Nicht nur für Meteorologen ist die Wetterlage momentan verzwickt. Einerseits zeichnen sich in den Wetterkarten kaum längere stabile Wetterlagen ab, anderseits bleiben Hitzestress und auch Trockenheit weiterhin vielerorts aktuelle Themen. Schuld an dieser verzwickten Situation ist der Südwestwind, der nun schon seit Anfang Juli ein treuer Begleiter im Schweizer Wettergeschehen ist.

Unbeliebte Winde

Südwestlagen können hartnäckig und mühsam sein. Sie entstehen häufig, wenn sich das Azorenhoch von seinem namensgebenden Sitz über den Azoren nach Nordwesten in den zentralen Atlantik hinausverlagert.

Als Folge dieser Verschiebung bildet sich über den Britischen Inseln eine Tiefdruckzone, die sich immer wieder mit kühlerer Luft aus dem Nordatlantik oder der Arktis regeneriert – und am Rande dieser Tiefdruckzone etabliert sich sehr gerne eine südwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa. Wirklich beliebt sind diese südwestlichen Höhenwinde eigentlich bei niemandem.

Sehr häufig führt der Südwestwind nämlich sehr warme oder eben heisse Luftmassen aus Spanien, Nordafrika oder dem Mittelmeerraum zu den Alpen. Aktuell leidet insbesondere der Mittelmeerraum unter diesen sehr heissen Luftmassen und erlebt eine markante Hitzewelle. Auch nördlich der Alpen macht sich die warme Luft in wiederholten Hitzewellen bemerkbar, aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit häufig mit schwül-warmen Verhältnissen.

Optimisten sehen in der hohen Luftfeuchtigkeit ein erhöhtes Potenzial für Regen und hoffen auf weniger Probleme mit der Trockenheit.

[IMG 2]

Keine Linderung

Tatsächlich führt die hohe Luftfeuchtigkeit dazu, dass sich vermehrt Quellwolken und daraus Regenschauer entwickeln können – in der Realität führt das jedoch nur zu punktuellen Niederschlägen und somit nicht zu einer flächigen Linderung der Trockenheit.

Abo GPS-gesteuerte Bewässerung Der «Raindancer» ist eine Revolution für die Feldbewässerung Friday, 7. July 2023 Da diese punktuellen und meist auch gewittrigen Niederschläge meist eine sehr hohe Intensität aufweisen, können die Regenmengen, die meist in nur sehr kurzer Zeit fallen, häufig vom Boden nicht aufgenommen werden, sondern fliessen einfach an der Oberfläche ab. Für flächige Niederschläge wären Frontensysteme nötig, die in ihrer ganzen Breite die Schweiz erfassen. Auch das ist ein Phänomen, das bei Südwestwind nur selten beobachtet werden kann.

Die Zugbahn von Frontensystemen verläuft meist entlang des Höhenwinds, das heisst, allfällige Fronten und Störungszonen laufen bei Südwestlagen in der Regel von Frankreich nach Nordosten weiter nach Deutschland und in Richtung Ostsee.

Wenig Abkühlung

Die Schweiz wird in diesen Fällen von den Störungen nur gestreift, ausgeprägtere Fronten werden westlich der Schweiz über den französischen Alpen auseinandergerissen und verlieren dadurch markant an Wetterwirksamkeit. Durch solche «zerrissenen» Störungszonen kann zwar die Luftmasse über der Schweiz ausgewechselt werden, sodass die Hitzewellen immer mal wieder durch Phasen mit kühlerer Atlantikluft abgelöst werden. Aufgrund der aktuell aussergewöhnlich hohen Meerestemperaturen im Atlantik sind diese Abkühlungen jedoch auch nur sehr verhalten.

Diese «kühlere» Luft erreicht die Schweiz meist nur in den untersten Schichten der Atmosphäre, wodurch diese Luftmassengrenzen nur wenig wetteraktiv sind und kaum flächigen Landregen bringen. Die Gewitterlinien, die sich im Vorfeld der Luftmassengrenzen in der heissen und feuchten Luft bilden können, sind dafür umso heftiger. Sie bringen jedoch ebenfalls lokal sehr unterschiedliche Niederschläge, von denen zudem ein grosser Teil direkt wieder abfliesst.

Keine Sicherheit

So verbleibt die Schweiz in dieser Südwestlage oft sprichwörtlich «zwischen Stuhl und Bank»: Es ist zwar heiss und häufig sonnig – klarer Hochdruckeinfluss, der für eindeutig trockenes Wetter sorgen würde, fehlt jedoch. Und genauso fehlen die eindeutigen Frontendurchgänge. Hingegen ziehen immer wieder heftige Gewitterlinien vorüber, die lokal unterschiedliche und oft schon fast zu intensive Niederschläge bringen.

Auch für das Erstellen von Wetterprognosen ist diese Wetterlage äusserst mühsam. Schon ein paar Kilometer Verschiebung in der Position der Höhenströmung können den Wettercharakter von «trocken und heiss» zu «bewölkt und gewittrig» kippen lassen. Und schon kleine Wellen in dieser Strömung können zu Gewitterlinien führen, die plötzlich sechs bis zwölf Stunden früher als erwartet eintreffen.

Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Grosswetterlage im Laufe des Sommers noch etwas umstellt. Dies dürfte aber anhand der aktuellen Modelllage frühestens im nächsten Monat ein realistisches Szenario werden.