Der Labelmarkt erlitt 2019 einige Rückschläge. Schon längere Zeit besteht für neue IP-Suisse-Bankvieh-Lieferanten eine Warteliste. Seit Anfang 2019 gibt es für die IP-Kälber keine RAUS-Prämie von 60 Rappen mehr und für die Ernte 2020 wurde den IP-Bauern die Anbaufläche für IP-Weizen um 30 Prozent gekürzt.  Die BauernZeitung stellte dem IP-Suisse-Geschäftsführer Fritz Rothen zur Marktsituation ein paar Fragen.

Kaufen Sie auch hie und da selber Lebensmittel ein? Und wundern Sie sich dann auch über die Vielfalt von Marken und Label?

Fritz Rothen: Ich kaufe ziemlich regelmässig Nahrungsmittel ein. Marken und Label stören mich eigentlich wenig, ich liebe die Vielfältigkeit und die gute Qualität. Natürlich kaufe ich – wenn immer möglich – IP-Suisse-Produkte oder mindestens Schweizer Produkte von guter Qualität ein. Der Preis als solches interessiert mich nicht.

Auf www.labelinfos.ch werden 73 Labels allein bei den Lebensmitteln bewertet. Haben Sie nicht auch den Eindruck, dass die Konsumentin, der Konsument mit einer solchen Vielfalt überfordert ist?

Interessierte Konsumenten sind davon nicht überfordert, denn sie wissen, welche Labels und Marken eine Leistung erbringen. Bei Kleidern, Autos und so weiter  haben wir auch zahlreiche Marken und hier stört sich kein Mensch an der Vielfalt.

Führt das riesige Label- und Markenangebot nicht zu einer Kannibalisierung unter den Marken und Labels?

Schlechte Marken und Labels verschwinden und ebenfalls solche, die sich nicht stetig weiterentwickeln. Ich stelle fest, dass Konkurrenz die Qualität erhöht und die Kreativität fördert.

 

Zur Person

Fritz Rothen ist Mitgründer von IP-Suisse. 1989 gründete er mit 200 Landwirten die IP-Suisse sozusagen aus dem Nichts. Heute erwirtschaftet IP-Suisse mit den zugehörigen Firmen einen jährlichen Umsatz von  rund 300 Millionen Franken. IP-Suisse ist einer der Pioniere für eine umwelt- und tiergerechte Produktion. Für alle Produkte, welche unter dem IP-Suisse-Label vermarktet werden, erhalten die rund 10 00 IP-Suisse-Lieferanten eine Prämie.  IP-Suisse ist neben dem Bio-Knospen-Label das bekannteste Label im Nahrungsmittelmarkt. Fritz Rothen wurde im vergangenen Sommer für seinen 30-jährigen Einsatz bei IP-Suisse geehrt.

 

Wie lief der IP-Suisse-Labelmarkt generell im Jahr 2019?

Grundsätzlich zufriedenstellend! In einzelnen Bereichen konnten wir beim Absatz zulegen,   in den übrigen Bereichen konnten wir die Menge halten beziehungsweise stagnierte der Absatz. Wir hoffen aber, dass wir in Zukunft noch mehr zulegen können. Die aktuellen Gespräche mit bestehenden Kunden aber auch mit neuen  Abnehmern stimmen uns positiv.

Die IP-Suisse-RAUS-Prämie von 60 Rappen je Kilo SG bei den Mastkälbern lief Ende 2018 aus. Das sorgte vor einem Jahr für Unruhe unter Kälbermäster. Haben sich die Gemüter seither beruhigt?

Diese begrenzte und immer auch so kommunizierte RAUS- Prämie konnte Dank der Initiative der Migros realisiert und mehrere Jahre ausbezahlt  werden. Wie der Name sagt, diente sie dazu, Ausläufe für Mastkälber zu bauen. Die Gemüter der Kälbermäster haben sich gemäss unserer Erfahrung in der Zwischenzeit beruhigt. Leider sinkt der Absatz von Kalbfleisch, insbesondere auch der von Labelkalbfleisch weiter und das spüren auch wir.

Der IP-Suisse-Basispreis für Mastkälber liegt aktuell beim Proviande-Preis, im Frühjahr lag er zeitweise bis zu 40 Rappen. je kg Schlachtgewicht tiefer. Verstehen Sie die Mäster, die sich über diese Praxis ärgern?

Ich kann ihren Ärger gut verstehen. Unser Basispreis wird seit jeher von unserem grössten Abnehmer, der Micarna,  festgelegt und das ist der Micarna
QM-Preis.  Die IP-Suisse legt einzig und allein die IP-Prämie fest! In gewissen Zeiten, und das ist jetzt im Dezember auch der Fall, entspricht der Micarna QM-Preis dem Proviande-Wochenpreis. Er kann aber auch höher oder tiefer ausfallen. Im Durchschnitt der Jahre liegt der Basispreis aber auf der gleichen Höhe wie der Proviande-Wochenpreises.

Das Kälberprogramm von Coop Naturafarm wurde auf Anfang 2019 halbiert und wird auf Ende 2020 eingestellt. Droht der IP-Suisse-Kälbermast dasselbe Schicksal?

Bekanntlich bezieht Coop neu die Kälber aus der Mutterkuhhaltung. Wir sind jedoch überzeugt, dass die bäuerliche Kälbermast, welche  auf Vollmilch basiert, auch weiterhin eine Zukunft hat. Wir hoffen, dass jetzt die Talsohle beim Verbrauch erreicht ist und dass wir gemeinsam den Kalbfleisch-Absatz mindestens auf der bisherigen Höhe  halten können.

Seit geraumer Zeit nimmt die IP-Suisse keine Grossviehmäster mehr für das Programm IP-Suisse Bankvieh auf. Eine Warteliste existiert. Wann werden die Wartenden ins Programm aufgenommen?

Dies wird der Fall sein, sobald am Markt mehr IP-Suisse-Tiere abgesetzt werden können oder bestehende produzierende Betriebe mit der Produktion zurückfahren. Es gibt aber auch Alternativen für Grossviehmäster. Stark zulegen konnten wir beim Swiss Black Angus mit rund
300 neuen Betrieben.

Wie läuft der Markt bei den IP-Suisse Schweinen? Bleibt es auch im Jahr 2020 bei einer halben Million Tiere?

2020 werden wir gleichviele Mastschweine wie 2019 produzieren. Einerseits nimmt der Konsum von Schweinefleisch auch im Labelmarkt ab, anderseits konnten wir bei einzelnen Abnehmer den Absatz leicht
steigern.

Die IP-Suisse-Ackerbauern wurden aufgefordert, für die Ernte 2020 den IP-Suisse-Weizenanbau um 30 Prozent zu kürzen. Wie wurde das aufgenommen? Wann wird die Kürzung rückgängig gemacht?

IP-Suisse verfolgt seit ein paar Jahren eine Strategie zur Sicherung der Angebots, um bei wetterbedingten Ausfällen eine
gewisse Menge von IP-Suisse-Brotweizen an Lager zu haben. In den letzten drei Jahren konnten unsere Weizen-Produzenten dank gutem Wetter grosse Mengen IP-Suisse-Weizen ernten. Unsere Silos sind jetzt mit qualitativ guter Ware gefüllt. Zusammen mit unseren Produzenten haben wir beschlossen, dass jeder IP-Suisse-Ackerbauer seine im 2019 angebaute Fläche um 30 Prozent für die Ernte 2020 reduziert. Mit dieser Aktion werden wir unsere Lager wieder ins Gleichgewicht bringen und so die Kosten senken können. Ab 2021 wird diese Reduktion wieder aufgehoben. Jeder Produzent  bestimmt ab 2021 selber, wie viel Weizen er auf seinen Flächen anbauen will.

Wie sind die Aussichten auf dem Milchmarkt für IP-Suisse-Milchlieferanten?

Hier sind die Aussichten sehr gut und wir werden zu gegebener Zeit darüber informieren.

Interview (schriftlich) Hans Rüssli.