Die Tatsachen sind bekannt. Im Durchschnitt ist der CO2-Ausstoss jedes Einwohners in der Schweiz dreimal so gross wie das, was für den Planeten erträglich ist. In diesem Zusammenhang kommen Begriffe wie Klimaneutralität und Klimakompensation aufs Tapet. Entschädigung, Gegenleistung oder Wiedergutmachung könnte sich das Ganze auch nennen. Lukas Kilcher, Leiter Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach, spricht mit der BauernZeitung mit einem Schmunzeln gar von «Reinwaschen der Klimasünden».

 

Projektablauf

Die Anmeldung der Flächen geschieht heuer. Details sind der Webseite www.ebenrain.ch zu entnehmen. Der Ebenrain muss noch heuer das Ressourcenprojekt beim Bund neu einreichen, das BLW hat noch keine Unterstützung gesprochen. Im Herbst 2020 werden erste Bodenprobenentnahme stattfinden und im Januar 2021 startet die Umsetzung der Massnahmen auf Landwirtschaftsbetrieben und die Finanzierung der Kompensationsmass­nahmen auf den Betrieben durch die BLKB. Am 18. Februar wird am Ebenrain eine Klimatagung für ein breites Publikum statt. Dort wird auch zum Projekt informiert.​

 

International gebe es da sehr schöne Zertifikate, aus unzähligen Projekten, erklärt er, zweifelt aber zumindest teilweise an deren Effizienz. «Eine neue Busflotte irgendwo auf dieser Welt wird wohl kaum das Weltklima verbessern», so Kilcher. Ein passender Lösungsansatz im Kontext der Regionalität scheint also überfällig. Kilcher und seinen Mitarbeitenden ist mit einem Pilotprojekt genau hier wohl ein Volltreffer gelungen. Das Klima schützen und gleichzeitig mit Humusaufbau Landwirtschaftsböden stärken, ist der Inhalt dieses Projekts. Und das alles vor der Haustüre. Im vergangenen Sommer hat Kilcher zum ersten Mal am Fernsehen darüber gesprochen. Und das wurde gesehen. Kurz nach Ausstrahlung im regionalen Sender hat die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) bei Kilcher Interesse am Projekt angemeldet.

Es wird mediterran

Lukas Kilcher beschäftigt die Thematik schon länger. Seit zwei Jahren sei man am Ebenrain nun aber konkret damit beschäftigt. «Die Verletzlichkeit unserer Region ist grösser als andernorts», sagt der Leiter des Ebenrain. Der Klimawandel werde in vielen Gebieten der Schweiz künftig für ein mediterranes Klima sorgen, was von ausgedehnten Trockenzeiten im Sommerhalbjahr begleitet sein dürfte. «Die Speicherfähigkeit unserer Böden braucht mehr Beachtung», weiss der Agraringenieur. Lösungen aus der Technik seien einige bekannt, aber eine technische Lösung sei immer auch eine teure Lösung, gibt Kilcher zu bedenken.

Viele positive Effekte

Gefragt sind Lösungen, die von einer breiten Masse der Bauern betriebsindividuell umsetzbar sind. Das Rezept heisst Biomassenproduktion. Durch sie kann der Humusgehalt im Boden gesteigert werden, was wiederum einige positive Folgen hat: Die Bodenfruchtbarkeit wird erhöht, die Böden werden resilient gegen den Klimawandel (Trockenheit) gemacht und sie sind in der Lage, durch den gesteigerten Humusgehalt, zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre zu fixieren. Und genau dieser Punkt ist denn auch relevant für das Interesse der Bank am Projekt. So sollen die BLKB-Klimagase, nämlich rund 1000 Tonnen CO2 pro Jahr, auf den Äckern der Baselbieter Bauern kompensiert werden.

 

Das bezahlt die Bank

Die Fachleute des Ebenrain und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) schätzen, dass pro ha und Jahr eine Tonne CO2 auf Baselbieter Ackerböden fixiert werden kann, also braucht es für die 1000 Tonnen CO2 der BLKB 1000 ha Ackerland. Die Bank entschädigt die Kompensationsleistung mit 100 Franken pro Tonne CO2 und Jahr.

Die BLKB bietet aber weitere Unterstützung, wie Lukas Kilcher erklärt: «Zur Kompensationszahlung kommen noch Leistungen im Wert von rund 80 Franken pro ha und Jahr hinzu. Denn die BLKB übernimmt auch die Kosten der ersten beiden Bodenanalysen.»

 

«100 Franken pro Tonnen CO2 (und somit pro ha und Jahr) sind im internationalen Vergleich grosszügig, aus der Sicht eines Schweizer Landwirtschaftsbetriebs werden finanzielle Gründe alleine jedoch kaum ausschlaggebend sein zum Mitmachen», rechnet Lukas Kilcher. Der Nutzen für die Bauern liege aber bei weitem nicht nur in Frankenbeträgen. Die teilnehmenden Bauern profitieren von einer besseren Speicherfähigkeit ihrer Böden für Wasser und Nährstoffe, was in Trockenphasen Erträge sichere und damit viel Wert sei. Lukas Kilcher rechnet auch mit Wertschätzung aus der ­Gesellschaft: «Der Beitrag der Landwirtschaft zur Lösung des Klimaproblems wird ihr hoch angerechnet.»

 

Teilnahme-Bedingungen für Betriebe

Betriebe, die folgende Bedingungen erfüllen, können sich am Projekt beteiligen. Gesucht werden 1000 ha Acker- und Spezialkulturfläche.

  • Teilnehmen können direktzahlungsberechtigte Betriebe im Kanton BL und BS.
  • Die Teilnahme erfolgt mit der gesamten Fruchtfolgefläche, also offene Ackerfläche und Kunstwiese (ab 3 ha) und/oder einzelnen Dauerkulturen wie Obst-, Wein-, und Gemüsebau (ab 1 ha).
  • Betriebe müssen bereit sein, humusfördernde Massnahmen für mindestens sechs Jahre umzusetzen.
  • Jeder Betrieb entscheidet über sein Massnahmenpaket, er wird dabei vom Ebenrain beraten.
  • Die Massnahmen sollen in betrieblicher und regionaler Kreislaufwirtschaft erfolgen, gemäss ortsüblicher Bewirtschaftung (15-km-Radius). Kein «Komposttourismus», dieser würde das Bild verfälschen.

Jeder Betrieb erhält mit der Projektteilnahme im ersten Jahr einen Beteiligungsbeitrag von 200 Franken pro ha. Das entspricht einem Drittel des mutmasslichen Gesamtbeitrags über sechs Jahre. Die weitere Entschädigung ist wirkungsorientiert und nicht an Massnahmen gebunden. Auf Basis wissenschaftlich begleiteter Bodenanalysen im dritten und im sechsten Jahr erfolgen Zahlungen aufgrund der tatsächlichen Humussteigerung. pd