Bettina möchte den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb käuflich erwerben und weiter bewirtschaften. Das landwirtschaftliche Gewerbe verfügt über 18 ha Eigenland und 15 ha Pachtland. Ist es selbstverständlich, dass Bettina das Pachtland ebenfalls weiter bewirtschaften kann?

Die Übernahme von Zupachtland bei der Betriebsübergabe ist im Landwirtschaftlichen Pachtgesetz (LPG) durch Art. 19 geregelt. Es ist nicht selbstverständlich, dass Bettina als Hofübernehmerin automatisch das Zupachtland weiter bewirtschaften kann. Jedoch ist der gesetzgeberische Wille klar vorhanden, dass bei der Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes die zugepachteten Parzellen auf den neuen Bewirtschafter übergehen.

Schriftliche Erklärung nötig

Bei der Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes, das noch Zupachtland hat, kann/soll der Übernehmer des Gewerbes dem Verpächter des Pachtlandes schriftlich erklären, dass er dieses Land pachtweise weiterbewirtschaften möchte. Diese Erklärung geschieht am besten vor der Hofübergabe, ist danach aber auch noch gültig. Lehnt der Verpächter nicht innert drei Monaten seit Empfang der Erklärung den Übernehmer als neuen Pächter ab, oder verlangt er innert derselben Frist nicht den Abschluss eines neuen Pachtvertrages mit dem Übernehmer, so tritt der Hofübernehmer in den laufenden Pachtvertrag ein. Dies bedeutet auch, dass er in die laufende Pachtdauer eintritt, mit welcher nach sechs Pachtjahren und der Erfüllung der weiteren Anforderungen (Gewerbegrenze, ortsüblicher Bewirtschaftungsradius, kein übersetzter Preis) auch das Pächter-Vorkaufsrecht verbunden ist.

Die Erklärung des neuen Pächters muss schriftlich erfolgen und ist mit einer rechtsgültigen Unterschrift zu versehen. Eine E-Mail-Anfrage oder eine mündliche Erklärung genügen im Streit-fall nicht.

Neuer Pachtvertrag möglich

Der Verpächter hat die Option, den bestehenden Pachtvertrag nicht weiterzuführen, sondern einen neuen Pachtvertrag mit dem Hofübernehmer abzuschliessen. Ein mögliches Pächter-Vorkaufsrecht besteht dabei erst wieder nach dem Ablauf der ersten Pachtperiode mit dem neuen Pächter. Die vorstehend erwähnte Regelung des Pachtgesetzes ist immer dann gültig, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe vorliegt. Dies istder Fall, wenn der Betriebinkl. Pachtflächen mindestens 1.0 SAK aufweist. Hier sind die kantonalen Unterschiede zu beachten: Beispielsweise liegt die Gewerbegrenze im Talgebiet Kanton Bern bei 0.85 SAK, resp. bei 0.6 SAK im Hügel- und Berggebiet.

Falls die Gewerbegrenze des Betriebes nicht erreicht wird, kommt Art. 19 nicht zur Anwendung. Der Betriebsnachfolger muss in jedem Fall mit dem Verpächter einen neuen Vertrag abschliessen, bzw. es entsteht ein neuer Vertrag, wenn die Bewirtschaftung ohne Widerspruch des Verpächters weitergeführt wird. Bei der Übergabe der Bewirtschaftung eines Gewerbes an die Ehefrau, aufgrund der Tatsache, dass diese Direktzahlungen beziehen kann, handelt es sich ebenfalls um eine Übergabe gemäss Art. 19. Somit ist auch in diesem Fall die schriftliche Erklärung der neuen Bewirtschafterin nötig. Nicht um eine Betriebsübergabe handelt es sich dann, wenn eine Generationengemeinschaft oder eine Betriebszweiggemeinschaft gegründet wird. Der Pachtvertrag mit dem bisherigen Pächter bleibt dann bestehen.

Vorzeitige Pacht-Kündigung

Falls der Verpächter nicht mit der Weiterführung des bestehenden Pachtvertrages mit dem neuen Bewirtschafter einverstanden ist und er ihm auch keinen neuen Pachtvertrag unterbreitet, so bleibt der bestehende Pachtvertrag mit dem Hofabtreter im Grundsatz in Kraft. Falls dieser jedoch die Bewirtschaftung des Landes nicht mehr selbst vornimmt, verstösst er gegen die Bewirtschaftungspflicht. Der Verpächter kann darauf (nach schriftlicher Mahnung) vorzeitig künden. Es kann auch der Hofabtreter diesen bestehenden Vertrag vorzeitig künden, denn mit der Abtretung seines Gewerbes liegt ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Kündigung vor – dies ohne Kostenfolge für den Pächter, da ein neuer Pächter zur Verfügung gestanden hätte. Der abtretende Landwirt kann das Land auch nicht in Unterpacht dem neuen Hofbewirtschafter weitergeben, da für eine Unterpacht immer das Einverständnis des Verpächters nötig ist.

Erfolgt durch den neuen Bewirtschafter keine schriftliche Erklärung an den Verpächter, erfährt der Verpächter spätestens beim Bezahlen des Pachtzinses durch den neuen Bewirtschafter davon. Sobald er den Pachtzins erhalten hat, kann er den neuen Bewirtschafter ablehnen und notfalls auch vom Pachtland gerichtlich ausweisen lassen. Es ist dann nie ein Pachtvertrag mit dem neuen Bewirtschafter entstanden. Akzeptiert der Verpächter die Pachtzinszahlung, nachdem er diese eindeutig als von einem neuen Pächter als Bewirtschafter identifizieren konnte, entsteht dadurch ein neuer mündlicher Pachtvertrag. Problematisch bei mündlichen Verträgen sind die fehlenden Angaben wie Pachtbeginn und Beschreibung des Pachtobjekts, was zu einem späteren Zeitpunkt Pachtstreitigkeiten begünstigt.

Vier mögliche Vorgehensweisen mit Zupachtland bei der Hofübergabe mit den entsprechenden Auswirkungen.

Handlung neuer Pächter

Reaktion Verpächter

Was geschieht?

Auswirkungen

Schriftliche Erklärung

Akzeptiert

Eintreten in bestehenden Vertrag

Fortführung inkl. möglichem Vorkaufsrecht

Schriftliche Erklärung

Lehnt ab

Verpächter unterbreitet neuen Vertrag

Neue Pachtdauer, kein Vorkaufsrecht für 6 Jahre

Schriftliche Erklärung

Lehnt ab

Verpächter unterbreitet keinen neuen Vertrag

Neuer Pächter bekommt keinen Vertrag. Bisheriger Pächter verletzt Bewirtschaftungspflicht.

Keine schriftliche Erklärung

Erfährt erst durch Zinszahlung vom neuen Bewirtschafter

Keine Reaktion: akzeptiert Zinszahlung

Neuer Vertrag mit neuer Pachtdauer entsteht

Lehnt Zinszahlung ab

Neuer Pächter wird abgelehnt, kein Vertrag

Quelle: Agriexpert