerät kann fertig gekauft oder selber gebaut werden (Anleitungen gibt es im Internet). Kurt Henauer hat folgende Tipps für die Herstellung von Komposttee:

Sauberes Arbeiten: Ansonsten vermehren sich die faulenden, schlechten Mikroorganismen. Wenn der Tee stinkt statt nach Walderde riecht, ins Gülleloch leeren.

Fütterung der Mikroben: Die Mikroben müssen während des Vermehrungsprozesses Futter zur Verfügung haben. Man kann dieses selber nach Rezept zusammensetzen oder eine angepasste Mischung bei einem Anbieter kaufen.

Ausbringen: Drei- bis fünffach verdünnt auf die Blätter. Nie auf Früchte oder Gemüse ausbringen.

Spritzendruck:  Nicht über 2,5 bar, da sonst die Mikroben zerplatzen.