Streng genommen sind Timo und ich eigentlich bereits seit Anfang Mai dieses Jahres verheiratet. Das offizielle Jawort haben wir uns am ersten warmen Frühlingstag im Melkhus in Seeverns, einer kleinen Ortschaft der Gemeinde Butjadingen, im familiären Rahmen gegeben und darauf mit Buttermilch angestossen.[IMG 6]

Kanufahren an der Mosel

Die tatsächliche Feier fand dann Anfang August statt. Zuvor aber entführten uns die Junggesellinnen und Junggesellen zu unseren jeweiligen Abschiedsfeiern. Für mich ging es ein Wochenende an die Mosel zum Kanufahren. Aus Sicht der Fahrdistanz liegt die Mosel ungefähr in der Hälfte zwischen der nördlichen deutsch-schweizerischen Grenze und der Nordseeküste Niedersachsens.

Es bot sich daher als Kompromiss an für meine Freundinnen aus der Schweiz und aus Norddeutschland, sich in der Mitte zu treffen. Timo verbrachte seinen Junggesellenabschied mit Lasertag, Kartfahren und dem Besuch eines Tractor-Pulling-Events.

Bunt gemacht und gepoltert

Am Mittwoch vor der Hochzeit findet traditionell der Polterabend statt. Der ganze Hof wird herausgeputzt. Türen werden frisch gestrichen, der Getränkeausschankwagen aufgebaut und die Tanzfläche, in unserem speziellen Fall eine Mistplatte, eingerichtet. Noch vor dem Festbeginn trafen die Nachbarn ein, um die Hofeinfahrt und die Tür des Brautpaares mit kunstvoll gebundenen Buchsbaumgirlanden zu schmücken.

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Kurze Schnäpse

Für ihre Arbeit wurden die Nachbarn mit «Kurzen» (Schnäpse) belohnt. Nach und nach trafen die über 200 Vereins- und Arbeitskollegen, Bekannte und Freunde ein. Wer mochte, brachte altes Porzellan mit und zerschlug es auf dem Boden.

Nun hatte das Brautpaar die Aufgabe, die vielen glücksbringenden Scherben auf einen Haufen zu fegen. So was ist leichter gesagt als getan, denn die Besen sind häufig nicht mehr die besten. Um das Fegen hinauszuzögern, sind sie zudem oft etwas manipuliert.

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Mit dem Ehrentanz eröffnete das Brautpaar die Tanzfläche. Um Mitternacht folgte dann der nächste Programmpunkt: das Hosen- und BH-Verbrennen. Die Junggesellinnen entledigten den Bräutigam seiner Hose, und die Junggesellen durften bei der Braut an den BH.

Hose und BH wurden angezündet und in einem Loch zusammen mit ein paar Schnapsflaschen nach einer nicht ganz ernst gemeinten Trauerrede am «Grab» beerdigt.

Grab wird ausgehoben

Das «Grab» wird zum ersten Hochzeitstag ausgehoben, und es wird mit dem vergrabenen Alkohol gefeiert. Bei der Hochzeit wurde bis zum Sonnenaufgang gefeiert und getanzt.

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Samstags wird geheiratet

In die eigentliche Hochzeitsfeier sind wir dann im kleinen Nachbarortsteil Langwarden, am nördlichen Punkt der grünen Halbinsel Butjadingen, mit einer kirchlichen Trauung gestartet.

Unsere Nachbarn hatten die historische Kirche mit Sonnenblumen wunderschön geschmückt. Drei Mädchen aus unserem Freundeskreis streuten Blumen, und die vierköpfige Band, die ihre Instrumente extra aus der Schweiz mitgebracht hatte, begleitete die Trauung musikalisch. Nach der Trauung wurde gratuliert und eine «Stallpause» eingelegt, damit die Tiere gemolken und versorgt werden konnten.

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Die Gäste ohne tierische Verpflichtungen verbrachten mit uns den Nachmittag bei Kaffee und Kuchen mit Blick auf die Nordsee. Zur Hochzeitsfeier trafen die geladenen, feierlich gekleideten Gäste bei der Gaststätte direkt an der Weser-Nordseemündung ein.

Anschliessend an das hochzeitliche Grillbuffet folgten viele Beiträge wie ein heimlich geprobter Linedance- Flashmob, die auf Timo und mich angepasste Version vom «Buurebüebli», der Ehrentanz unter der «Hochzeitskrone», das traditionelle Brautstrauss-, Strumpfband-Werfen und vieles mehr. Ein gelungenes Fest, wie wir finden. Und die Ereignisse in Norddeutschland reissen nicht ab, denn für Mitte Oktober hat sich Nachwuchs angekündigt.

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Zur Person
Sandra Hussmann (28) hat an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agronomie studiert und ist andie deutsche Nordseeküste ausgewandert.Dort wohnt und arbeitetsie mit ihrem Mann auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Henrik und Rita Wefer. Zum Betrieb gehören 90 ha Grünland und 25 ha Ackerland. Der Tierbestand umfasst 130 Holstein-Milchkühe und eine ebenso zahlreiche weibliche Nachzucht. Ausserdem arbeitet sie als Beraterin teilzeitlich bei landwirtschaftlichen Innovationsprojekten mit.