«Holstein Switzerland gratuliert den fünf neuen Meisterzüchtern herzlich. Sie planten passende Anpaarungen und bevorzugten dabei herausragende Kuhfamilien und sind demnach ideale Botschafter für die Holsteinrasse.» Das teilte Holstein Switzerland Anfang Jahr mit. Unter den fünf Trägern dieses begehrten Titels, der dieses Jahr zum zwölften Mal verliehen wird, befindet sich auch Reto Büsser aus Niederwil im St. Galler Fürstenland. Geduld sei eine der Eigenschaften, die es gebraucht habe, um mit diesem Titel ausgezeichnet zu werden, sagt er. «Geduld. Und die Beharrlichkeit, eine gewählte Linie auch durchzuziehen und nicht sofort umzuschwenken, wenn es einmal nicht nach Wunsch läuft», fügt er an. Geduld brauche es auch mit den Kühen. Etwa in Phasen, in denen diese nicht so funktionieren, wie man sich dies idealerweise wünsche.

Langer Atem

Um als Holstein-Meisterzüchter ausgezeichnet zu werden, braucht es in der Tat Geduld und einen langen Atem. Der Titel wird an Züchter von Herden vergeben, die während einer langen Periode aussergewöhnliche Resultate vorwiesen. So wurden im Jahr 2021 fünf Züchter ausgezeichnet, die von Anfang 2002 bis Ende 2017 mindestens 80 weibliche Tiere aus eigener Zucht im Holstein-Herdebuch registrieren liessen. Die Tiere dieser Herden wurden nach dem Punktesystem von Holstein Switzerland für hohe Leistungen bei Produktion, Exterieur und guter Nutzungsdauer bewertet.

Der Titel «Meisterzüchter» wird jeweils an Herden verliehen, welche die höchsten durchschnittlichen Punktzahlen pro weibliches Tier erhalten. Der Titel stelle die Krönung einer ganzen Züchterkarriere dar, heisst es denn auch in der Mitteilung von Holstein Switzerland. Die Verleihung des Titels Holstein-Meisterzüchter hat Reto Büsser natürlich riesig gefreut, aber auch etwas überrascht. «So früh» hatte der 34-Jährige diese Auszeichnung für seine Herde mit dem Namen Edisons nicht erwartet.

2010 übernommen

Die Auszeichnung gilt allerdings nicht Reto Büsser allein. Sie gilt auch der Zuchtarbeit seines ­Vaters. Dieser hatte vor Jahren den Betrieb von «Braun» auf «Schwarz» umgestellt. Im Jahr 2010 dann hat der ausgebildete Meisterlandwirt Reto den elterlichen Betrieb übernommen.«Ich bin ein Fan dieser Rasse», sagt Büsser, der mit Holstein-Kühen aufgewachsen ist. Sie würden zwar nicht ganz ohne Kraftfutter auskommen. Sie erreichten aber eine hohe Milchleistung aus dem Grundfutter – und dies bei guten Eiweiss- und Fettgehalten. Heute sei es kein Thema mehr, dass er in einem klassischen Braunviehgebiet auf Holstein-Kühe setze, sagt Büsser. In der Region sei wohl schon bald die Hälfte der Kühe schwarz. «Aber 1979, als mein Vater umstellte, da war das schon etwas exotisch und hat zu reden gegeben.»

Der frühere Kranzschwinger Reto Büsser ist Vater von zwei Kleinkindern. Er bewirtschaftet den Hof zusammen mit seiner Frau Tanja. In Spitzenzeiten wirken Aushilfen mit. Im Laufstall stehen 40 Milchkühe, dazu kommen 35 Aufzuchttiere und eine Kälbermast mit 20 Tieren. Bei rund einem Viertel der Besamungen auf dem Betrieb Büsser handelt es sich um solche mit Fleischrassen.

Erbaut wurde der Stall vor 39 Jahren. Im Laufe der Zeit wurden Melkstand, Fressgitter und Liegeboxen erneuert und den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Büsser produziert silofrei und nach den IP-Suisse-Richtlinien. Die Milch geht an eine regionale Appenzeller-Käserei.

Keine Extreme als Ziel

Reto Büssers Zuchtziel besteht in einer problemlosen Herde, «die möglichst viel Milch aus dem Grundfutter produziert und auch wirtschaftlich funktioniert». Mit Holstein-Genetik lasse sich eine solche Strategie gut umsetzen, sagt er. Sie passe zudem auch gut zu seinem Betrieb, der sich in einer Übergangsregion zwischen Tal- und Berggebiet befindet. Büssers Ziel besteht denn auch nicht in Kühen mit einer extrem hohen Milchleistung. Die durchschnittliche Leistung pro Laktation beziffert er auf 10 000 bis 11 000 Kilogramm.

Für Büsser zählt, dass eine Kuh über eine längere Zeit eine konstante Leistung erzielt. Er ist denn auch stolz darauf, dass er in seinen elf Jahren als Betriebsleiter acht Kühe mit einer Gesamtmilchleistung von über 100 000 Kilogramm Milch in seinem Stall stehen hatte. «Dazu braucht es schon Tiere mit einem gewissen Alter und einer gewisse Konstanz», stellt Büsser in seiner eher nüchternen Art fest. Stolz ist er auch darauf, dass der Betrieb Büsser seit 38 Jahren keine Kuh dazugekauft hat. Die Auszeichnung Holsteinzüchter des Jahres ist sozusagen «auf dem eigenen Mist gewachsen».

Lob an KB-Organisationen

Das Ziel einer ausgeglichenen, problemlosen Herde steht bei Reto Büsser auch bei Anpaarungen im Vordergrund. Stiere mit einem extremen Minus meidet er. Solche Eigenschaften würden irgendwann einmal in nachfolgenden Generationen wieder durchschlagen, sagt er. Was die Zuchtarbeit betrifft, stellt Büsser den KB-Organisationen, aber auch der Genossenschaft Holstein ein gutes Zeugnis aus. Holsteinkühe würden auf der ganzen Welt gezüchtet. Die Auswahl an Stieren sei riesig. Da finde sich für jede Kuh einen passenden Stier.

Und seit die KB-Organisationen die genomisch geprüften Optimis-Stiere im Angebot hätten, sei die Auswahl an Stieren noch grösser, konstatiert Büsser, auf dessen Prioritätenliste die Teilnahme an Schauen nicht zuoberst steht. Tiere, die an Schauen brillieren, entsprechen ja auch nicht unbedingt dem Zuchtziel einer ausgeglichenen und langlebigen Kuh. «Es ist aber auch eine Zeitfrage», stellt er fest. Es sei schwierig, alles unter einen Hut zu bringen: den Betrieb, die noch junge Familie und die Hobbys. Zu diesen zählt nach wie vor das Schwingen. Lange war Büsser Jungschwingleiter des Schwingclubs Uzwil. Seit drei Jahren ist er Präsident dieses Clubs. 

 

Betriebsspiegel

Betriebsleiter: Reto Büsser

Ort: Niederwil SG

Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar plus Hilfskräfte zu Spitzenzeiten

Nutzfläche: Insgesamt 39 Hektaren (übewiegend Grünland), Davon 5 Hektaren Wald, 1 Hektare Mais.

Tierbestand: 40 Milchkühe, 35 Aufzuchttiere, Kälbermast mit 20 Tieren. Dazu hobbymässige Haltung von Kleintieren wie Kaninchen, Hühner und Minipigs.Haupterwerb Silofreie Milchproduktion für eine Appenzeller- Käserei

Nebenerwerb: 230 Hochstammobstbäume